Meine „Ein-Absatz-Kritiken“ (April & Mai 2015)

0

African Queen (OT: The African Queen)

1

Vier Oscarnennungen in Hauptkategorien erntete eine in Tansania angesiedelte, britische Literaturverfilmung der frühen 1950er, die in ausgewogenem Maße sowohl Komödie, Drama, Historienporträt, Abenteuer als auch altbewährte Romanze ist und einen noch heute sehenswerten, kurzweiligen zwischengeschlechtlichen Schlagabtausch impliziert. Im Besonderen zeichnet sich Hustons zehnte Regieführung durch ein, sich fortwährend an dem Auf und Ab der Flussfahrt der wurmstichigen „African Queen“ orientiertes Erzähltempo sowie geschliffene Dialoge aus und die anmutig fotografierten, blendend farbenfrohen Naturaufnahmen inmitten der afrikanischen Wildnis trösten über gelegentlich auftretende Ruhephasen hinweg. Zwar sind die antideutschen Tendenzen eine Spur zu augenscheinlich geraten, weil der Zweite Weltkrieg gerade erst sechs Jahre zuvor seinen Endpunkt fand, dennoch liegt der Fokus primär auf der sich ungewöhnlich entwickelnden Beziehung der grundverschiedenen Protagonisten. Katherine Hepburn erhielt für die Verkörperung einer erneut zeittypisch überaus resoluten, fast schon unsinnlichen Frauenfigur ihre fünfte von insgesamt zwölf Oscarnominierungen und speziell die darstellerische Chemie im Zusammenspiel mit dem ideal besetzten Raubein Humphrey Bogart mit weichem Kern hätte kaum charismatischer und kraftvoller ausfallen können. Obwohl ich in der betreffenden Saison bekanntlich Marlon Brandos Performance in „Endstation Sehnsucht“ als die gelungenste der Männer erachte, hat der verspätete Oscar für Bogart aus meiner Sicht als Würdigung dieser facettenreichen Darstellung und seines Lebenswerkes in Gänze eine versöhnliche Berechtigung. Dass von der Romanvorlage bis heute keine Neuadaption produziert wurde, dürfte letzten Endes für die unvergängliche Qualität des Klassikers sprechen, den jeder Filmliebhaber zumindest einmal gesehen haben sollte.

UK 1951 - 105 Minuten Regie: John Huston Genre: Abenteuer / Romanze / Historienfilm Darsteller: Humphrey Bogart, Katharine Hepburn, Robert Morley, Peter Bull, Theodore Bikel, Walter Gotell
UK 1951 – 105 Minuten
Regie: John Huston
Genre: Abenteuer / Romanze / Historienfilm
Darsteller: Humphrey Bogart, Katharine Hepburn, Robert Morley, Peter Bull, Theodore Bikel, Walter Gotell

