Der Fall Richard Jewell (OT: Richard Jewell)

© Warner Bros.

Schon immer hatte Richard Jewell (Paul Walter Hauser) davon geträumt, bei der Polizei für Recht und Ordnung zu sorgen. Tatsächlich geklappt hat das bislang aber nicht, immer wieder steht ihm sein eigener Übereifer im Weg. Eines Tages wird er genau deswegen jedoch zum Helden, als er während eines Konzerts eine verdächtige Tasche entdeckt, die sich tatsächlich als Bombe herausstellt. Zuerst von den Medien gefeiert, rückt er jedoch bald in den Mittelpunkt der Ermittlungen, denn FBI-Agent Tom Shaw (Jon Hamm) ist davon überzeugt, dass Jewell selbst die Bombe platziert hat, um am Ende als Held dazustehen. Und auch die Medien stürzen sich auf ihn, allen voran die ehrgeizige Journalistin Kathy Scruggs (Olivia Wilde). Lediglich der Anwalt Watson Bryant (Sam Rockwell), den er noch von früher kennt, steht ihm zur Seite während der folgenden Hetzjagd, an der vor allem Richards Mutter Bobi zu zerbrechen droht…

Auch ohne Kenntnis der historischen Ereignisse ist die Geschichte schnell klar und daher nicht spannend. Dies wäre OK, wenn der Film als Drama überzeugen könnte, was er meiner Meinung nach aber nur bedingt schafft. Die Ausgangslage und die Darstellung von Jewell ist an sich interessant, aber problematisch ist der  Aufbau und damit die Lauflänge.

Clint Eastwoods Regiearbeit hat seine Stärken, wenn er den Charakter und das Wesen von Jewell nah beleuchtet. Diese Ambivalenz zwischen eingeschränkten Intellekt und der Bereitschaft sich über die Grenzen hinwegzusetzen, um eigene Ordnungsüberzeugungen durchzusetzen, der Anbiederung und dem Kampf um Anerkennung, dem naiven Glauben an die staatlichen Institutionen und der tatsächlichen Freundlichkeit, Nachsichtigkeit und vielleicht etwas Gutherzigkeit. Für mich ist er eigentlich eine spannende Figur, weil es hier um auch um Vorurteile und die Integration von speziellen Charakteren geht. Doch der Schwerpunkt liegt auf der „Ungerechtigkeit“, die ihm widerfährt, gewürzt mit viel Tränendrüse, vor allem von einer maßlos überagierenden Kathy Bates, die ich noch nie so unglaubwürdig und eindimensional erlebt habe – ihre Golden Globe- und Oscarnominierung ist daher eine absolute Frechheit, angesichts der zahlreichen Alternativen, die es gegeben hätte, allen voran der Damenriege aus „Parasite“, die allesamt Großes abgeliefert haben – Sind aber ja leider Asiaten und die werden ja immer übergangen, nur das da kein Hahn nach kräht und sich dringend ändern sollte. Aber sogar im Film selbst, hätte es mit Sam Rockwell und Paul Walter Hauser Alternativen gegeben. Auch die unkritische Haltung von Eastwoods zur Waffenlobby ist mir mehrfach sauer aufgestochen – da merkt man den Vollblutrepublikaner in ihm. Leider. Dafür entschädigt der kritische Blick auf den Boulevardjournalismus und dem Rechtssystem der USA.

Insgesamt ist ein solider Film rausgesprungen, dem man handwerklich nichts vorzuwerfen hat, aber inhaltlich, sowie narrativ für mich unter den Möglichkeiten geblieben. Aber gerade wegen den hervorragenden Darstellungen von Sam Rockwell und dem auf den Punkt agierenden Paul Walter Hauser man eine Sichtung durchaus riskieren kann. Seit „I, Tonya“ sollte man eh ein Auge auf ihn werfen, da wird noch einiges kommen in Zukunft!

USA 2019 – 131 Minuten
Regie: Clint Eastwood
Genre: Drama, Biografie
Darsteller: Paul Walter Hauser, Sam Rockwell, Kathy Bates, Jon Hamm, Olivia Wilde, Nina Arianda, uva.

 

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