Who Am I – Kein System ist sicher

Who am I

Nach den schon fast unertragbaren HERCULES und THE MAZE RUNNER endlich wieder ein Film der Mal etwas wagt. Dass WHO AM I ausgerechnet aus Deutschland kommt ist dann noch umso erstaunlicher. DENN man sieht ihm es dem neusten Werk von Lammbock-Regisseur Baran Bo Odar seine Herkunft nicht an und bis auf M`Barek, hat man Gott sei Dank auf das Mitmischen von Schweighöfer und Schweiger verzichtet.

Warner Bros hat sich übrigens bereits die Rechte für ein US-Remake gesichert, dass kam zuletzt vor etlichen Jahren vor. Doch kann WHO AM I den Lorbeeren gerecht werden oder handelt es um ein überschätztes nettes Filmchen ohne Mehrwert?

Der Außenseiter Benjamin (Tom Schilling) ist ein Computer-Hacker. Sein Leben findet in der virtuellen Welt des Netzes statt. Hier lernt er auch den charismatischen Max (Elyas M’Barek) kennen und seine Kumpel Stephan (Wotan Wilke Möhring) und Paul (Antoine Monot Jr.). Gemeinsam gründen sie das Hacker-Kollektiv CLAY (für „Clowns Laughing At You“), mit dem sie durch Spaß-Aktionen die Aufmerksamkeit der Netzgemeinde auf sich ziehen wollen. Doch neben dem schnell erreichten Kultstatus unter Netzaktivisten, kommt es filmtypisch auch zum tiefen Fall, als sich die Gruppe plötzlich auf den Fahndungslisten der Polizei und der Geheimdienste wiederfinden, repräsentiert in Gestalt der Ermittlerin Hanne Lindberg (Trine Dyrholm). Schon bald gilt Benjamin als einer der meistgesuchten Hacker der Welt.

Who am I 2

Die Handlung ist nicht originell, aber ansprechend. Hinzu kommt ein wuchtiger Soundtrack von Boys Noize, der es in sich hat, auch wenn ganz eindeutig für die ruhigen Piano-Momente bei „Hand Covers Bruise“ aus THE SOCIAL NETWORK nahezu 1 zu 1 stibizt wurde. Zusammen mit den schnellen Schnitten, der sehr guten Kameraführung und dunklen Bildkompositionen wird eine recht düstere Stimmung gezeigt, die wunderbar zur Thematik passt und sich mit guten Hollywood-Produktionen messen lassen. Tom Schilling nuschelt mir persönlich zwar oft ein wenig zu stark ins Mikro, aber er hat nicht zuletzt in OH BOY bewiesen was für ein begnadeter Schauspieler er ist und stellt dies in WHO AM I erenut eindrucksvoll unter Beweis. Neben ihm weiß sich Wotan Wilke Möhring am Besten in Szene zu setzen, wenngleich sein Charakter eindimensional bleibt. M´Barek gibt wieder mal eine Variation seiner eigenen Persönlichkeit von sich, aber dies stört bei George Clooney auch Niemanden und es passt auch recht gut in die Figur, die er hier verkörpert, wobei ich mir ein nicht so bekanntes Gesicht für die Rolle lieber gewünscht hätte, wenngleich der Film an den Kinokassen dann wohl gefloppt wäre. Er ist momentan ein Publikumsmagnet, ob man das nun gut heißen mag oder nicht. WHO AM I hat dementsprechend in der ersten Woche die Pole-Position der deutsche Kinocharts angeführt.

Leider wieder mal gar nicht gefallen hat mir Hannah Herzsprung, die ja immer als neue deutsche Hoffnung gilt, doch ich kann ihr darstellerisch, optisch undwas ich bisher von ihr als private Person so mitbekommen habe, rein gar nichts abgewinnen. Auch war von Anfang an klar, dass ihre Figur nur eine einzige Funktion im Film haben wird, die dann auch genauso eintraf. Ärgerlich! An den schemenhaften Figurenzeichnungen hätte man durchaus noch einiges an Arbeit aufwenden können, denn es fehlt ihnen einfach an Tiefe. Leider bleibt auch die Hauptfigur Benjamin die meiste Zeit zu unsympatisch, um Empathie auszulösen, auch wenn er die einzige Figur bleibt, von der man auch die soziale Herkunft und in den Werdegang blicken kann . Unsympatische Protagonisten haben in der Regel das Problem, dass der Ottonormalverbraucher nicht mit ihnen mitfiebert. So bleibt Benjamin die meiste Zeit als Hacker als Identifikationsfigur unnahbar, auch wenn Schilling sein Bestes gibt, ihm sympatische Züge zu verpassen.

Nichtsdestotrotz ist WHO AM I ein sehr ansehlicher Film geworden, der sich vor allem in der letzten halben Stunde inhaltlich und inszenatorisch nochmal um ein Vielfaches steigert und ein positiver Gesamteindruck bestehen bleibt. Auch wenn die Wendungen vielleicht für den Einen oder Anderen etwas weit her geholt sein dürfte, läuft WHO AM I in der Schlussphase inhaltlich, inszenatorisch und darstellerisch zur Höchstform auf. Auch kann hier die unnahbare Ermittlerin im Zusammenspiel mit Schilling punkten.
Auch positiv möchte ich die Untergrund-Sequenzen betonen, welche die Hackersprache und die Figurenkonstellationen für das Publikum veranschaulicht und eine ansprechende Eigendynamik entwickelt.

Zugegeben man hätte den Film an einigen Punkten besser machen können, doch zwischen dem ganzen Einheitsbrei sticht WHO AM I dann doch sehr positiv heraus. Vor allem im letzten Drittel überschlagen sich die Ereignisse derart, dass man gar von einem „Mindfuck“ (a la FIGHT CLUB) sprechen kann und der in einem deutschen Film eine Rarität sein dürfte. Für einen unterhaltsamen Kinoabend schon sehr empfehlenswer und  der Soundtrack könnte Kultstatus erhalten. Mehr von solchen deutschen Filmen bitte!

D 2014 - 105 Minuten Regie: Baran Bo Odar Genre: Thriller / Drama Darsteller: Tom Schilling, Elyas M´ Barek, Wotan Wilke Möhring, Hannah Herzsprung, uva.
D 2014 – 105 Minuten Regie: Baran Bo Odar Genre: Thriller / Drama Darsteller: Tom Schilling, Elyas M´ Barek, Wotan Wilke Möhring, Hannah Herzsprung, uva.
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