Moonrise Kingdom

1965, auf einer kleinen Insel irgendwo vor der Küste Neuenglands: Der Oberpfadfinder Ward (Edward Norton) hat soeben seinen Rundgang durch das Camp hinter sich gebracht und sitzt nun mit seinen Schützlingen am Frühstückstisch. Doch da merkt er, dass einer fehlt. Der nicht gerade beliebte Sam (Jared Gilman) ist durch ein Loch in seinem Zelt abgehauen. Er hat für seine Flucht aus dem Camp einiges an Material mitgenommen, unter anderem ein Gewehr und ein Kanu. Sofort wird Captain Sharp (Bruce Willis) informiert, der daraufhin allen Familien auf der Insel einen Besuch abstattet, um sich nach Sam zu erkundigen.

Auch in Wes Andersons neustem Streich „Moonrise Kingdom“ dreht sich wieder vieles um dysfunktionale und schräge Familien. Da Anderson sich in Hollywood mit seinen eigenwilligen Filmen einen guten Ruf erarbeitet hat, standen natürlich die Stars wieder einmal Schlange: Bruce Willis, Frances McDormand, Edward Norton, Bill Murray und Tilda Swinton. Doch trotz dieses Staraufgebots sind es hier die Kinder, die den Ton angeben. Sie sind es, allen voran die Hauptdarsteller Jared Gilman und Kara Hayward, die in Verbindung mit der tollen Ausstattung diese Ode an die erste große Liebe so wunderbar und zauberhaft machen.

Angesiedelt ist die Geschichte mitten in den Sechzigerjahren. Anderson, der Perfektionist, liess es sich da nicht nehmen, den ganzen Film auf 16-mm zu drehen, um ihm noch eine zusätzliche, körnige Note zu verleihen. Würden nicht Willis und Co. zwischendurch durchs Bild laufen, könnte man meinen, es handle sich um eine über 40 Jahre alte Produktion. Auch die putzig gemachten Sets mit all ihrer Liebe zum Detail zaubern den Nostalgikern ein Lächeln aufs Gesicht. Es gibt dabei immer mal wieder was Witziges im Hintergrund zu entdecken. Da die Kamera des Öfteren wie auf einem kleinen Minizug hin und her gefahren wird, muss man aber aufpassen, nicht einen der versteckten Gags zu verpassen.

Die Geschichte ist derweil klassisch gehalten. Junge trifft Mädchen, die beiden verstehen sich sofort super und büchsen dann zusammen aus. Mit ihrer Art sind die Kinder übrigens weit weniger kindisch als die Erwachsenen, die ihnen hinterherhetzen. Der Suchtrupp mit allen Stars nutzt währenddessen die wenige ihnen zugestandene Screentime. Willis ist dabei herrlich gegen den Strich besetzt. Sein Gesetzeshüter ist nicht der schießwütige und blutverschmierte Held im Unterhemd, sondern ein trauriger, alter Mann, der immer versucht, Konflikte mit Worten zu lösen. Mit der Vorhersage eines Sturms zu Beginn des Filmes darf am Ende natürlich ein dramatischer Höhepunkt nicht fehlen.

„Moonrise Kingdom“ überzeugt durch wunderschöne Bildkompositionen, einen melancholischen Soundtrack, ungewöhnliche Helden und jede Menge skurriler Humor. Dieses etwas andere Märchen macht von Anfang an glücklich, erwärmt die Seele und es ist gerade zu schade, dass das Werk nach 93 Minuten schon vorbei ist. Wes Andersons steht mit diesem Film zurecht in jeder Top 10-Kritikerliste, bei den Golden Globes und ist mit ziemlicher Sicherheit auch bei der kommenden Oscarverleihung vertreten. Ärgerlich ist nur, dass die Filmmusik von Alexandre Desplat nicht mehr wählbar ist, denn gerade diese hat mir besonders gut gefallen und hat die einzelnen Szenen wunderbar vertont.


USA – 2012 – 1 Std. 35 Min.
Regie: Wes Anderson
mit Bruce Willis, Edward Norton, Bill Murray, Frances McDormand, Jared Gilman und Kara Hayward
Genre: Komödie, Drama

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