Gotham – Staffel 1

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Auf „Gotham“ hatte ich als großer „Batman“-Fan im vergangenen Jahr lange hingefiebert. Die Idee Bruce Waynes Werdegang vom jungen Waisen zum gefürchteten Gangsterschreck im Fledermauskostüm ausführlich aufzuzeigen ist nämlich so einfach wie genial, noch dazu wenn sie jenseits (fast) allen fantastischen Comic-Overloads als klassische Krimiserie aus der Sicht des jungen aufstrebenden Detective James Gordon erzählt wird.
„Gotham“ hätte daher definitiv das Zeug gehabt in einer Liga mit „Breaking Bad“ oder „Six Feet Under“ zu spielen, am Ende kann es aber „nur“ das erzählerische Niveau von Serien wie „The Blacklist“ oder der „CSI“-Reihe erreichen.
Dass am Ende nicht der erhoffte ganz große Wurf dabei herauskam, ist zwar schade, macht aber alles in allem über weite Strecken doch noch großen Spaß.

Der Vergleich mit CSI ist übrigens gar nicht so weit hergeholt. Im Grunde hätte die Serie auch „CSI: Gotham“ heißen können. Denn sie beschränkt sich nicht nur auf die Entwicklung der Figuren des bekannten DC-Universums, sondern erzählt in klassischer „Fall der Woche“-Manier auch diverse kriminologische Nebenplots.
Gab es allerdings z.B. bei Serien wie „Akte X“ immer in sich abgeschlossene „Monster of the Week“-Episoden, die zugegeben qualitativ auch extrem großen Schwankungen unterlagen, konnte man sich wenn einen nur der Hauptplot um die Alien-Verschwörung interessierte nur auf diese konzentrieren. „Gotham“ vermischt dies aber, so dass in jeder Folge wichtige Handlungsfäden für spätere Folgen (und Staffeln) gespannt werden, zeitgleich aber auch teils lahme und unnötige Erzählstränge abgearbeitet werden. Natürlich werden auch darin teils mehr oder weniger bekannte Figuren aus dem Batman-Kosmos und anderer DC-Helden mit eingeflochten, mir kam es jedoch so vor, dass man damit nur die Zeit strecken wollte um auf eine volle 22 Episoden umfassende Staffellänge zu kommen. Weniger wäre daher auch hier eindeutig mehr gewesen. Hätte man sich auf eine Half-Season-Staffellänge mit 12-13 Episoden beschränkt, wäre dies definitiv ausreichend und sogar noch zufriedenstellender gewesen.
An der eigentlichen Haupthandlung gibt es aber definitiv nichts auszusetzen. Die Figuren durchleben im Laufe der Serie eine tolle Entwicklung und es werden auch kontinuierlich neue altbekannte Charaktere eingeführt.

Alles beginnt natürlich mit dem Mord an Bruce Waynes (David Mazouz) Eltern, welcher von der jugendlichen auf der Straße lebenden Waise Selina Kyle (Camren Bicondova) beobachtet wird. Diese gibt dem zum Tatort beorderten aufstrebenden und moralisch integeren Detective James Gordon (Ben McKenzie) Auskunft, dass es kein einfacher Raubmord war, sondern ein gezieltes Attentat. Gordon verspricht Bruce und dessen Butler und jetzigem Erziehungsberechtigten Alfred Pennyworth (Sean Pertwee) daraufhin den Mörder schnellstmöglich dingfest zu machen und ihn seiner gerechten Strafe zukommen zu lassen. Die Ermittlungen führen Gordon und seinen nicht immer mit legalen Mitteln arbeitenden, aber an sich herzensguten Partner Harvey Bullock (Donal Logue) zum Kleinkriminellen Mario Pepper, den Bullock auf der Flucht stellt und tötet. Dessen kleine Tochter Ivy (Clare Foley) musste das Schauspiel jedoch mit ansehen.
Die beiden Polizisten werden daraufhin als Helden gefeiert, doch bald erfahren sie durch den unfreiwilligen Polizeispitzel Oswald Cobblepot, genannt Pinguin (Robin Lord Taylor), einem niederrangigen Gangmitglied der Nachtclubbesitzerin Fish Mooney (Jada Pinkett Smith), die wiederum zum Clan um Gangsterboss Carmine Falcone (John Doman) gehört, dass die Beweise gefälscht waren und Pepper nicht der Mörder der Waynes war. Als Gordon und Bullock Mooney zur Rede stellen wollen, nimmt sie beide gefangen und will sie umbringen lassen. In letzter Minute werden sie jedoch durch Falcone davor bewahrt, als Gegenleistung soll Gordon dafür den Verräter Cobblepot ausschalten. Er bringt es jedoch nicht übers Herz und inszeniert den Mord nur, lässt Bullock aber im Glauben, dass er den Auftrag ausgeführt hat.
Zähneknirschend muss Gordon Bruce Wayne daraufhin Bericht erstatten, dass sie den falschen Mann zur Strecke gebracht und auch keine weiteren Spuren haben. Bruce beginnt deshalb selbst Nachforschungen anzustellen, dabei freundet er sich mit Selina an.
Nach einer Weile taucht auch der Pinguin wieder in der Stadt auf, obwohl Gordon ihm befohlen hatte nicht mehr zurückzukehren. Er nimmt einen Job als Tellerwäscher in einem Restaurant von Falcones Erzrivalen Sal Maroni (David Zayas) an und will sich dort Maronis Vertrauen erschleichen um Falcone und Mooney den Garaus zu machen. …