BloodRayne

2

Uwe Boll hat sich in den letzten zwanzig Jahren als Regisseur mit eisenharter Konsequenz einen zweifelhaften Ruf erarbeitet, doch ich hätte vorab in der Tat nicht erwartet, dass er seinen Status als einer der schlechtesten, derzeit tätigen Filmemacher in der Tat nicht von ungefähr besitzt. Einzig und allein mein Selbstanspruch, Produktionen generell nicht mit einer 1/10 zu bewerten, da dies aus meiner Sicht für absolute Leistungsverweigerung stehen würde sowie meine tiefe Verehrung für Ben Kingsley verhindern, dass ich ebendiese Bepunktung erstmals zücke, denn ich habe wirklich selten etwas Schrecklicheres erdulden müssen als den computerspielbasierten Vampirfilm „BloodRayne“. Neben einer hirnrissigen, bluttriefenden und energielosen Geschichte auf der Grundlage eines schmerzhaft dialogisierten Wischs, den man schwerlich als Drehbuch bezeichnen kann, schockieren vor allem die vielleicht stümperhaftesten Schnitt- und Kameraarbeiten der jüngeren Geschichte, sowie ein Sammelsurium an baumartig hölzernen Schauspielern und Statisten, die jeweils gleich drei oder vier Mal dahingemetzelt werden dürfen. Unfreiwillig lächerlich wirken vor allem Kristanna Loken als einfach nur lachhafte Emanze sowie ein scheinbar nahe am Delirium zu lokalisierender Michael Madsen, die beide nur einen Gesichtsausdruck offerieren und darüber hinaus in seltsamste Faschingskostüme und unechte Masken gezwängt wurden und insbesondere Kingsley und Zane sieht man die Scham über das Engagement förmlich in den Augen an. Hartgesottene PC-Spiel-Fans mögen „BloodRayne“, den man seine immensen Fertigungskosten optisch keineswegs ansieht, vielleicht etwas abgewinnen können, für mich ist es jedoch nichts als dilettantisch inszenierter, unspannender Trash der aller-aller-schlimmsten Sorte, der nicht einmal zum Lachen animieren kann und glücklicherweise „nur“ anderthalb komplett sinnfreie Stunden füllte.

USA / D 2005 - 94 Minuten Regie: Uwe Boll Genre: Horror / Action Darsteller: Kristanna Loken, Michael Madsen, Matthew Davis, Ben Kingsley, Udo Kier, Meat Loaf, Michael Paré, Billy Zane, Michelle Rodríguez, Daniela Nane
USA / D 2005 – 94 Minuten
Regie: Uwe Boll
Genre: Horror / Action
Darsteller: Kristanna Loken, Michael Madsen, Matthew Davis, Ben Kingsley, Udo Kier, Meat Loaf, Michael Paré, Billy Zane, Michelle Rodríguez, Daniela Nane

Dead Man Walking – Sein Letzter Gang (OT: Dead Man Walking)

3

Lediglich drei Mal wagte sich Oscarpreisträger Tim Robbins bis dato auf den Regiestuhl, was gerade angesichts von „Dead Man Walking“, der bereits sein zwanzigjähriges Jubiläum feiert, als bedauerlich zu erachten ist, denn dieses Drama hat nichts von seiner erzählerischen, inhaltlichen und darstellerischen Qualität eingebüßt. Mit dem vierfach für den begehrtesten Filmpreis der Welt vorgeschlagenen Drama, das ich erstmals im Rahmen des Englisch-Unterrichts sehen durfte, ist in erster Linie ein außerordentlich vielschichtiger Appell gegen die Todesstrafe sowie die damit oft verbundene, juristische Willkür entstanden, welcher in seiner Intention jedoch multiperspektivisch angelegt worden ist, indem sowohl Argumenten dafür als auch dagegen ausreichend Raum zugestanden wird. Neben feinfühlig eingesetzten, Gestaltungselementen wie der subtilen Kameraarbeit, einem Wechsel zwischen Licht und Schatten und einer sich angenehm unterordnenden Filmmusik beeindrucken vor allem viele der greifbaren Wortwechsel, die nicht nur berühren, sondern auch wichtige Denkanstöße im Hinblick auf das Ringen mit Gott und das Erlangen von Reue liefern, gleichermaßen geriet auch die Chronologie des lange Zeit unklaren Tathergangs nie ins Abseits. Im fünften Anlauf erhielt Susan Sarandon endlich die hochverdiente Oscarstatuette, und man kann dankbar sein, dass sie diese genau für die karrierekrönende Verkörperung der humanitären, zwiegespaltenen Nonne erhalten hat und Sean Penn liefert analog zu Sarandon die aus meiner Sicht facettenreichste, anspruchsvollste Performance seiner von Seiten der Academy bedachten Filmauftritte. Wenngleich eine Kürzung um wenige Minuten eventuell nicht geschadet hatte, stellt dieser Film dennoch eine aufwühlende und äußerst stimmige Charakterstudie voll von sozialer Relevanz dar.

