The Midnight Sky

© Netflix

„Selten dürfte einem Film die große Leinwand so sehr gefehlt haben, um visuell von der menschlichen Nichtigkeit im Angesicht der Unendlichkeit zu erzählen.“, so urteilte eine Kritikerin vom Filmdienst und trifft damit des Pudels Kern. Die Vielzahl an teils harschen Rezensionen verwundert indes, denn postapokalyptische Weltraumdramen mit philosophischer Ummantelung wurden in der Vergangenheit vom Publikum häufig dankbar angenommen. Die inzwischen siebente Regieführung von George Clooney um einen in der Arktis lebenden Forscher besaß unverkennbar viel Potential, erreicht jedoch selten die allumfassende Brillanz und Dichte anderer Genrevertreter wie beispielsweise „Gravity“ und „Arrival“, gefiel mir letztlich aber zumindest einen Hauch besser als „Interstellar“ oder „Ad Astra“.

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Mit einem Budget von fast 100 Millionen US-$ ist „The Midnight Sky“ – nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen, seit Wochen durchs Radio tingelnden Song von Miley Cyrus – der bis dato sechstteuerste Film, der jemals seine Premiere auf Netflix erlebte und zeichnet sich durch aufwendige Szenenbilder sowie erlesene Drehorte auf den Kanarischen Inseln sowie Island aus. Angesiedelt im Jahr 2049, folgt man einem augenscheinlich todkranken, eremitischen Mann zunächst mit Neugier und in Folge eines nicht gänzlich überraschenden, jedoch wirkungsvollen Plot-Twists offenbart sich, dass nicht etwa die Errettung der Welt, sondern viel mehr Einsamkeit und Trauerbewältigung die anvisierten Leitmotive des Zweistünders darstellen, die gerade in pandemischen Zeiten nahbar erscheinen. Unglücklicherweise ist der Mittelteil trotz der Gegenüberstellung zweier Lokalebenen allerdings extrem handlungs- und spannungsarm geraten, sodass viel Geduld vom Zuschauer abgefordert wird, bis das Gebotene wieder Fahrt aufnimmt. Als problematisch erweist es sich auch, dass Clooney nicht nur als regieführender Produzent agierte, sondern auch die Hauptrolle selbst übernahm. Er steht sich trotz einer engagierten Darbietung selbst ungemein viel Raum zu, weswegen das Gesamtergebnis bisweilen selbstverliebt und egozentrisch anmutet, auch wenn Felicity Jones und Demián Bichir ihr Möglichstes versuchen, darstellerisch entgegenzuwirken.

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Der Film entfaltet seine mit Abstand stärksten Momente, wenn die Klänge von Alexandre Desplat anschwellen. In einer Saison, in welcher die Auswahl an brillanten Kompositionen bis dato sehr überschaubar ist, erweist sich der Soundtrack als Segen und wirkt wie Balsam für die geschundene Seele. Ferner entfaltet auch die audiovisuelle Sphäre und die Kameraarbeit des deutschen Landsmannes Martin Ruhe selbst vom heimischen Sofa aus eine grandiose Wirkungsästhetik, weshalb es letzten Endes als bedauerlich anmutet, dass diesen unbestreitbaren Vorzügen kein besseres Skript zur Seite gestellt worden ist. Es dürfte dennoch unwahrscheinlich sein, dass „The Midnight Sky“ im Rahmen der auf Ende April verschobenen 93. Oscarverleihung keine Nennungen für die Musik und die Effekte ergattern wird, denn diese sind schlichtweg zu gut, um sie ignorieren zu können.

USA 2020 – 117 Minuten
Regie: George Clooney
Genre: Science-Fiction / Drama
Darsteller: George Clooney, Felicity Jones, Caoilinn Springall, David Oyelowo, Kyle Chandler, Tiffany Boone, Demián Bichir, Ethan Peck, Sophie Rundle, Tim Russ
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