Gotham 4

Neben den bereits erwähnten Personen werden gleich zu Beginn mit Jim Gordons Freundin Barbara Kean (Erin Richards), dem Leiter der Forensik im Gotham City Police Department Edward Nygma (Cory Michael Smith) (der seinen Kollegen auch gerne mal mit Rätseln und Wortspielen auf die Nerven geht), sowie etwas später dem frisch gewählten Staatsanwalt Harvey Dent (Nicholas D’Agosto) und der Psychiaterin Dr. Leslie Thompkins (Morena Baccarin) weitere wichtige Personen eingeführt.
Zudem bekommt man auch erste, teil kleinste, Ausblicke auf spätere Villains wie Scarecrow, Mr. Freeze, Harley Quinn (?) und natürlich den Joker geboten!

All diesen Charakteren zuzuschauen macht definitiv tierischen Spaß und lässt einen auch großzügig über die bereits erwähnten Drehbuchschwächen hinwegsehen. Zumal auch fast alle Darsteller durchweg grandiose Leistungen auf den Bildschirm zaubern. Allen voran Robin Lord Taylor der als schleimiger, gerissener und zu manipulieren verstehender Pinguin alle anderen gnadenlos an die Wand spielt! Ich würde ihm auf jeden Fall Nominierungen bei den kommenden Emmys und Golden Globes wünschen, auch wenn die Serie als solches dort wohl eher nicht auftauchen wird.
Des weiteren haben mir insbesondere auch Cory Michael Smith als Ed Nygma, der im Laufe der Staffel eine fantastische Entwicklung durchläuft und speziell in den letzten drei Episoden zur absoluten Höchstform aufläuft, Camren Bicondova als Teenie-„Catwoman“ und Sean Pertwee als Alfred gefallen, während Ben McKenzie, Donal Logue und David Mazouz ebenfalls sehr gut agieren, aber noch Luft nach oben besteht.
Der einzige Wermutstropfen und absolute Fehlbesetzung in darstellerischer Sicht ist jedoch Jada Pinkett Smith. Sie agiert dermaßen over the top, dass es einem fast schon körperlich weh tut. Besonders in den gemeinsamen Szenen mit Taylor wird dies besonders deutlich. Natürlich ist auch der Charakter des Pinguins per se schräg angelegt, er versteht es aber die Zwiespältigkeit und die Mischung aus purer raffinierter Bosheit und blanker Panik die seine Figur antreiben gekonnt umzusetzen. Smith hingegen versucht so gekünstelt obercool rüberzukommen, das es oftmals eher an eine misslungene Karikatur von Pam Griers Foxy Brown erinnert. Man muss ihr aber fairerweise zu Gute halten, dass sich ihre Figur im Laufe der Staffel etwas zum besseren wandelt, von gutem Acting ist das aber leider immer noch meilenweit entfernt.

„Gotham“ ist insgesamt betrachtet also eine durchaus gute Serie, zumindest wenn man den leicht trashigen Charakter nach ein paar Folgen geschluckt hat. Gegen Ende hin kann man sie sogar besten Gewissens als sehr gut bezeichnen. Ich freue mich daher schon jetzt auf Staffel 2, verspricht diese sogar noch einen Tacken besser zu werden.

Da bei „Gotham“ die Güteschwankungen der einzelnen Folgen deutlich unterscheidbar sind, bietet sich hier auch eine Punktevergabe nach Einzelepisoden wie sie der geschätzte Kollege Patrick liefert an. Denn es gibt nach einigen schwächeren Folgen zu Beginn doch auch diverse Highlightfolgen.

E01: „Pilot“ 8,5/10
E02: „Selina Kyle“ 7/10
E03: „The Balloonman“ 6,5/10
E04: „Arkham“ 7/10
E05: „Viper“ 7,5/10
E06: „Spirit of the Goat“ 8,5/10
E07: „Penguin’s Umbrella“ 9/10
E08: „The Mask“ 7/10
E09: „Harvey Dent“ 8/10
E10: „Lovecraft“ 8,5/10
E11: „Rogues‘ Gallery“ 8/10
E12: „What the Little Bird Told Him“ 8/10
E13: „Welcome Back, Jim Gordon“ 7,5/10
E14: „The Fearsome Dr. Crane“ 8/10
E15: „The Scarecrow“ 8/10
E16: „The Blind Fortune Teller“ 9/10
E17: „Red Hood“ 8,5/10
E18: „Everyone Has a Cobblepot“ 7,5/10
E19: „Beasts of Prey“ 8/10
E20: „Under the Knife“ 9/10
E21: „The Anvil or the Hammer“ 8,5/10
E22: „All Happy Families Are Alike“ 9/10


USA – 2014/15 – 22 Episoden je 40 Min.
Idee: Bruno Heller
Regie: Danny Cannon, TJ Scott, Eagle Egilsson, Paul Edwards et al.
mit Ben McKenzie, Donal Logue, Robin Lord Taylor, Jada Pinkett Smith, David Mazouz, Sean Pertwee, Camren Bicondova, Cory Michael Smith, Clare Foley, Erin Richards, David Zayas, Morena Baccarin, Drew Powell, John Doman, Zabryna Guevara, Andrew Stewart-Jones, Victoria Cartagena, Richard Kind, Carol Kane, Nicholas D’Agosto, David O’Hara Julian Sands & Cameron Monaghan
Genre: Drama/Krimi/Comicverfilmung

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