Meine Top 3 aus 1995

1995

Halbzeit im Jahrzehnt der 90er! Auch dieser Jahrgang hat ein paar wirklich große Klassiker aufzuweisen: 1995 erblickte mit TOY STORY der erste Pixar-Animationsfilm das Licht der Welt. Die anfängliche Skepsis gegenüber den computeranimierten Trickfilmen ist inzwischen großer Bewunderung gewichen. Nicht ganz so großartig wie GOODFELLAS, aber äußerst sehenswert ist auch Martin Scorsese Mafia-Epos CASINO. Ron Howard kreierte mit APOLLO 13 ein großartiges und spannend erzähltes Weltraumdrama, bei dem ihn das gleiche Schicksal ereilte wie Ben Affleck mit ARGO: Den DGA hat er gewonnen, aber von der Academy wurde er ungerechterweise nicht nominiert. Aus der Komödiensparte hat mir in diesem Jahr Barry Sonnenfelds SCHNAPPT SHORTY am besten gefallen. John Travolta knüpft in seiner Rolle als Kredit-Hai, der in Hollywood Fuß fassen will, bravourös an seine Performance in PULP FICTION an. Auch im Sci-Fi-Sektor gab es aus meiner Sicht zwei große Perlen: Terry Gilliams Endzeitfilm 12 MONKEYS hat mich ordentlich in Angst und Schrecken versetzt und war atmosphärisch genial gezeichnet. Ein weiterer Favorit ist Kathryn Bigelows Millennium-Utopie STRANGE DAYS – auch wenn er inzwischen etwas überholt sein mag, so funktioniert er als Thriller noch stets einwandfrei. Einer der ganz großen Werke aus diesem Jahr ist außerdem DIE ÜBLICHEN VERDÄCHTIGEN von Bryan Singer, der es bei mir nur ganz knapp nicht auf’s finale Treppchen geschafft hat. Kevin Spacey und auch der Rest der Besetzung sind in diesem grandios geschriebenem Thriller einfach der Wahnsinn.

#3 – HEATHEAT

Regie: Michael Mann
mit Al Pacino, Robert DeNiro, Val Kilmer

Nachdem die Cops bei ihrem letzten Überfall Beweise sicher stellen konnten, bemerkt eine Gruppe professioneller Bankräuber, dass der Boden in Los Angeles für sie zu heiß geworden ist. Die Männer rund um Anführer McCauley (Robert DeNiro) planen deshalb einen letzten großen Raub, damit sie für immer ausgesorgt haben und aus der Stadt verschwinden können. Der hitzköpfige Cop Vincent Hanna (Al Pacino) ist McCauley und seinen Jungs allerdings schon dicht auf den Fersen…

Heutzutage konzentriert sich Michael Mann leider mehr darauf, welche Digitalkamera im fiesen Homevideo-Look er für seinen nächsten Film benutzt, anstatt eine gute Story auf die Leinwand zu bringen. Mit HEAT ist ihm vor 20 Jahren allerdings ein grandioses Meisterwerk gelungen, dass die Genres Drama, Action und Thriller brillant miteinander verknüpft. Herausgekommen ist ein hochspannendes Charakterstück über zwei Männer, die, getrennt durch das Gesetz, eigentlich viele Gemeinsamkeiten aufweisen und in einem anderen Leben vielleicht sogar gute Freunde gewesen wären. Der Autor/Regisseur erzählt die Geschichten der beiden Hauptfiguren mit großer Intensität und Nähe. Dabei bringt er jeweils von beiden Männern die guten und schlechten Seiten zu Tage, ohne zu urteilen. Das Geniale: Dem Zuschauer fällt es eher schwer, sich für eine Seite zu entscheiden – denn man wünscht sich, dass am Ende beide gewinnen könnten. Mann lässt in den drei Stunden, die übrigens in keiner Sekunde langweilen, die beiden Männer nur sehr spärlich aufeinander treffen. Und grade deshalb erzielen die gemeinsamen Szenen eine hochspannende dichte Wirkung, die den Zuschauer geradezu elektrisiert. Und während Mann den Hauptteil seines Großstadt-Epos in eine ruhige spannende Atmosphäre hüllt, so lässt er es zwischendurch auch richtig krachen. Der große Bankraub in der Mitte des Films ist einer der großartigsten und realistischsten Actionszenen aller Zeiten und diente der Eröffnungssequenz in Christopher Nolans THE DARK KNIGHT als Vorlage. Neben den grandiosen Darstellungen von DeNiro und Pacino, kann vor allem Val Kilmer als McCauleys zweite Hand großartige Akzente setzen – ebenso wie Natalie Portman als Hannas psychisch labile Stieftochter.

HEAT ist ein monumental erzähltes Gangster-Epos, das die Grenzen zwischen Gut und Böse gekonnt verwischt, mit perfekt inszenierter Action punktet und bis in die kleinsten Nebenrollen großartige Darstellungen bietet. Wieso dieses Meisterwerk nicht eine einzige Oscarnominierung bekam und auch sonst von allen Preisverleihungen komplett ignoriert wurde, dürfte mir für immer und ewig ein Rätsel bleiben.