USA 1995 - 122 Minuten Regie: Tim Robbins Genre: Justizdrama / Kriminalfilm Darsteller: Sean Penn, Susan Sarandon, Robert Prosky, Raymond J. Barry, R. Lee Ermey, Celia Weston, Lois Smith, Scott Wilson, Clancy Brown, Peter Sarsgaard, Roberta Maxwell, Jack Black
USA 1995 – 122 Minuten
Regie: Tim Robbins
Genre: Justizdrama / Kriminalfilm
Darsteller: Sean Penn, Susan Sarandon, Robert Prosky, Raymond J. Barry, R. Lee Ermey, Celia Weston, Lois Smith, Scott Wilson, Clancy Brown, Peter Sarsgaard, Roberta Maxwell, Jack Black

Der Fremde Sohn (OT: Changeling)

4

Ein weiteres Meisterstück vor judikativem Hintergrund finden wir in einem auf wahren Ereignissen beruhenden Drama, das einen nicht nur dank seiner famosen Hauptdarstellerin innerhalb einer der stärksten Jahre weiblicher Performances mitten ins Mark trifft. Selten zuvor oder danach saß das Publikum in meinem Beisein im Kinosaal derart lange absolut regungs- und wortlos während des Abspanns im Saal. In „Der Fremde Sohn“ porträtiert Eastwood nicht nur einen unbegreifliche Straftat und den Kampf einer verzweifelten, sich gegen alle Widerstände emanzipierenden Mutter um ihren verschwundenen Sohn trotz der dramaturgischen Schonungslosigkeit mit ungeahnt geschicktem Fingerspitzengefühl und Intelligenz, sondern verwebt dies mit Aspekten wie Korruption in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und den (teilweise noch heute) unhaltbaren Zustände in Psychiatrien, wodurch überdies Parallelen zur Gegenwart zutage gefördert werden. Man muss dankbar sein, dass man auf Sentimentalität in Form eines konstruierten Happy Ends verzichtet hat und die Dialoge sich eher durch Realismus als Pathos auszeichnen, stattdessen bildet die minimal zu lang geratene Laufzeit den einzigen, gleichwohl verzeihbaren Makel inmitten eines involvierenden Historienfilms, der überdies durch zeittypische Requisiten sowie eine eigenwillige und daher involvierende Kameraführung punktet. Die auch im Privaten als Übermutter anzusehende Angelina Jolie lieferte die überzeugendste Darstellung ihrer Kariere, passte perfekt in die psychologisch fein gezeichnete Hauptrolle und ließ das Publikum in beeindruckend couragierter Weise an ihren tiefempfundenen, äußeren und innersten Gefühlsregungen teilhaben, zudem bereichern John Malkovich, Michael Kelly und ganz besonders Jason Butler Harner für den Part des geistesgestörten Gordon Northcott das fantastische Ensemble. Für mich ist dies – auch wenn es vielleicht so manche Person empören dürfte – Eastwoods mit Abstand gewinnbringendste Produktion und eine nachwirkende Parabel für Hoffnung und gegen staatliche Unterdrückung, welche weit mehr als drei Oscarnominierungen verdient gehabt hätte und in absolut keinem Vergleich zu dem Schund steht, den er dem Publikum jüngst mit „American Sniper“ zukommen lassen hat.

