Grace Of Monaco

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Auf diesen Film habe ich mich seitdem bekannt wurde, dass er in Planung ist, gefreut wie ein kleines Kind. Immerhin geht es hier um eine der schillerndsten Persönlichkeiten des letzten Jahrhunderts, die auch noch ausgerechnet von einer meiner Lieblingsschauspielerinnen verkörpert wird und zudem noch nie filmisch porträtiert wurde. Umso entsetzter war ich, dass die Kritiken als Eröffnungsstreifen bei den Filmfestspielen von Cannes vernichtend waren. Und nach der Sichtung muss ich sagen: Ich kann diese einhellig-negative Wahrnehmung beim besten Willen nicht nachvollziehen. Und nein, das liegt mit Sicherheit nicht nur daran, dass ich Nicole Kidman vergöttere! Eine allumfassende Katastrophe sieht mal ganz anders aus!

„Grace Of Monaco“ ist, wie insbesondere der bereits für das gelungene Drama „La Vie En Rose“ verantwortlichen Regisseur Dahan vehement betont, kein Biopic im eigentlichen Sinne. Auch zu Beginn wird sofort darauf hin gewiesen, dass „dieser Film eine fiktive Erzählung, inspiriert von einer wahren Geschichte“ ist. Wir finden hier eher die psychologische Beleuchtung einer Frau vor, die zwischen royalem Pflichtgefühl und persönlichen Bedürfnissen hin- und hergerissen ist. Skizziert wird nämlich einerseits nur eine relativ überschaubare Phase des Lebens der Fürstin, genauer gesagt, nur ein Jahr, beziehungsweise eine Zeit des politischen Umbruchs, in welcher Monaco unter dem Hegemoniestreben des benachbarten großen Bruders Frankreich zu leiden hatte. Kritisiert wurde in allen Rezensionen, dass der Film historisch jedweder Grundlage entbehre. Als Geschichtsstudent muss ich natürlich gestehen: Ja, in der Tat sind wohl viele Einzelheiten der Handlung frei erfunden oder massiv überspitzt, doch die Macher erheben eben auch keinen Anspruch darauf, dass es anders wäre – im Gegensatz zu den meisten anderen Historienfilmen.

Dass das Drehbuch dennoch der unnegierbare Schwachpunkt des Anderthalbstünders ist, stelle ich nicht in Abrede. Es hat mich beispielsweise sehr gestört, dass es in der ersten Hälfte so herüberkam, als wäre zwischen Rainier und Grace keinerlei Liebe gewesen oder die Charaktere etwas schemenhaft gezeichnet worden sind und auch das Komplott der Fürstenschwester, die den Thron anvisierte, war unsinnig und hätte weggelassen werden sollen. Im Gegenzug dazu gab es auch unzählige Szenen, die verifiziert sind, beispielsweise, dass Grace Französisch- und Geschichtsunterricht bekommen hat, um sich mit Monaco vertraut zu machen. Gleiches trifft auf den Gesamtrahmen zu, denn die politischen Zerwürfnisse mit dem „großen Bruder“ fanden genau in dieser Form statt. Monaco ist von jeher ein Prestigestaat und eben kein Machtort. Zudem war Frankreich unter De Gaulle für die staatliche und wirtschaftliche Autonomie tatsächlich, wie dargestellt, die personifizierte Apokalypse. Jene, die behaupten, dass ALLES an dem Film falsch sei, sollten also noch mal einen Aufrischungskurs besuchen…

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Daneben gab es unzählige und insgesamt überwiegende Aspekte, welche man loben könnte, wenn man denn will! Sowohl die alltäglichen als auch opulenten Kostüme waren hervorragend gestaltet und ein echter Augenschmaus, ähnlich bewerte ich Szenenbild und Make-Up, welche sicherlich ein paar filmische Nominierungen verdient hätten. Hinzu kam eine effektvolle Kameraarbeit, die gerade die Emotionen der Protagonistin perfekt einfingen. (Ich bin im Übrigen sehr dankbar darüber, dass Kidman scheinbar erst nach dem Dreh wieder mit Botoxbehandlungen begonnen hat.) Darüber hinaus gefiel mir auch die abwechslungsreiche, stets passende Filmmusik von Christopher Gunning ausgesprochen gut. Bezüglich der visuellen und akustischen Gestaltung kann ich beim besten Willen nichts kritisieren, auch wenn man ja dazu neigen müsste, sich der Massenmeinung anzuschließen.

Nicole Kidman bietet in dieser herausfordernden Rolle eine großartige Leistung. Sie ist zwar darstellerisch nicht so gut und präsent wie in „The Hours“, „Moulin Rouge“ oder „Rabbit Hole“, doch ich nahm ihr im Kontrast zu Naomi Watts in „Diana“ durchgängig ab, dass sie (wie sie selbst sagt) mit ganzem Herzen bei der Sache war. Facettenreichtum und Authentizität würde ich ihr zweifellos auch im konkreten Fall attestieren, weil sie es geschafft hat, die emotionale Zerrissenheit, doch gleichermaßen die charakterliche Entwicklung glaubhaft zu transportieren. Auch Tim Roth bot meines Erachtens eine überzeugende Vorstellung und kam dem Original in Mimik und Gestik äußerst nahe. Frank Langella spielte in Ordnung, blieb mir jedoch in der Gesamtheit etwas zu unterfordert, gerade weil seine Rolle eine äußerst wichtige Funktion hatte. Darüber hinaus gefiel mir besonders Geraldine Somerville, bekannt als Harry Potters Filmmutter, auch wenn diese Figur wirklich absolut übertrieben worden ist. Die Darsteller von Maria Callas und Alfred Hitchcock gaben ihr Bestes, überzeugten aber aufgrund der ebenfalls übersteigerten Charakterzeichnungen insgesamt weniger. Dennoch empfand ich auch das Ensemble trotz einiger schwacher Glieder keinesfalls als den prophezeiten Supergau.

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Somit muss ich resümierend folgendes sagen: Ich bin absolut irritiert davon, dass die unübersehbaren überzeugenden Aspekte von den Kritikern nicht gesehen worden sind. Sicherlich wurde es hier mit handlungsbezogenen Autarkien übertrieben, was den größten Schwachpunkt bildete und auch ich hätte mir stellenweise eine wirkliche Filmbiographie gewünscht, doch insgesamt gab es weitaus mehr lobend anzuerkennen als anzuprangern. Zwar kann ich auch verstehen, dass die monegassische Fürstenfamilie dem Porträt nicht viel abgewinnen kann, doch vielleicht liegt das ja auch daran, dass in den erzählerischen Freiheiten doch ein klein wenig mehr Wahrheit liegt als propagiert. Es ist auf jeden Fall kein Meisterwerk, doch sehenswert ist „Grace Of Monaco“ in meinen Augen nichtsdestotrotz, auch wenn der Film eben nur als Charakterstudie funktioniert und nicht als Historiendrama.


USA / F – 2013 – 1 Std. 43 Min.
Regie: Olivier Dahan
mit Nicole Kidman, Tim Roth, Frank Langella, Parker Posey, Milo Ventimiglia, Derek Jacobi, Paz Vega, Geraldine Somerville, Roger Ashton-Griffiths, André Penvern
Genre: Biographie, Drama

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