#2 – SIEBEN (OT. Se7en)
SEVENmit Brad Pitt, Morgan Freeman, Gwyneth Paltrow

Polizist Somerset (Morgan Freeman) steht kurz vor seiner Pension als ihm das Dezernat den jungen Hitzkopf Mills (Brad Pitt) an die Seite stellt. Zusammen sollen sie den mysteriösen Fall um einen Serienkiller lösen, der seine Morde nach den sieben biblischen Todsünden inszeniert…

Sollte es tatsächlich jemanden da draußen geben, der diesen Film noch nicht gesehen hat, dann reichen diese zwei Sätze zum Inhalt völlig aus. David Fincher vermischt in seinem zweiten Kinofilm die Elemente des Film-Noirs mit extrem düsteren Horror-Motiven zu einem Psychothriller, der noch bis heute seinesgleichen sucht. SIEBEN ist ein pessimistischer Alptraum mit apokalyptischen Zügen, der einen nicht mehr loslässt und an dem Menschlichkeit so gut wie keinen Platz findet. Nicht nur die gruselige Story schaffen diese Atmosphäre, sondern auch die genialen Kamerabilder und Set-Designs geben einem das Gefühl, sich mitten in der Hölle zu befinden. Das funktioniert so bahnbrechend gut, dass man als Zuschauer von Anfang bis Ende mit Schnappatmung vor dem Film sitzt und die unterschwellige Gefahr am eigenen Körper spürt. Zum Schluß schockiert der Film dann auch noch mit einem der erschreckendsten Schlußszenen aller Zeiten.

SIEBEN ist auf jeden Fall nichts für zart besaitete. Wer sich allerdings darauf einlässt, darf sich auf 127 hochspannende Minuten freuen, deren Bilder sich unaufhaltsam ins Gedächtnis fressen. Dass der Film für die Oscars zu düster ist, war zu erwarten. Neben der Nominierung für den Schnitt, hätte es aber mindestens noch eine für das geniale Drehbuch von Andrew Kevin Walker geben müssen. Wenigstens hatte man ihn bei den BAFTAs bedacht. Denn SIEBEN ist einer dieser Filme, die man in gewissen Genres nur alle Jahrzehnte zu Gesicht bekommt und danach oft kopiert und nie erreicht werden. Seit Jahren warte ich auf einen Film, der es auf die gleiche geniale Art und Weise schafft, den realistischen blanken Horror auf die Leinwand zu bringen und dabei auch eine spannende Geschichte erzählt. Bisher leider Fehlanzeige!

#1 – BRAVEHEART
braveheartRegie: Mel Gibson
mit Mel Gibson, Sophie Marceau, Brendan Gleeson

Schottland, Ende des 13. Jahrhunderts: Nachdem er über Jahre bei seinem Onkel in Irland aufgewachsen ist, kehrt William Wallace (Mel Gibson) in das Dorf zurück, das er nach dem Tod seines Vaters und Bruders einst verlassen musste. Während Schottland unter den harten Gesetzen des englischen Königs leidet, will Wallace sich einem ruhigen Leben widmen und seine Jugendliebe Murron heiraten. Das Glück hält jedoch nicht lange: Nachdem Murron nach einem brutalen Zwischenfall von britischen Soldaten getötet wird, sinnt Wallace auf Rache und erklärt der englischen Krone den Krieg. Mit zahlreichen Anhängern will er für die Unabhängigkeit der Schotten kämpfen und wird zur Symbolfigur der Freiheit…

Zugegeben: Auch wenn es die Personen im Film tatsächlich gegeben hat, so entspringen viele Handlunsgsstränge nur der Fantasie des Drehbuchautoren Randall Wallace. Das tut dem Film aber keinen Abbruch, denn herausgekommen ist ein monumentales Epos über ein altbekanntes Motiv, das sich noch über viele weitere Jahrhunderte durch unsere Gesellschaft gezogen und leider noch heute Bestand hat: Politische Unterdrückung und das daraus resultierende Verlangen nach Freiheit. Ich für meinen Teil bin eigentlich gar kein großer Fan von mittelalterlichen Erzählungen, aber Mel Gibson zaubert mit seiner zweiten Regiearbeit fantastisches auf die Leinwand: Eine ergreifende Liebesgeschichte, viele spannungsgeladene Wendungen, fesselnde Schlachtszenen und die inspirierende Geschichte vom Freiheitskampf machen BRAVEHEART zum gewaltigen groß angelegten Kinoklassiker, der heute ist. Die überlangen 177 Minuten werden dank der spannenden und abwechslungsreichen Erzählung nie langweilig. Die magischen Schottland-Bilder von John Toll (Oscar!) und der überwältigende Score von James Horner tun das Restliche und runden Gibsons Meisterwerk perfekt ab. Dass die Academy APOLLO 13 vielleicht nicht ganz so doll mochte, wie vorher vermutet, aber auch die Tatsache, dass ansonsten eigentlich nur solide bis mittelmäßige Filme nominiert wurden, mag Gibson zu Gute gekommen sein – aber am Ende war jeder dieser 5 Oscars hoch verdient! Ein Film, den ich mir immer und immer wieder ansehen kann.

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