James Bond 007: Spectre (OT: Spectre)

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In unserer altbewährten „3 Autoren – 4 Meinungen“-Tradition, möchte auch ich an dieser Stelle noch ein paar Worte zum neuesten 007-Streifen verlieren.
„Spectre“ eröffnet als erster Bond-Film der Craig-Ära wieder mit der berühmten Gun Barrel-Sequenz. Somit ist die Leitlinie klar: James Bond ist nun endgültig als Doppelnull-Agent angekommen. Nach dem sensationell gelungenen Reboot („Ein Quantum Trost“ ggf. ausgeklammert) in dem in drei Filmen Bonds Lehrjahre in aller Ausführlichkeit dargelegt wurden, wird mit „Spectre“ wieder der Bogen zu den Anfängen der Reihe mit Sean Connery geschlagen, in denen der Agent im Geheimdienst Ihrer Majestät als wichtigster Spion des MI6 unzähligen Oberschurken das Handwerk legte.

James Bonds (Daniel Craig) erste Mission nach „M“s Tod ist allerdings keine offizielle. Er ist (vermeintlich) auf eigene Initiative in Mexiko-Stadt unterwegs um am Día de los Muertos, dem Tag der Toten, einen terroristischen Anschlag auf ein Fußball-Stadion zu vereiteln. Bond kann dabei rechtzeitig alle Mitverschwörer spektakulär ausschalten. Später erfährt man, dass M Bond vor ihrem Tod ein Videoband zukommen ließ, in dem sie ihn bittet ebendiesen Auftrag auszuführen. Dem neuen M (Ralph Fiennes), der nichts von alledem weiß, sind jedoch durch „C“ (Andrew Scott), den Chef des „Joint Intelligence Service“, die Hände gebunden und so wird Bond von ihm auf unbestimmte Zeit vom aktiven Dienst suspendiert. Doch James wäre nicht James, wenn er sich nicht doch eigenständig auf die Suche nach den Drahtziehern im Hintergrund begeben würde. Mit heimlicher Unterstützung von Waffenmeister „Q“ (Ben Whishaw) und „M“s Assistentin Moneypenny (Naomie Harris), sowie der Psychologin Madeleine Swann (Léa Seydoux) stößt er auch bald auf das weit verzweigte Verbrechersyndikat „Spectre“ und einen alten, lange tot geglaubten Bekannten aus Kindertagen, Franz Oberhauser (Christoph Waltz), der Sinistres im Schilde führt…

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Mehr sei zum Inhalt nicht verraten. Nur soviel, besonders die Fans der alten Connery-Filme kommen definitiv auf ihre Kosten. Denn Regisseur Sam Mendes und sein eingespieltes Autorengespann um John Logan, Neal Purvis und Robert Wade, beleben mit „Spectre“ das wunderbare Flair der 60er-Jahre-Bonds, schaffen es aber zugleich meisterlich dieses an aktuelles Zeitgeschehen anzupassen. Und wie schon bei „Skyfall“ spürt man in jeder einzelnen Sekunde ihre unbändige Freude Teil des 007-Universums sein zu dürfen, sowie den tiefen Respekt vor dem Erbe, hauptsächlich, Terence Youngs. Eine Kombination, die sich vollends auf den Zuschauer überträgt und so des Öfteren wunderbar nostalgische Gefühle weckt. Ferner gefallen auch die vielen kongenialen Referenzen an die alten Klassiker, sei es der grobschlächtige schweigsame Handlanger Mr. Hinx in der Tradition eines Oddjob oder Beißers, der originale „Goldfinger“-Rolls Royce im Besitz von Oberhauser oder die Anspielung an „Man lebt nur zweimal“ beim „Spectre“-Geheimversteck, um nur mal die offensichtlichsten zu nennen.
Der Story-Twist, der im letzten Drittel präsentiert wird, kommt zwar für Bond-Experten ähnlich überraschend wie jener bei „Star Trek Into Darkness“, doch nichtsdestotrotz, oder besser gerade deshalb, erachte ich ihn als so überaus gelungen.
Besonders toll fand ich zudem auch den relativ sparsamen Einsatz von Action-Sequenzen. Es muss nicht immer nur das große Action-Gewitter sein. Mendes bietet hier im Gegenteil den nötigen Raum um Charaktere näher zu beleuchten und ihnen so eine für klassische Blockbuster leider oftmals untypische Tiefe zu verleihen.