USA 2008 - 140 Minuten Regie: Clint Eastwood Genre: Historiendrama / Kriminalfilm Darsteller: Angelina Jolie, John Malkovich, Jeffrey Donovan, Michael Kelly, Colm Feore, Jason Butler Harner, Amy Ryan, Geoffrey Pierson, Denis O’Hare
USA 2008 – 140 Minuten
Regie: Clint Eastwood
Genre: Historiendrama / Kriminalfilm
Darsteller: Angelina Jolie, John Malkovich, Jeffrey Donovan, Michael Kelly, Colm Feore, Jason Butler Harner, Amy Ryan, Geoffrey Pierson, Denis O’Hare

Der Gott Des Gemetzels (OT: Carnage)

5

Abseits fragwürdiger Schlagzeilen der letzten Jahre hat Roman Polański in inzwischen betagtem Alter bewiesen, dass er noch immer in der Lage ist, aus einer fantastischen Vorlage, in konkretem Fall einem vielgerühmten Theaterstück auf engstem Raum, das Maximum herauszukitzeln, denn sein vortrefflich titulierter, zwanzigster Spielfilm kann sehr wohl als Spiegel der modernen Gesellschaft angesehen werden, die allem Anschein nach stets und ständig danach strebt, sich gegenseitig Kontra zu geben. Auf inszenatorischer Ebene ähnlich schlicht wie das Theaterstück, brilliert die bewusst abrupt endende Verfilmung neben den vier Akteuren nahezu im Alleingang durch ihre messerscharfe Dialogisierung, welche eine Fülle an hochintelligenten, einfallsreichen, pointierten und nicht zuletzt demaskierenden Gags in sich trägt. Ausgehend von einem sachlichen Gespräch bröckelt die Fassade der Weltbürger rasch, sodass folglich jede vorstellbare Form zwischenmenschlicher Brandherde an die Oberfläche tritt und man sich als Zuschauer zumindest in Teilen in einer Person wiederfinden kann. Gerade die realistischen, paarübergreifenden Bündniswechsel im Hinblick auf die dargelegte, eheliche Frustration, den Medieneinfluss und die konträren Erziehungsstile sorgen dafür, dass man zwischenzeitlich Tränen lachen konnte. Die vier Schauspieler trieben sich im Zusammenspiel zu Höchstleistungen an und agieren konsequent auf Augenhöhe, bleiben trotz überzeichneter Züge stets authentisch und fordern es überdies geradezu heraus, Partei zu ergreifen. Bedauerlich ist daher, dass nicht allen zumindest eine berechtigte Globe-Nominierung zuteilwurde und dies einer der letzten Auftritte von Jodie Foster vor der Kamera sein dürfte, da sie sich zukünftig auf die Regietätigkeit beschränken will, doch mit dieser ekstatischen Rolle setzte sie nochmal ein beeindruckendes Statement, doch auch Waltz, Winslet und Reilly liefern hier allesamt Sensationelles ab. An das Meisterwerk „Wer Hat Angst Vor Virginia Woolf?“ reicht diese Neuinterpretation eines sarkastischen Kammerspiels vielleicht nicht ganz heran, doch sie stellt für mich nichtsdestoweniger die beste schwarze Komödie des neuen Jahrtausends dar, die so kurzweilig wie bissig ist und sowohl im Theater, im Kino als auch vor dem Fernseher immer wieder köstlich unterhält.

USA / F / D / PL 2012 - 80 Minuten  Regie: Roman Polański Genre: Schwarze Komödie / Kammerspiel / Satire Darsteller: Kate Winslet, Christoph Waltz, Jodie Foster, John C. Reilly
USA / F / D / PL 2012 – 80 Minuten
Regie: Roman Polański
Genre: Schwarze Komödie / Kammerspiel / Satire
Darsteller: Kate Winslet, Christoph Waltz, Jodie Foster, John C. Reilly

Der Letzte Mohikaner (OT: The Last Of The Mohicans)

