Wer sind die Menschen, die in der Notrufzentrale ans Telefon gehen, Ruhe bewahren und einem im besten Fall das Leben retten? In THE CALL – LEG NICHT AUF! wird die Geschichte von Jordan Turner (Halle Berry) erzählt, die beruflich und privat gefestigt ist, bis ein junges Mädchen per Notruf einen Einbrecher meldet und durch einen Fehler von Jordan aufgespürt und getötet wird.
Von diesem Tag an, wird diese von Schuldgefühlen geplagt, die sich in Albträumen manifestiert haben. Fortan bildet sie „nur noch“ andere Telefonisten aus, bis eines Tages die ca. 16jährige Cassey (Abigail Breslin) aus dem Kofferraum eines unbekannten Autos einen Notruf tätigt und nicht beruhigt werden kann. Die maßlos überforderte Telefonistin wendet ihren Blick zur Ausbilderin Jordan, die zögernd den Anruf übernimmt und ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt….Ganze zwei Jahre soll das Team sich mit der Recherche aufgehalten und tatsächliche Callcenter von der Polizei als Vorlage genommen haben. Großes Plus außerdem sind neben den hervorragenden Darstellungen die authentischen Sets und der Realismus der ersten 70 Minuten.
Besonders viel bildliche Abwechslung bietet der Wechsel zwischen der klaustrophobischen Enge des Kofferraums, in dem das Entführungsopfer Cassey liegt, und dem Callcenter nicht und trotzdem fehlt es dem Film nicht im Geringsten an Spannung. Eher ganz im Gegenteil; der Zuschauer sehnt sich eher nach einer kleinen Atempause, doch die wird eigentlich nicht gewährt.
Dies liegt unter anderem an den schon erwähnten schauspielerischen Leistungen. Abigail Breslin (bekannt geworden durch Litle Miss Sunshine & Beim Leben meiner Schwester) beeindruckt mit einer Furcht und Panik, die kein einziges Mal gespielt wirkt, sondern den Zuschauer mit in die Verzweiflung und den Strudel der Todesangst reißt. Oscarpreisträgerin Halle Berry zeigt nach Monster´s Ball und Things we lost in the Fire ihre wohl beste Leistung und Michael Eklund überzeugt mit einem vielschichtigen Porträt eines Serienkillers, dessen Blicke einem das Blut in den Adern nahezu gefrieren lässt.
Wären da nicht so Kleinigkeiten wie der nahezu grenzenlose Akku, das von einem ganzen Suchtrupp übersehende Handy oder dass Jordan alleine auf Täterjagd geht, könnte man dem Film durchaus eine 8/10 geben, so spannend ist die Parallelmontage zwischen der Ermittlung der Polizei, dem Telefonat zwischen Jordan und Cassey, indem Jordan Cassey immer wieder neue Hinweise über ihren Aufenthaltsort entlockt und den ständigen Wendungen, sowie dramatischen Zuspitzungen inszeniert. Auch kann man über die Realitätsnähe des Endes streiten. Kritische Stimmen betonen eine 180 Wendung der so sorgfältig aufgebauten Charaktere. Ich persönlich finde das Urteil zu hart und kann mir durchaus vorstellen, dass man in solchen grenzüberschreitenden Erfahrungen nicht immer rational handelt und finde es als Gesellschaftskritik sogar eher mutig als verwerflich die Entführung so enden zu lassen. Von daher gibt es an dieser Stelle von mir nur einen minimalen Abzug, indem überraschend guten Gesamtpaket.
Kleines Schmankerl für alle Six Feet Under Fans: Justina Machado liefert in einem Kurzauftritt eine absolut überzeugende Darbietung als Ehefrau des Serienkillers, deren bisheriges Leben mit einem Schlag unter ihren Füßen weggezogen wird!