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Großes Lob verdient daher auch die gesamte Darstellerriege. Craig schafft es bravourös seiner Figur abermals neue Facetten abzugewinnen und diese dennoch ganz in der Tradition der Reihe zu verankern. Christoph Waltz gibt einen absolut grandiosen Bösewicht, der spätestens gegen Ende ganz in seiner Rolle aufgeht. Und auch „Sherlock“-Star Andrew Scott darf einen herrlich undurchsichtigen MI6-Leiter geben.
Mit Monica Bellucci und Léa Seydoux sind zwei sehr unterschiedliche Bond-Damen an Bord (von „Girl“ wagt man zumindest bei Bellucci gar nicht erst zu sprechen), von denen besonders Seydoux ein weiteres Ausrufezeichen für moderne Begleiterinnen James Bonds zu setzen vermag, während Bellucci als trauernde Grand Dame überzeugen kann, auch wenn ihre Screentime leider sehr kurz geraten ist. Ralph Fiennes, Ben Wishaw und Naomie Harris schaffen ebenfalls in perfekter Weise den Spagat zwischen Figurentreue und zeitgenössisch-angemessener Neuauslegung. Vor allem Wishaw brilliert hier, in dem er „Q“ seinen komplett eigenen Stempel aufdrückt, gleichzeitig aber mit kleinen herrlichen Gesten auch an Desmond Llewelyns ikonische Darstellung erinnert. Ich habe Tränen gelacht.
Insgesamt muss man auch sagen, dass der Humor-Faktor nach den doch eher düsterer angelegten Vorgängern bei „Spectre“ wieder gesteigert wird und somit an die locker-leichte Atmosphäre bspw. eines „Liebesgrüße aus Moskau“ oder „Goldfinger“ anknüpfen kann.
Inszenatorisch gibt es ebenfalls nichts zu meckern. Die fantastische Kameraarbeit von Hoyte van Hoytema sollte definitiv mit einer Oscar-Nominierung geadelt werden und auch der Ton gehört mit zum besten, was es in diesem Jahr filmisch auf die Ohren gab. Vom abermals genialen Score aus der Feder Thomas Newmans brauche ich zudem wohl gar nicht erst anfangen.

Der einzige echte Kritikpunkt den man anführen könnte, ist dass Mendes den Mittelteil gerne um etwa 10 Minuten hätte raffen können, hier entsteht doch ein minimaler Leerlauf. Als sonderlich störend hatte ich diesen jedoch nicht empfunden.
„Spectre“ erreicht somit zwar nicht zur Gänze die Grandiosität des Vorgängers „Skyfall“, kommt aber schon verdammt nah dran. Es ist aber auf jeden Fall der zweitbeste Craig-Bond geworden und reiht sich in meiner Allzeit-Favoritenliste auf dem hervorragenden 007. Platz ein.
Ich hoffe dass Craig sich noch einmal erbarmen kann James Bond zu spielen. Aber selbst wenn nicht, freue ich mich schon jetzt riesig auf das kommende „Silber-Jubiläum“.


GB – 2015 – 2 Std. 28 Min.
Regie: Sam Mendes
mit Daniel Craig, Christoph Waltz, Léa Seydoux, Ralph Fiennes, Ben Whishaw, Naomie Harris, Dave Bautista, Monica Bellucci, Andrew Scott, Rory Kinnear, Stephanie Sigman & Jesper Christensen
Genre: Action, Thriller, Agentenfilm

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