6

Möglicherweise hat mir dieser kürzlich zum allerersten Mal gesehene Abenteuerfilm nicht besonders gut gefallen, weil ich bereits der gleichnamigen, literarischen Vorlage in jungen Jahren wenig abgewinnen konnte und ich andererseits auch kein übermäßig großer Anhänger von Leinwandproduktionen über indigene Bevölkerungsgruppen bin. Obschon eine filmische Katastrophe auf allen Ebenen dann doch etwas anders aussieht, war ich angesichts eines Schwalls an euphorischen Rezensionen doch sehr enttäuscht, denn abgesehen von einem gewohnt souveränen, wenn auch ein wenig unter seinen Möglichkeiten bleibenden Daniel Day-Lewis, interessant fotografierten, aufwendig gefertigten Szenerien und einer durchaus hörenswerten, musikalischen Untermalung bietet Manns Literaturadaption unglücklicherweise erschreckend wenig, um sich mit anderen Geschichtsporträts der Zeit messen zu können. Es fehlt sowohl an inhaltlichem Fluss, charakterlich-reflektierter Tiefe als auch an einer fassbaren Intention, sodass einem die Akteure inmitten des kriegerischen Settings der Frühen Neuzeit fortwährend entfernt und fremd bleiben sowie des Weiteren die wertvolle Option, reaktionär-gesellschaftliche Denkweisen in Angloamerika zu korrigieren, leider vertan worden ist. Hinzu gesellen sich wiederholt klischeebeladene Dialoge, augenscheinlich aus dem Roman übernommene historische Lücken und eine unbeholfene, eingepresst anmutende Liebesgeschichte, die primär aufgrund fehlender Darstellerchemie so gar nicht zünden will, denn die übrigen Schauspieler zeigen allesamt keine Glanzleistungen. Was genau zum Oscargewinn für den besten Ton geführt hat, konnte sich mir letztlich auch nicht wirklich erschließen. Anders als erwartet, hat „Der Letzte Mohikaner“ seine Möglichkeiten nur in äußersten Ansätzen ausgeschöpft und dürfte das Gedächtnis von all jenen, die sich nicht als Fans des Sujets bezeichnen, recht schnell wieder verlassen.

USA 1992 - 108 Minuten Regie: Michael Mann Genre: Historiendrama / Abenteuer Darsteller: Daniel Day-Lewis, Madeleine Stowe, Russell Means, Eric Schweig, Jodhi May, Steven Waddington, Wes Studi, Maurice Roëves, Sebastian Roché, Tracey Ellis, Pete Postlethwaite
USA 1992 – 108 Minuten
Regie: Michael Mann
Genre: Historiendrama / Abenteuer
Darsteller: Daniel Day-Lewis, Madeleine Stowe, Russell Means, Eric Schweig, Jodhi May, Steven Waddington, Wes Studi, Maurice Roëves, Sebastian Roché, Tracey Ellis, Pete Postlethwaite

Der Tödliche Schwarm (OT: The Swarm)

