Anlässlich Peter Bogdanovichs (82) Ableben, möchte ich einer meiner absoluten Lieblingsfilme und vermutlich seinen besten Film diesen Monat ehren! Danke für dieses Juwel, dass in jeden Filmkanon der „Besten Filme aller Zeiten“ gehört meiner Meinung nach und mehr Aufmerksamkeit verdient hat!
Jahr 1951 gibt es nicht viel zu entdecken in Anarene, einem staubigen, windigen Kaff irgendwo in Texas: Ein altes Kino, das „Royal“, am Ende der Hauptstraße, unweit davon „Sam´s Spielsalon“ mit zwei Billardtischen, dann noch der kleine Diner von Genevieve mit der Musikboy in der Ecke. Das war´s. Wenn nicht jeder dort noch einen Pick-up mit Radio besäße oder einen Fernseher, niemand würde bemerken, wenn Annarene die Zeit einmal wirklich einmal stehen bliebe. Kein vielversprechender Ort, wenn man jung ist und das Leben vor einem liegt.
Im Mittelpunkt steht der sensible Sonny Crawford, der die hübsche Jacy, die Freundin seines besten Freundes Duane, begehrt. Jacy spielt die Jungen gegeneinander aus, weshalb sich die Freundschaft der beiden allmählich in Hass wandelt…
Die drei jugendlichen Protagonisten aus Peter Bogdanovichs zweiter großer Regiearbeit aus dem Jahr 1971, für die er viel Kritikerlob und der Film insgesamt 8 Oscarnominierungen erhielt, stehen vor einem Dilemma: Sie sind jung, ihr Herz ist unschuldig und doch ist ihre Zukunft längst vorgezeichnet. Bogdanovich zeigt ihr eintöniges Leben in harten Schwarzweißbildern – eine bewusste Materialwahl gegen den damaligen Trend zum farbigen, kameratechnisch aufwendigen Stil des neuen amerikanischen Films. Er rekonstruiert bis ins kleinste Detail die Welt der 1950er und verwendet eine reduzierte Kameraführung. Basierend auf einfachen Stilmitteln. Es kommen nur wenige, jedoch bewusst gesetzte Großaufnahmen vor. Totalen bestimmen das Bild, typisch für den Western und die Suche nach dem großen, alles rettendem Himmel. Gehuldigt werden hier Vorbilder wie Howard Hawks und John Ford, aber auch Alfred Hitchcock. Jedem Element des Films kommt eine Bedeutung zu, nichts geschieht zufällig.
Die Country- und Folksongs von Tony Bennett und anderen Countrygrößen wirken dabei wie ein schlechtes Wiegenlieg auf die Tritesse und Einöde. Wenn man jedoch denkt, dieser Film wirkt dadurch langweilig, der irrt, denn diese Hommage an die Tristesse ist, wenn man sich drauf einlässt, durch ihre Ehrlichkeit und durch die Genauigkeit ihrer Charakterzeichnungen absolut fesselnd und trifft den Zuschauer Mitten ins Herz.
Sonny fängt ein Verhältnis mit Ruth (Oscar für Cloris Leachman) an, der verhärmten einsamen Frau des Sportlehreres. Eine Verführungsszene ohne Verführung, die auf sehr eindringliche Weise inszeniert wurde. Sie kommen ins eheliche Schlafzimmer, entkleiden sich jeder für sich in einer Ecke, ängstlich, schamhaft, voneinander abgewendet, als teilten sie einen öffentlichen Umkleideraum. Dann steigen sie ins Bett und schlafen miteinander, ohne dass sie die Welt um sich herum ausblenden können. Im Knarren und Quietschen des Bettgestells geht der traurige Versuch einer Annäherung unter.
Ein Einziger in dem Ort scheint im Leben angekommen zu sein: Sam, der Löwe (Ben Johnson, der den Oscar als „Nebendarsteller“ erhielt). Er betreibt das Kino und den Spielsalon, ist ein Cowboy des alten Westens und moralische Mentor für die Jugendlichen, vor allem für Sonny. Seine Lebensphilosophie stammt aus einer Zeit, in der Ideale noch etwas galten.
„The Last Picture Show“ ist ein melancholischer Film, der die Diskrepanz zwischen der Lebenswirklichkeit der Protagonisten und deren Sehnsüchten auf eindrückliche Weise filmisch verarbeitet und zudem die Trostlosigkeit hinter der Fassade des scheinbar zufriedenen Dorflebens offenbart.
Außerdem problematisiert der Regisseur Auseinandersetzungen, denen sich wohl ein jeder Heranwachsender stellen muss- so wird beispielsweise der geistesbehinderte Billy von den anderen Jungen stets verhöhnt, weshalb Sonny, der einerseits von seinen Freunden geachtet werden will, sich jedoch andererseits Billy gegenüber verpflichtet fühlt, mit sich selbst in Konflikt gerät.
Die letzte Vorstellung“ ein hervorragendes Drama, das die „coming of age“- Thematik gekonnt mit einer unverklärenden Nachempfindung des Zeitgeistes der 1950er Jahre und der Analyse der Abgründigkeit des kleinbürgerlichen Lebens verbindet und dabei mit sensationellen Darstellungen aufwartet. Neben den 4 Nominierten Darstellern: Jeff Bridges, in einer seiner ersten Rollen, Ellen Burstyn, Cloris Leachman und Ben Johnson, hätten auch Timothy Buttoms und Eileen Brennan Nominierungen verdient gehabt. Cybill Shepard soll auch nicht unerwähnt bleiben, auch wenn sie bei der enormen Leistung des gesamten Casts eher eine durchschnittliche Leistung abgeliefert hat. Für viele ist Kubricks gewagter „A Clockwerk Orange“ der eigentliche „Beste Film“ von 1971, anstelle von Friedkins „French Connection“. In seiner Vollkommenheit überragt für mich allerdings „Die letzte Vorstellung“ diesem noch um eine Nuance und ist mein persönlicher Sieger. Dieses zeitlose Meisterwerk sollte in keiner DVD-Sammlung fehlen und sei schon rein aus inszenatorischer und schauspielerischer Sicht absolut zu empfehlen.