Nightcrawler

Nightcrawler

Lou Bloom lebt zurückgezogen in Los Angel0s und hält sich mehr schlecht als recht mit kleineren Diebstählen über Wasser. Nach erfolglosem Bemühen um einen anständigen Job, beginnt Lou als freier Kameramann für einen TV-Nachrichtensender zu arbeiten. Sein Spezialgebiet sind berichte von lokalen Verbrechen und Unfällen möglichst zeitnah vom Tatort. Dabei gilt je näher und schonungsloser er mit seiner Kamera das Geschehene dokumentiert desto besser kann er die Bilder verkaufen. Die Nachrichtenchefin Nina ist begeistert von dem Neuling, doch sie ahnt nicht, wie weit Lou, in seinem Drang nach Anerkennung, bereit ist zu gehen…

„Nightcrawler“ ist das Regie- und Drehbuchdebut von Dan Gilroy, dem Bruder von Tony Gilroy, der mit seinem Film Michael Clayton einen Oscarerfolg verbuchen konnte, und wirkt dann der düsteren stilsicheren Inszenierung und dem perfekten Schnitt wie aus einem Guss. Darstellerisch bewegt sich der Film auch auf sehr hohem Niveau, durch hervorragende Nebendarsteller wie Bill Paxton, Riz Ahmed und Rene Russo, die für ihre Leistung eine Oscarnominierung verdient gehabt hätte und immerhin beim englischen Pendant, dem BAFTA, diese Ehre zuteil wurde. Ihre Darbietung hat etwas Erhabenes, erinnert aber gleichzeitig auch an Faye Dunaways oscargeadelte Leistung in Sidney Lumets Meilenstein der Medienkritik NETWORK.

Einer überragt sie dennoch alle: Hauptdarsteller Jake Gyllenhaal, liefert hier definitiv eine DER Schauspiel-Höhepunkte des Jahres ab und die wohl bis dato beeindruckendste Leistung seiner mittlerweile über 20-jährigen Karriere, die ihm viele Kritikerpreise, sowie Nominierungen bei den Golden Globes und dem BAFTA eingebracht haben. Warum er letztendlich nicht auf der Shortlist der Academy gelandet ist, ist wahrlich eine Schande. Lou ist schon im Drehbuch seinen Handlungen zufolge ein absoluter amoralischer Soziopath, unfähig Mitgefühl zu zeigen, doch wie Gyllenhaal seine Augen und sein breites Lächeln in seinen messerscharfen Dialogen nutzt und damit das Publikum in seinen Bann zieht, ist einfach nur beeindruckend. Während anfangs Lou noch leicht den Eindruck eines Dorftrottels macht, wenn er alleine in seinem Ein-Zimmer-Apartment hockt und in Gelächter ausbricht, wird spätestens mit dem „Nightcrawling“ ersichtlich, dass Lou ein komplett psychiatrisch-disfunktionaler Soziopath ist, der Verkehrsunfälle, Morde und Schießereien mit seiner Kamera einfängt und somit das Leid der Menschen in Dollar-Scheine verwandelt und wenn es ihm nötig erscheint auch gerne mal vor der Polizei am Ort des Geschehens auftaucht, in Tatorte einbricht, Leichen umpositioniert und Verletzte ignoriert, nur damit sich seine Bilder besser verkaufen.

Nightcrawler Russo

Lou ist zwar der Protagonist, doch definitiv kein Held mit dem der Zuschauer mitfiebert. Dadurch, dass er jedoch mit seiner Arbeit den Menschen genau das zeigt, was sie sehen wollen, hält Regisseur und Autor Dan Gilroy dem Publikum schonungslos den Spiegel vor. Dass im lokalen News-Fernsehen Berichte von blutigen Unfällen, organisierter Kriminalität und anderer Verbrechen in den Morgennachrichten – noch vor Politik, Sport und Wetter – die Sendungen nicht nur anführen, sondern mit überproportionaler Länge sogar dominieren, zeugt von der Katastrophengeilheit der Bevölkerung und rechtfertigt letztendlich die dreckige Arbeit von Leuten wie Lou Bloom. Großartig!

UK 2014 - 149 Minuten Regie: Mike Leigh Genre: Biographie / Historiendrama Darsteller: Timothy Spall, Paul Jesson, Dorothy Atkinson, Marion Bailey, Karl Johnson, Ruth Sheen, Sandy Foster, Lesley Manville, Martin Savage, Richard Bremmer, Patrick Godfrey
UK 2014 – 117 Minuten
Regie: Dan Gilroy
Genre: Drama / Mediensatire
Darsteller: Jake Gyllenhaal, Rene Russi, Riz Ahmid und Bill Paxton
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