7

Unlängst stieß ich auf eine Auflistung von Werken, die als die „schlechte Filme, die man gesehen haben muss“, angepriesen wurden, worunter sich ein Horrorvertreter befand, dessen Titel in der Tat Schlimmes erahnen ließ, obwohl einem die Darstellerriege im Gegenzug wie ein Hauptgewinn vorkam. „Der Tödliche Schwarm“ stammt von dem Mann, der sich mithilfe vieler Katastrophenfilme den Beinamen „Master Of Desaster“ verdiente, diesmal jedoch bezog sich das letztgenannte Attribut eher auf das Produkt als auf ihn. Auf Kosten der Handlung hat Allen hier vergeblich versucht, an vorangegangene Erfolge anzuknüpfen, was aber grandios scheitert, da beinahe 75 Prozent des Zweistünders von gähnender Langweile durchzogen sind und die dilettantisch inszenierten, afrikanischen Killerbienen rar in Erscheinung treten. Zwar gibt es, wenn die Spezies sich doch einmal zeigt, eine Handvoll Szenen, bei denen man herzhaft lachen kann, doch wenn ich mir einen Horrorfilm zu Gemüte führe, erwarte ich eben, erschreckt zu werden – und keine unfreiwillige Komik dargeboten zu bekommen. Prominenter als mit insgesamt sieben (!) Oscar-Preisträgern hätte der Film wahrlich nicht besetzt werden können, doch schon nach wenigen Minuten offenbart sich das sichtliche Unwohlsein aller Schauspieler, weswegen der Verdacht nahe liegt, dass viele von ihnen unterschrieben haben, weil sie sich in einer akuten, finanziellen Notlage befanden oder aber einfach nicht in Vergessenheit geraten wollten. Es tut mir wirklich in der Seele weh, dass ausgerechnet dies der letzte Leinwandauftritt der großen Olivia de Havilland gewesen ist, denn das war einfach unter ihrer Würde und auch Chamberlain, Caine, Grant und Fonda wirkten durch das miserable, spannungsarme und mit schlechten Gesprächen gefütterte Drehbuch fortwährend verloren. Ironischer Weise wurde „Der Tödliche Schwarm“ sogar für einen Oscar nominiert, wenngleich ich beim besten Willen nicht nachzuvollziehen vermag, was an den trivialen Fetzen erwähnenswert, geschweige denn nominierungswürdig sein soll und der Rest der Effekte, Perspektiven und Schnitte wirkt selbst gemessen an der Entstehungszeit altbacken, wenig durchdacht und sichtlich sparsam produziert. Wie schrecklich die 1970er mitunter sein konnten, beweist dieser B-Streifen, den man sich sicherlich einmal zur reinen Belustigung anschauen kann, um ihn anschließend jedoch schnellstmöglich aus der Erinnerung und der heimischen Videothek zu verbannen – ganz im Sinne einer von Michael Caine geäußerten, merklich beschämten Einschätzung im Hinblick auf seine Beteiligung.

USA 1978 - 116 Minuten Regie: Irwin Allen Genre: Tierhorror / Katastrophenfilm Darsteller: Michael Caine, Katharine Ross, Richard Widmark, Richard Chamberlain, Olivia de Havilland, Ben Johnson, Lee Grant, José Ferrer, Morgan Paull, Henry Fonda, Patty Duke
USA 1978 – 116 Minuten
Regie: Irwin Allen
Genre: Tierhorror / Katastrophenfilm
Darsteller: Michael Caine, Katharine Ross, Richard Widmark, Richard Chamberlain, Olivia de Havilland, Ben Johnson, Lee Grant, José Ferrer, Morgan Paull, Henry Fonda, Patty Duke

Die Wolke

8

Unter den zahlreichen, missglückten Versuchen der nationalen Filmindustrie, was insbesondere dramatische Stoffe anbelangt, findet sich dann und wann doch mal ein Exempel, das in Erinnerung bleibt und sich von der Durchschnittware eindeutig abhebt. Im Falle des für den Deutschen Filmpreis vorgeschlagenen Jugenddramas „Die Wolke“ handelt es sich um eine in ihren Grundfesten werkgetreue Adaption von Gudrun Pausewangs zum Literaturkanon des Schulfaches Deutsch gehörenden Roman von 1987, der als direkte Reaktion auf den Super-GAU in Tschernobyl verfasst wurde und von Gregor Schnitzler idealiter und nachfühlbar ins 21. Jahrhundert verlagert wurde. Zwar wurden die Umstände der Katastrophe in einem fiktiven Kraftwerk und die daraus resultierende Massenpanik im Gegensatz zur Gefühlswelt der Hauptakteure und einem markerschütternden Schicksalsschlag im Speziellen beinahe eine Spur zu kompakt abgearbeitet, dafür achtete man auf der anderen Hand mithilfe starker Dialoge auf die Skizzierung der Folgen in Form des Lebens als Strahlengeschädigter. Selbst aus den Augen einer Person, die sich wohl nicht als genereller Gegner von Atomkraft bezeichnen würde, vermag dieser weiterhin technisch auf hohem Niveau anzusiedelnde Film, Fragen aufzuwerfen, deren Relevanz einem schlagartig bewusst wird. Darüber hinaus fügt sich die zarte, sich zum Zeitpunkt des Reaktorunfalls anbahnende und sehr sensibel erzählte Liebesgeschichte inmitten des provinziellen Settings gekonnt, aber nicht aufdringlich ein, wobei Kalenberg und Drinda in ihren, von familiärer Verantwortung bestimmten Rollen vorbildlich aufgingen, sodass sich der Identifikationscharakter adäquat ausgestalten konnte. Zwar konnte das hohe, vom Wechsel zwischen Spannung und Emotionalität bestimmte Niveau bezüglich des abschließenden Drittels und das Ende nicht komplett gehalten werden, dennoch ist dies eine insgesamt gelungene Produktion, die ich nicht nur für Heranwachsende als essentiell erachte.

