BEAT

©Amazon Studios

Beat (Jannis Niewöhner) ist der wohl angesagteste Promoter der Berliner Technoszene. Er ist Wunscherfüller und stillt die Bedürfnisse der Menschen. Richard (Christian Berkel) vom European Secret Intelligence (ESI) aus Brüssel sieht in ihm nicht nur den Vorteil der guten Vernetztheit, sondern vor allem, dass er Idealist ist. Obwohl er in seiner Stammdiskothek, die für ihn eine Art Ersatzfamilie darstellt, nahezu täglich gegen das Betäubungsmittelgesetz verstößt und bereits vorbestraft ist, weil er einer Freundin „geholfen“ hat, soll er sich an den neuen Teilhaber Philipp Vossberg (Alexander Fehling) heften, von dem der ESI glaubt, dass dieser chemische und biologischen Massenvernichtungsmitteln organisiert und betreibt. Diesbezüglich soll sich Vossberg mit seinen Kontaktmännern in dem umgebauten Weltkriegsbunker treffen, weil dieser durch die 3 Meter dicken Wände abhörsicher ist. In Verruf kam der Club bereits, weil in ihm ein Doppelmord stattfand und die Leichen dort religiös anmutend inszeniert wurden. Nicht nur die Polizei, sondern auch eine russisch-deutsche Agentin namens Emilia (Karoline Herfurth) des europäischen Geheimdienstes üben auf unterschiedliche Art und Weise Druck auf BEAT auf. Unweigerlich führt seine zwanghafte Suche auch zurück in seine Vergangenheit und schon bald ist nicht nur sein Leben, sondern auch das seiner Freunde bedroht…

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Jannis Niewöhner, u.a. bekannt aus der Edelsteintrilogie (Smaragdgrün, Saphierblau und Rubinrot), gibt als Titelfigur BEAT eine überragende Performance, die man so von ihm sicher nicht erwartet hätte und welche ihm anspruchsvollere Rollenangebote bescheren sollte. Er ist aber nicht der Einzige, der über sich hinaus wächst. Alexander Fehling kriegt genügend Raum um als Antagonist, der sein Umfeld gerne mit philosophischen Grundfragen des Lebens konfrontiert, eine betörende und zugleich Angst einflößende Präsenz zeigt. Des weiteren möchte ich noch zwei Darsteller in Nebenrollen erwähnen, die jede ihrer Szenen veredeln. Da wäre zum Einen Karl Markovics (Die Fälscher), der die menschliche Seite hinter einer illegalen Organisation, die mit Organen handelt, verkörpert und zum Anderen Gudrun Ritter, die mit nur wenigen Gesten und ihrer Gefühlskälte für jede Menge Gänsehautmomente führt.

An der Performance von Kostja Ullmann dürften sich dagegen die Geister scheiden. Löblich anzuerkennen ist, dass er als durchgeknallter Jasper durchaus eine neue darstellerische Seite zeigt, jedoch wirkt er bei der Verkörperung seiner Figur, als ob er nach Schema F aus einem Schauspiellehrbuch für Psychopaten nachgeschlagen hätte und diesen genauso spielt. Etwas subtiler wäre mehr gewesen, aber dies zieht sich ein wenig durch die gesamte Serie. Auch verwundert der Umgang mit Jaspers Erzählstrang Mitte der 5. Episode. Christian Berkel, Hanno Koffler und Karoline Herfurth sind im Mittelfeld anzusiedeln. Berkel und Koffler kriegen erst in den letzten Folgen etwas zu tun und dürfen dort erst ihr Können unter Beweis stellen, während Herfurth ihrer emotionslosen Figur im Laufe der Zeit doch etwas Tiefe verleihen kann. Jedoch wird sie stets vom überragenden Niewöhner an die Wand gespielt. Als einen darstellerischen Wermutstropfen kann ich über Anna Bederke als Phillipp Vossbergs Schwester Lina nicht hinweg sehen, die mit ihrer eingeschränkten Mimik ihre Figur dem Zuschauer nicht greifbar verkörpert und hüllenlos wirkt.

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Neben den überragenden Darstellungen von Niewöhner, Fehling, Markovich und Ritter ist es die Inszenierung, die überzeugt und einen Sog entwickelt, der ich mich nicht so leicht entziehen konnte und mich über kleine Defizite hinwegschauen lässt. Während bei der deutschen Netflix-Produktion DARK außer der äußere Form kaum innerliche Substanz herüberkam, gelingt Regisseur Marco Kreutzpainter (u.a. Sommersturm) auf visueller und akustischer Ebene seine mit Abstand beste Arbeit. Wie die einzelnen Szenen bebildert und erzählt werden ist auf obersten Niveau anzusiedeln und steht gegenüber der Hollywood-Produktionen in nichts nach. Einen Kritikpunkt könnte man aber noch an der Überladung der Handlungsstränge festmachen. In gerade mal 7 Folgen werden 4 sich teilweise überlappende Stränge abgearbeitet, wovon jeder an sich ist (mit Ausnahme vom Ezählstrang Jasper) schlüssig erzählt und vor allem auf visueller und tonaler Ebene ambivalent und innovativ miteinander verknüpft wird. Auch der Soundtrack bestehend aus treibenden Technobeats, Klassikern wie „What a difference a day made“, Schlagern wie „Lieber Gott, lass die Sonne wieder scheinen“, klassischen Musikstücken und deutschen Popsongs, unter anderem von Chapeau Claque, weiß zu gefallen.

Nach einem etwas unausgegorenen Start kommt BEAT ab der zweiten Folge in die richtige Spur und sollte spätestens in den beiden finalen Folgen die letzten Zweifler überzeugt haben. Auch wenn die bisher 7-teilige Serie inhaltlich nicht perfekt ist, ist sie zweifelsohne überragend inszeniert und hat jede Menge Szenen, die sich ins Gedächtnis einbrennen, so dass das Gesamtprodukt überdurchschnittlich einzuordnen ist. Schade natürlich, wenn durchaus das Potential da gewesen wäre, mit wenigen Handgriffen und der ein oder anderen Umbesetzung, eine für mich perfekte Serie zu erschaffen. Wie schon erwähnt wäre weniger hier vermutlich mehr gewesen. Auf diesem Niveau können aber gerne weitere (deutsche) Produktionen auf den Markt kommen. Empfehlen möchte ich die Prime-Serie aber definitiv! Die kann was! Sonst hätte ich sie mir nicht zweimal in Folge angeschaut.

Folgen-,/Wertungsübersicht:

  1. Beat (7,5/10)
  2. Pop (8,0/10)
  3. BPM (8,0/10)
  4. Loop (8,0/10)
  5. Backspin (8,5/10)
  6. Drop (9,0/10)
  7. Coda (8,5/10)
DEUTSCHLAND 2018 – ca. 420 MINUTEN REGIE: Marco Kreutzainter GENRE: DRAMA / THRILLER DARSTELLER: Jannies Niewöhner, Karoline Herfurth, Alexander Fehling, Kostja Ullmann, Gudrun Ritter, Christian Berkel, Hanno Koffler, Karl Makovics, Anna Bederke, uva.

 

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