Ein fast perfektes Verbrechen (OT: Bringing up Bobby)

Jetzt muss ich dir also doch den Arsch retten, liebe Milla… und den ganzen Film…

Das Regie- und Autorendebüt von Famke Janssen ist nicht die Vollgrütze, auf die ich mich eingestellt habe, aber hat doch ein großes Manko: Warum zum Henker vergibt man denn die weibliche Hauptrolle an Milla Jovovich? Hatte denn z. B. so jemand wie Lauren Graham – die tausendmal besser in die Rolle gepasst hätte – keine Zeit? Warum musste es ausgerechnet Alice ein?

Vor allem in der ersten Hälfte wird es dann doch überdeutlich, dass Milla Jovovich keine gute Schauspielerin ist und außer mit Waffen rumzuballern und auf den Knien rumzurutschen nichts viel kann. Ihre Olive ist eine nervende und einfältige Person, der man das Sorgerecht für ihren Sohn – trotz aller Mutterliebe – sofort entziehen möchte. Lange Zeit dachte ich mir auch immer, was mir Janssen mit diesem Film jetzt unbedingt mitteilen möchte: Dass wir alle viel mehr wie Bonnie und Clyde leben sollen? Die Geschichte machte von vorne bis hinten keinen Sinn, langweilte und das Spiel von Jovovich war so unfassbar grottenschlecht, dass ich kurz davor war abzuschalten.

Und dann kamen wir zur zweiten Hälfte des Filmes, der eine ganz interessante Wendung mit sich brachte: Olive landete wegen ihrer kriminellen Vergangenheit im Knast und ihr Sohn kommt zu Pflegeeltern. Das interessante daran ist, dass der Vater (dargestellt von Bill Pullman) den kleinen Bobby kurz davor mit dem Auto angefahren hat. Warum er und seine Frau (Marcia Cross, die ich zuerst gar nicht erkannt habe) jetzt den Vormund für Bobby spielen müssen, habe ich ehrlich gesagt vollkommen vergessen. Das ist aber auch nicht der springende Punkt: Der springende Punkt ist der, dass sich der Film ab diesem Zeitpunkt etwas fängt und auch Janssen scheint ihre Hauptdarstellerin etwas besser im Griff gehabt zu haben, denn Jovovich spielt ihre Olive nach ihrem kurzen Knastaufenthalt sehr viel ruhiger. Zwar noch immer weit entfernt von gut, aber eine deutliche Verbesserung zu diesem Trauerspiel in der ersten Hälfte, wo sie teilweise im Nicolas Cage „Bigger than you“-Modus war. Hier entfaltet sich auch der Filmtitel Bringing up Bobby: Nach der Entlassung von Olive werden wir Zeuge wie eine Mutter versucht abzuwägen, was das Beste für ihr Kind ist: Weiter das Leben auf der Flucht, oder das Leben in einer normalen Familie?

Was die Besetzung betrifft: Wie schon gesagt, hätte ich die Rolle von Olive mit jemanden anderem als Milla Jovovich besetzt, aber Bill Pullman und Marcia Cross retten die Ehre des Schauspiel-Cast, aber etwas anderes hätte ich bei den beiden auch nicht erwartet. Erwähnenswert ist auf jeden Fall noch Rory Cochrane, der eine teilweise sehr lustige Performance als einziger wirklicher Freund von Olive hinlegt. Bei ihm sitzen auf die wenigen wirklichen Gags des Films.

Und Famke Janssen? Es gab schon bessere Debüts von Schauspieler hinter der Kamera, aber auch schlechtere. Vielleicht haben die Produzenten von Law & Order: Special Victims Unit ja mal einen Engpass an Regisseuren, da kann man ruhig auf Janssen zurückgreifen. Denn zumindest mit der zweiten Hälfte hat sie – auch wenn gerade so – solide Kost serviert. Nur aus dem deutschen Filmtitel werde ich mal wieder nicht schlau. Aber das ist ja nichts neues…


USA, Großbritannien, Niederlande – 2011 – 1 Std. 31 Min.
Regie: Famke Janssen
mit Milla Jovovich, Bill Pullman und Rory Cochrane
Genre: Tragikomödie, Familie

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