D 2006 - 102 Minuten Regie: Gregor Schnitzler Genre: Katastrophenfilm / Jugenddrama Darsteller: Paula Kalenberg, Franz Dinda, Hans-Laurin Beyerling, Karl Kranzkowski, Carina Wiese, Gabriela Maria Schmeide, Thomas Wlaschiha, Claire Oelkers, Jennifer Ulrich
D 2006 – 102 Minuten
Regie: Gregor Schnitzler
Genre: Katastrophenfilm / Jugenddrama
Darsteller: Paula Kalenberg, Franz Dinda, Hans-Laurin Beyerling, Karl Kranzkowski, Carina Wiese, Gabriela Maria Schmeide, Thomas Wlaschiha, Claire Oelkers, Jennifer Ulrich

Final Destination 3

9

Infolge der ersten beiden Teilen aus den Jahren 2000 beziehungsweise 2003, in denen ein Flugzeugabsturz und eine Massenkarambolage im Mittelpunkt standen, wurde nun eine verheerende, kettenreaktionäre und sich in Form einer Vision ankündigende Achterbahnkatstrophe zum inhaltlichen Angelpunkt, aus dem sich nach einem temporeichen Auftakt ein blutrünstiger, gebührlich konstruierter, stellenweise ungewöhnlich symbolistischer Alptraum entwickelt. Zwar sind viele der jugendlichen, mit Laien besetzten Charaktere wieder einmal äußerst einschichtig und dümmlich skizziert worden, allerdings bedarf es im Horror-Genre wohl nicht unbedingt der allergrößten Identifikationsflächen, um bei „Laune“ gehalten zu werden, sodass die Schauspieler ihren hauptsächlichen Zweck als Spielbälle, die dem Tod nicht entgehen können, entsprechend erfüllen, demgegenüber machten die Protagonisten Winstead und Merriman ihre Sache sogar relativ gut. Inmitten von vielen, kaum Atempausen gewährenden und handwerklich effektvoll inszenierten Schockmomenten war speziell die unter Fans der Reihe Kultstatus genießende Sonnenbank-Sequenz trotz ihres sehr unrealistischen Charakters für mich derart angsteinflößend und schmerzhaft anzusehen, dass ich mir im Anschluss der ersten Sichtung vor sieben Jahren mit Erfolg geschworen habe, niemals ein Solarium zu besuchen. Innerhalb eines begrenzten, häufig inflationären Spektrums war die erste „FD“-Episode, welche keine Jugendfreigabe erhielt, spannungsgeladen, modern und in Summe sehenswert und, sofern ich mich recht erinnere, der substantiellste und innovativste aller fünf Filme. Hätte die Dialogisierung nicht einen solch belanglosen, auffallend zeitfüllenden Charakter, wäre eine höhere Bewertung aus meiner Sicht durchaus angemessen gewesen.

