Bei „Spieltrieb“ handelt es sich um einen Thriller über zwei Schüler, die nach eigenen Regeln mit dem Schicksal von Menschen spielen. Ada, 14 Jahre alt, hochbegabt und hochmütig, geht auf das Ernst-Bloch-Gymnasium. Im Unterricht ist sie unterfordert, von ihren Mitschülern wird sie gemieden oder gemobbt. Nach den Sommerferien kommt Alev in ihre Klasse. Er ist in verschiedenen Ländern aufgewachsen, sieht gut aus und nimmt die Menschen in seine Umgebung für sich ein. In ihm erkennt Ada einen Seelenverwandten. Die beiden Einzelgänger kommen sich näher, Ada verliebt sich in Alev. Er präsentiert ihr seine Theorie: Was Menschen tun, sieht er als Handlung in einem Spiel. Sein Ziel ist es, Menschen zu manipulieren und nach Belieben zu steuern.
Das erste Opfer der beiden wird der Sport- und Deutschlehrer Smutek. Ada verführt ihn in der Turnhalle und Alev filmt sie dabei. Anschließend erpressen die beiden Smutek mit den Aufnahmen. Ihre Forderung: Smutek soll einmal wöchentlich, immer freitags, mit seiner Schülerin schlafen. Es geht Ada und Alev nicht um Geld, es geht um die Freude am Spielen und darum, das Leben anderer zu steuern. Nie ist ganz klar, wer in dieser Dreierkonstellation Täter und wer Opfer ist. Als Smutek sich weigert, weiter mitzuspielen, und Ada klar wird, dass Alev sie nur benutzt, eskaliert das Spiel….Die Geschichte klingt interessant und hat uns letztlich ins Kino geführt, doch was ein spannender Coming of Age-Film mit philosophischen Ansätzen hätte werden können wird leider zur Farce. Fangen wir bei der Besetzung an: Beide Hauptdarsteller haben keine Chemie füreinander und man nimmt die tiefe Liebe von Ada zu Alev einfach nicht ab. Im Grunde sind beide Jungdarsteller mit ihren Figuren schlichtweg überfordert. Alev wirkt wie ein verwöhnter, selbstverliebter, selbstüberschätzter, möchtegernintellektueller Klugscheißer, der hochtrabend Nabokov und Musik zitiert und im Grunde nichts zu sagen hat. Ich kann hier den Lobgesang auf die beiden Darsteller keinswegs aus einigen Kritiken nachvollziehen. Gut getroffen ist allein Maximilian Brückner, der seinen polnischstämmigen Deutsch- und Sportlehrer Szymon Smutek der seine Figur mit einer gehörigen Portion bad ass-Charakter ausstattet, nachdem seine heile Fassade bröckelt.
Leider lässt Regisseur Schnitzler seine Figuren zum Großteil Originalzitate des Buches sprechen. Besonders die Sprache von Ada und Alev wirkt gestelzt und so, als stünden die beiden immer mindestens drei Meter voneinander entfernt auf einer Theaterbühne. Mehr Mut zur Überarbeitung der Dialoge hätte dem Film auf jeden Fall gut getan. Handwerklich hat der Film eine eigene Bildsprache gefunden: Kamera und Szenenbild harmonieren gut – die Atmosphäre ist zugleich idyllisch und bedrohlich.
Recht und Unrecht sind für Ada und Alev zu zwei beliebigen wertfreien Kategorien zerfallen, mit denen zu spielen der einzig spaßversprechende Nutzen ist. Sie begreifen ihr Dasein als Diskursrennen: Gewinnen wird, wer die besseren Argumente hat. Eltern und Lehrer akzeptieren Alev und Ada nicht und auch nicht das Wertesystem, das diese ihnen vermitteln wollen. In „Spieltrieb“ quälen Schüler ihre Lehrer. Sie erteilen den Wertevermittlern unserer Gesellschaft eine Lektion. Hier steckt dann vielleicht doch ein Rest wohldosierter Gesellschaftskritik, doch bis dahin hat man den Film schon abgeschrieben. Zuviel wird geredet, zu schlecht wird gespielt und zuviele unnötige Szenen strecken den Film (Entjungferung Adas mit einem Riesendildo durch den impotenten (!) Alev – ja nee, is klar!) und enden in einem mittelmäßigen Finale, aus dem nur eine Figur gestärkt herausgehen wird und die Andere geläutert zurückbleibt! Schwacher Film aus Deutschland aus dem man viel mehr hätte machen können, allen vorran hätte man Alev sympatischer zeichnen müssen, damit man nachvollziehen kann, warum er so eine manipulaitive Art erst entwickeln kann. Im wahren Leben würde man solche Klugscheißer eher meiden oder verprügeln. Bessere Beispiele für manipulative Charaktere sind „Gefährliche Liebschaften“ und „Eiskalte Engel“. Lieber daran halten und dieses Machwerk meiden.