Steve Jobs

Steve Jobs
Foto: Universal

Viele Köche verderben den Brei heißt es im Volksmund! Nachdem David Fincher von dem Projekt abgesprungen war, weil er sich mit dem Studio Sony bezüglich seiner Vorab-Gage, seiner Kontrollforderung über das Filmmarketing und Christian Bale in der Hauptrolle nicht einigen konnte, stand es lange nicht gut um das Projekt. Nach Bale wurde DiCaprio für die Rolle des Apple-Magnaten gehandelt, doch den Zuschlag bekam letzten Endes der Oscarnominierte Michael Fassbender (12 Years a Slave), den sich kritische Stimmen nur schwerlich als Steve Jobs vorstellen konnten. Auch die Tatsache dass 2011 das erste filmische Biopic über den Apple-Gründer mit Ashton Kutcher ein kommerzieller Flop wurde, sprach nicht gerade für das Projekt. Doch auch wenn der kommerzielle Erfolg sicherlich hinter den Erwartungen liegen dürfte, ist rein filmisch eine kleine Perle entstanden.

Das Biopic umfasst nicht klassisch den zeitlichen Rahmen von der Geburt bis zum Tod, sondern die Handlung ist in 3 Akte geteilt und spielt jeweils hinter den Kulissen dreier Produktpräsentationen, sprich Macintosh (1984), NeXT (1988) und iMac (1998) und beinhalten Konflikte zwischen Steve Jobs, dem anderen Apple-Gründer Steve Wozniak (Seth Rogen), der Marketing-Chefin des Mac Joanna Hoffman (Kate Winslet) und Apple-CEO John Sculley (Jeff Daniels) auf beruflicher Seite und auf Privater Ex-Freundin (Katherine Waterston) und Tochter Lisa (Makenzie Moss), die von Sozialhilfe leben und Ansprüche auf sein Vermögen erheben, doch dieser verleugnet vehement seine Vaterschaft.

Steve Jobs Kate
Foto: Universal

STEVE JOBS ist zuallererst ein Aaron Sorkin-Film. Der Oscarpreisträger (The Social Network) schafft es wie kein Zweiter in Hollywood mit grandios geschriebenen Hochgeschwindigkeitsdialogen die kompliziertesten Zusammenhänge verständlich aber pointiert zu präsentieren. Dabei kreiert er eine Prägnanz und Hochspannung selbst bei vermeintlichen Lappalien wie die Sprachfunktion des Macintosh, ohne dabei die Charakteristika und Rollen von Jobs aus den Augen zu verlieren, sei es als Vater wider Willen, verstoßener Sohn, Design- und Kampagnengenie. Erfrischend ist dabei, dass Steve Jobs nicht als Gutmensch beschrieben wird, sondern viele vermeintlich negative Eigenschaften zugeschrieben werden. Lediglich die letzte viertel Stunde zeichnet ein versöhnliches Bild des Apple-Gründers und wirkt an dieser Stelle etwas Inkonsequenz, dürfte aber den Sehgewohnheiten der Massen eher entsprechen. Gerade diese Masse dürfte ein Problem mit so einer negativ behafteten Titelfigur haben, wie dies auch schon zum größten Teil bei Facebook-Gründer Mark Zuckerberg im 3-fach oscarprämierten Meilenstein THE SOCIAL NETWORK der Fall war.

Neben dem grandiosen Drehbuch, welches definitiv Oscar Nr. 02 für Aaron Sorkin bedeuten sollte, sind die Darsteller und die technische Raffinesse das Zugpferd des Films. Vergesst optische Ähnlichkeiten von Michael Fassbender mit dem Apple-Gründer, wobei diese am Ende durchaus bestehen, was dieser hier abliefert ist oscarbait pur. Nicht nur die messerscharfen Dialoge meistert er mit Bravour, sondern vor allem die überwiegend subtilen Charakteristika vermittelt er spürbar. Dazu hat er eine faszinierende Chemie mit nahezu allen Darstellern, allen voran Kate Winslet, die ihre beste Leistung seit ihrem filmischen Doppelschlag 2009 (Der Vorleser & Zeiten des Aufruhrs) abliefert und ihre bereits 7. Oscarnominierung erhalten sollte. Schade nur, dass die deutsche Synchronisation sich nicht mal die Mühe gemacht hat mit einem polnischen Dialekt zu sprechen, so wie es Kate im Original tut. Auch Jeff Daniels empfehlt sich für den Goldjungen auf beeindruckende Weise und auch Michael Stuhlbarg und Katherine Waterston (Inherent Vice – Natürliche Mängel) spielen glänzend auf und wären Nominierungswürdig. Warum gerade Seth Rogen so viel Shitstorm abbekommen hat verstehe wer will, mir persönlich hat er selten so gut gefallen, auch wenn er schauspielerisch hinter den Anderen ansteht.

Steve Jobs 2
Foto: Universal

Visionär Danny Boyle (Trainspotting, Slumdog Millionaire) nimmt sich als Regisseur angenehm zurück und glänzt mit raffinierten Montagen und ausgeklügelten Einstellungen und Kamerafahrten, die niemals zum Selbstzweck verfallen. Die Filmmusik von Daniel Pemberton besticht durch ein stimmiges Portfolio von Hightech-Klängen und eingängigen Minimalsounds und fügt sich nahtlos ein in dieses kleine revolutionäre Werk, das auf eine gängige Drehbuchstruktur und einem klassischem Spannungsaufbau verzichtet und keine spürbare Länge aufweist.

Wer Finchers SOCIAL NETWORK zu schätzen weiß, der wird auch an STEVE JOBS seine Freude haben. Für mich ganz eindeutig die Überraschung des Jahres bisher und ganz heißer Oscaranwärter in den Kategorien Film, Regie, Hauptdarsteller (Michael Fassbender), Nebendarstellerin (Kate Winslet) mit einer weiteren Wunschnominierung für Katherine Waterston je nach Konkurrenz, Nebendarsteller (Jeff Daniels), adap. Drehbuch (Aaron Sorkin), Filmschnitt und Filmmusik.

USA 1964 - 135 Minuten Regie: Robert Aldrich Genre: Kammerspiel / Psychothriller / Krimi Darsteller: Bette Davis, Olivia de Havilland, Joseph Cotten, Cecil Kellaway, Agnes Moorehead, Mary Astor, Victor Buono, Wesley Addy, William Campbell, Bruce Dern, George Kennedy
USA 2015 – 122 Minuten
Regie: Danny Boyle
Genre: Biografie, Drama
Darsteller: Michael Fassbender, Kate Winslet, Jeff Daniels, Katherine Waterston, Michael Stuhlbarg, Seth Rogen, John Ortiz, Makenzie Moss, uva.
Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Filme, Oscar Contender, Reviews. Fügen Sie den permalink zu Ihren Favoriten hinzu.