Magic Mike

Auf den ersten Blick ist Mike (Channing Tatum) ein toller Kerl: Schöne Frauen liegen ihm zu Füßen, er fährt ein schickes Auto und kommt mühelos in jeden Club. Es ist daher wenig verwunderlich, dass ihn der 19-jährige Adam (Alex Pettyfer) bewundert. Schließlich hat dieser infolge einer Prügelei mit seinem Trainer gerade sein College-Football-Stipendium verloren. Erstaunt nimmt er zur Kenntnis, dass Mike sein Geld als Stripper in dem Club Xquisite von dem gerissenen Dallas (Matthew McConaughy) verdient. Als einer der Tänzer ausfällt, springt Adam ein und ist zunehmend fasziniert von dieser Welt. Dagegen erkennt Mike, dass dieses Leben ihn seinem Traum von einer eigenen Möbeldesign-Firma nicht näher bringen wird.

In der Rolle des charmanten, erfolgreichen und zunehmend zweifelnden Strippers erweist sich Channing Tatum als idealer Hauptdarsteller: Als magischer Mike begeistert der frisch ernannte „Sexiest Man of the World“ mit seinem ansehnlichen Körper inkl. Traumhintern und seinem Tanzstil sein weibliches Publikum. Seine 8-monatigen Striperfahrungen als 18-19 Jähriger kommen Channing Tatum hier sicherlich Zugute. Aber auch die übrige Besetzung passt sehr gut – allen voran ist Matthew McConaughey mit überzogener Schmierigkeit und Selbstverliebtheit äußerst sehenswert.

Insbesondere in der ersten Hälfte ist „Magic Mike“ daher ein Film, der sehr viel Spaß macht. In Mikes Welt geht es nur um das Hier und Jetzt. Seine Kollegen und er verdienen im Moment gutes Geld und genießen ihr Leben. Ausführlich zeigt Steven Soderbergh die Abläufe bei den Strips, beobachtet die Vorbereitungen der Stripper hinter der Bühne, beim Auftragen der Bräunungscreme, Aufpumpen der Muskeln und der primären Geschlechtsorgane und bei der Wahl der Tangas. Die Dialoge wirken zudem fast improvisiert, wodurch der Eindruck von Athentizität noch verstärkt wird. Auch die ersten Geh-Versuche von Adam – nur „The Kid“ genannt – sind herrlich amüsant. Dabei setzt Soderbergh die Körper der Stripper hervorragend in Szene und fokussiert die Bewegungen. Konsequent werden hier die Männer als Objekte gezeigt, sie sind diejenigen, die angeschaut werden, während Frauen die Schauenden sind. Damit werden die vorherrschenden Geschlechterrollen im amerikanischen Kino verkehrt, ohne sie komplett zu übertragen.

Wo Soderbergh uns in der ersten Hälfte des Films noch in die glänzenden Clubs einlädt, die Stripper in ihrem freizügigen Element zeigt und auch eine gewisse Unterhaltung erzeugen kann, verliert sich der zweite Teil des Films in gewohnten Mustern. Der Erfolg hat auch seine Schattenseiten, der Newcomer bekommt es mit den Drogen zu tun und der eigentliche Star der Show möchte kein Stripper mehr sein und seinen wahren Wünschen und Sehnsüchten folgen, doch das ist gar nicht so einfach, denn der Job lässt einen einfach nicht los und irgendwie muss man ja Geld verdienen. „Magic Mike“ erzählt uns altbekannte Dinge und dreht sich durchgehend um Anerkennung, Respekt, der Verwirklichung seiner Träume und der Liebe. Soderbergh kann sich allerdings auf keiner seiner angeschnittenen Ebenen verdeutlichen und dem Zuschauer ein klares Ziel vor Augen führen. Für eine Komödie ist „Magic Mike“ einfach nicht lustig und unterhaltsam genug, für ein Drama fehlt der Tiefgang, denn hier wird keiner der Charaktere wirklich tiefgründig vorgestellt und für eine Milieustudie, die auch mal hinter die Kulissen blickt, ist der Film einfach viel zu oberflächlich. „Magic Mike“ ist nichts Halbes und nichts Ganzes, auch wenn über eine gewisse Zeit unterhalten kann und sicher niemandem weh tut, ist er doch zu belanglos und nichtssagend, als wirklich ein interessanter und fesselnder Stripperfilm zu sein. Wenngleich es wohltuend ist, dass dieser Film weder einen moralischen Gestus noch eine eindeutige „Strippen-ist-falsch“-Botschaft hat, erweist sich der dünne Plot des Drehbuchs von Reid Carolin zunehmend als Schwachpunkt. „Magic Mike“ ist letztlich wie ein guter Strip: Schön anzusehen, verführerisch und unterhaltsam – bei genauerem Hinsehen entpuppt er sich jedoch als lediglich kurzweiliges Vergnügen, dabei wäre eigentlich noch viel mehr drin gewesen.


USA – 2012 – 1 Std. 50 Min.
Regie: Steven Soderbergh
mit Channing Tatum, Alex Pettyfer und Olivia Munn
Genre: Komödie

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