Ach Woody Allen: Ich habe zwar noch nicht so viele Filme von ihm gesehen (leider erst jeden ab Match Point) und mir fehlen seine ganzen Klassiker, aber mir fällt auf mit welcher Zielgenaugkeit er auf einen großartigen Film einen schwächeren folgen lässt: Auf den großartigen Match Point folgte der durchwachsene Scoop – Der Knüller; nach dem wieder stärkeren Cassandras Traum drehte Allen in Barchelona Vicky Cristina Barcelona, bei dem ich bis heute nicht weiß, was mir eigentlich an ihm stört, aber irgendwie war der komisch; mit Whatever Works – Liebe sich wer kann kehrte er wieder in seine Heimat New York und dank Larry David wieder zu alten Stärken zurück; und dann… dann kam der unsagbar schwache Ich sehe den Mann deiner Träume, bei dem ich komplett vergessen hatte, worum es eigentlich ging und mich nur dunkel an Josh Brolin, Anthony Hopkins, Freida Pinto und Antonio Banderas erinnern kann, aber nicht mehr, in welchem Zusammengang sie standen. Hier versagte Allen in meinen Augen das erste Mal richtig (wie schon gesagt: Seine ganzen Filme vor Match Point fehlen mir um vielleicht noch schlechtere zu nennen) und ich hatte schon das Gefühl, als ob Allen es verlernt hätte; und dann… dann kam der Film, der sowas wie eine Rückkehr darstellte; auf jeden Fall in Richtig Academy Awards, denn endlich konnte er nach Hannah und ihre Schwestern (1987) wieder den Oscar für das beste Originaldrehbuch entgegen nehmen: Midnight in Paris. Ein zauberhafter Film über Paris, die Anziehungskraft der Vergangenheit und dass selbst große Persönlichkeiten gerne in einer anderen Epoche gelebt hätte, nur nicht in ihrer eigenen. Jetzt also sein 2012er-Film To Rome with Love und irgendwie war klar, dass es ein Schritt zurück sein würde…
Sein Trip nach Rom ist vielleicht nicht so großes Desaster wie Ich sehe den Mann deiner Träume, aber doch verhaspelt sich Allen zwischen seinen kleinen Episode und deckt die volle Skala ab: Von starken Episoden wie die mit dem Bestattungsunternehmer der unter der Dusche sein wahres Talent als Opernsänger offenbart, oder auch die Roberto Benigni-Storyline über die Schattenseite des Ruhms und dass man vorsichtig mit dem sein sollte, was man sich wünscht: Hier funktioniert der Witz von Allen am besten.
Daneben stecken die restlichen Geschichten leider zurück: Die Geschichte mit dem jungen Paar, das die Flitterwochen in Rom verbringt hat genau eine gute Sache zu bieten: Penélope Cruz als Hure, die aus Versehen auf den Frischvermählten angesetzt wurde. Der Rest dümpelt so dahin und auch dieses kleine Aufblitzen von Witz in der Szene mit dem Hotelzimmer-Einbrecher hindert einem nicht daran, für die beiden Figuren nicht wirklich was zu empfinden.
Der für mich schwächste Teil hat gleichzeitig den eigentlich stärksten Cast zu bieten: Alec Baldwin, Jesse Eisenberg, Ellen Page und die wunderbare Greta Gerwig wirken doch etwas verloren mit den Dialogen, die Allen ihnen da in den Mund legt. Vor allem die eigentlich immer sympathisch wirkende Ellen Page verkommt zu einer stereotypischen Figur, dass es fast schon erschreckend ist. Sie hält die berühmten Allen-Monolge und einem als Zuschauer ist es egal; es ist sogar nervig ihr zuzuhören. Ihre ganze Rolle nervt und ich möchte es noch nicht mal Page ankreiden die auch nicht mehr machen kann, als der Rest ihrer Kollegen: Versuchen das Beste draus zu machen. Leider ist aber auch Jesse Eisenberg wieder „nur“ Jesse Eisenberg, Greta Gerwig ist gnadenlos verheizt und bei Alec Baldwin war ich nie ganz sicher, ob seine Rolle überhaupt real ist. Da muss man mal drauf achten: Es ist klar, dass seine Rolle als allwissender Erzähler angelegt ist, der versucht Eisenberg vor der Gefahr, die von Pages Rolle ausgeht zu warnen, aber dabei sind seine Auftritte so dermaßen weltfremd, dass ich manchmal dachte, dass er nur in der Gedankenwelt von Eisenbergs Rolle auftritt. Stichwort: Die Szene bei der Rückfahrt vom Flughafen. Baldwin redet mit einer Deutlichkeit auf Eisenberg ein und lästert richtig gehend, dass ich jede Sekunde auf einen Einwurf von der Rückbank und den beiden Frauen gewartet habe; aber diese unterhielten sich einfach so, als ob nur Eisenberg vorne sitzt. Das fand ich dann doch etwas schwach geschrieben alles.
Aber bevor ich mich selbst in einen Monolog verrenne: To Rome with Love ist ein deutlicher Rückschritt im Vergleich zu Midnight in Paris. Zwar nicht ganz so heftig wie ihn manche Kritikerkollegen gesehen haben, aber doch fehlte da etwas und die Mischung stimmte vorne und hinten nicht.
Zusammengefasst bleibt der Ausflug nach Rom eine zu wilde Mischung und zu unharmonisch wirkt das Gesamtergebnis. Zwei starke Episode retten gerade so einen durchschnittlichen Film, der aber ein schwacher Woody Allen-Film ist.
USA, Spanien, Italien – 2011 – 1 Std. 52 Min.
Regie: Woody Allen
mit Woody Allen, Alec Baldwin und Roberto Benigni
Genre: Komödie