Bridge Of Spies – Der Unterhändler (OT: Bridge Of Spies)

Mit sechs Nominierungen zählt Steven Spielbergs inzwischen 28. Regieführung für die Kinoleinwand zur illustren Riege an Produktionen mit multiplen Oscarnennungen dieser Saison und erhielt von Seiten der BAFTA-Mitglieder sogar noch mehr Anerkennung, auch wenn es lange Zeit gar nicht danach aussah. Als Fan von Historiendramen habe ich es erst verhältnismäßig spät geschafft, mir „Bridge Of Spies“ endlich anzusehen und war in vielen Belangen beeindruckt von der in angenehmen Sinne konventionellen Chronologie, welche sich in erster Linie mit den weltgeschichtlich bedeutsamen Ereignissen zwischen 1957 und 1962 im sowjetisch besetzten Teil Berlins reflektiert auseinandersetzt.

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Betont auf die Propaganda beiderseits des Eisernen Vorhangs bis hin zum Mauerbau und die Wirren und Ambivalenz von Spionageaktivitäten sowie die seinerzeit erzwungene Diplomatie ausgerichtet, geht der Spannungsaufbau wohlwissentlich, gemächlich und in steter Korrelation mit dem Titel vonstatten und vermag gerade in vielen Einzelsequenzen seine cineastisch-epische Qualität zu entladen. Dazu tragen nicht nur äußerst aufwendig und detailreich rekonstruierte Sets, ein gekonnter Toneinsatz und speziell Kaminskis einmal mehr brillante Kameraarbeit, sondern auch eine hochsymbolistische Herangehensweise an das Sujet bei, die dafür sorgt, die kühle und nüchterne Atmosphäre für die Nachlebenden widerzuspiegeln. Medienwirksam und mit hohem Ressourcen- und Komparsenaufwand in Potsdam, Breslau und New York gedreht, liegen gewisse Schwachstellen in leichten, schwarzweißmalerischen Tendenzen, was insbesondere die deutschen Charaktere anbelangt und darin, dass der Erzählfluss innerhalb des Mittelteils aufgrund seiner Dialoglastigkeit etwas zähflüssig geraten ist, wofür jedoch vor allem der Schlussakt entschädigt. Nichtsdestotrotz überrascht in Summe vor allem das allzu häufig verfehlte, im konkreten Fall jedoch hohe Maß an historischer Akkuratesse. Ferner zeichnet sich die stimmige Inszenierung durch eine durchgängig großartige, gleichermaßen hymnische wie partiell geheimnisvolle Filmmusik aus, die zu Recht um die Oscarstatuette kämpfen darf und mir im Übrigen ähnlich gut wie die akustischen Arbeiten in „Carol“ und „The Danish Girl“ gefallen hat. Interessanterweise war für die Komposition zum erst zweiten Mal in der Filmographie Spielbergs nicht John Williams verantwortlich, sondern der fast ebenso geschätzte Thomas Newman. Hauptdarsteller Hanks liefert aus meiner Sicht seine überzeugendste und präsenteste Performance seit „Der Krieg Des Charlie Wilson“, wird allerdings in der Tat von dem überaus intensivem, raffiniertem Spiel von Mark Rylance, der mich bereits in „Die Schwester Der Königin“ überzeugt hat, ausgestochen und hat seinen Favoritenstatus zu Recht inne. Des Weiteren zeigen auch Alan Alda, Amy Ryan sowie mehrere deutschsprachige Darsteller sehenswerte Kurzauftritte.

Nicht vergleichbar formvollendet wie die Filmbiographie „Lincoln“, aber dafür Lichtjahre besser als „Gefährten“, überwiegen die Vorzüge bei Weitem, dennoch hätte Spielberg die Laufzeit ein wenig raffen sollen und können. Davon unberührt stellt die amerikanisch-deutsche Koproduktion „Bridge Of Spies“ jedoch in erster Instanz ein subtiles, aussagekräftiges und handwerklich sowie inhaltlich gelungenes, intentioniert nach Menschlichkeit und Integrität appellierendes Porträt über die vielleicht folgenreichste Phase des Kalten Krieges dar, für die man freilich ein gewisses Maß an Geduld mitbringen sollte.

USA / D 2015 - 142 Minuten Regie: Steven Spielberg Regie: Historiendrama / Thriller  Darsteller: Tom Hanks, Mark Rylance, Scott Shepherd, Amy Ryan, Sebastian Koch, Alan Alda, Austin Stowell, Michail Gorewoi, Will Rogers, Eve Hewson, Billy Magnussen
USA / D 2015 – 142 Minuten
Regie: Steven Spielberg
Regie: Historiendrama / Thriller
Darsteller: Tom Hanks, Mark Rylance, Scott Shepherd, Amy Ryan, Sebastian Koch, Alan Alda, Austin Stowell, Michail Gorewoi, Will Rogers, Eve Hewson, Billy Magnussen
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