USA 2006 - 93 Minuten Regie: James Wong Genre: Horror / Thriller Darsteller: Mary Elizabeth Winstead, Ryan Merriman, Kris Lemche, Alexz Johnson, Texas Battle, Amanda Crew, Chelan Simmons, Crystal Lowe, Jesse Moss, Maggie Ma, Sam Easton
USA 2006 – 93 Minuten
Regie: James Wong
Genre: Horror / Thriller
Darsteller: Mary Elizabeth Winstead, Ryan Merriman, Kris Lemche, Alexz Johnson, Texas Battle, Amanda Crew, Chelan Simmons, Crystal Lowe, Jesse Moss, Maggie Ma, Sam Easton

Hexen Hexen (OT: The Witches)

10

Es gibt womöglich eine in individueller Hinsicht überschaubare Anzahl von Filmen, über die man sich bei ausnahmslos jeder TV-Ausstrahlung aufs Neue wie ein Schneekönig freut und dafür alles stehen und liegen lassen würde. Dazu zählt in meinen Augen definitiv auch Roegs temporeicher und auf einem Kinderroman von Roald Dahl basierender, herrlich gruseliger Abenteuerfilm „Hexen Hexen“, welcher trotz der sicherlich diskutablen FSK-Freigabe zu den Highlights meiner Kindheit gehörte und den ich noch heute in Gänze mitsynchronisieren kann. Die Geschichte um eine als Kinderschutzverein getarnte Gruppe von Hexen, die neben dem kleinen Luke auch alle übrigen Kinder Großbritanniens in Mäuse zu verwandeln beabsichtigt, wurde überaus einfalls- und lehrreich adaptiert, klammert ferner neben vielen hochspannenden, witzigen und ironischen Momenten auch die Konfrontation mit dem Tod nicht wie so oft aus und mündet schließlich in einem besonders gelungenen Finale. Zwar ging der Film trotz seiner genreerweiternden Beiträge, was die visuellen Effekte und die kamerabezogene Perspektivierung aus den Augen der transformierten Kinder anbelangt, von Seiten der Academy komplett leer aus, dennoch erhielt er zumindest eine hochverdiente BAFTA-Nominierung für das brillant-groteske Make-Up und auch die erfrischende Filmmusik wäre einer Nennung zweifellos würdig gewesen. Nach langem Gezerre – unter anderem wurden Liza Minelli, Cher und Sigourney Weaver in Betracht gezogen – fand man in Anjelica Huston schließlich die Idealbesetzung für die Rolle der diabolischen Oberhexe, denn sie jagt einem auch ohne die Abnahme ihrer Gesichtsmaske eine Heidenangst ein. Zudem sprühen auch Mai Zetterling, der spätere „Mr. Bean“ – Darsteller Rowan Atkinson und besonders Brenda Blethyn vor ekstatischer Spielfreude. Nicht nur für Fantasy-Anhänger ist das in meinem Geburtsjahr erschienene, unterbewertete Werk ein echter, unvergänglicher Leckerbissen.

GB / NO 1990 - 91 Minuten Regie: Nicolas Roeg Genre: Fantasy / Komödie Darsteller: Anjelica Huston, Mai Zetterling, Jasen Fisher, Jane Horrocks, Anne Lambton, Rowan Atkinson, Brenda Blethyn, Bill Paterson, Charlie Potter, Sukie Smith
GB / NO 1990 – 91 Minuten
Regie: Nicolas Roeg
Genre: Fantasy / Komödie
Darsteller: Anjelica Huston, Mai Zetterling, Jasen Fisher, Jane Horrocks, Anne Lambton, Rowan Atkinson, Brenda Blethyn, Bill Paterson, Charlie Potter, Sukie Smith

Machtlos (OT: Rendition)

11

Ich gebe freimütig zu, dass es wieder einmal die „Queen of Acting“ gewesen ist, die mich dazu veranlasste, mir auch diesen Film seinerzeit gleich in der Startwoche im Kino anzuschauen, dass er mir jedoch überdurchschnittlich gut gefallen hat, lag bei Weitem nicht nur an der minimalen Beteiligung von Misses Streep. „Tsotsi“-Regisseur Gavin Hood erzählt in Form von Rückblenden und wechselnden Episoden, die sich erst zum Schluss logisch zusammenfügen, die Geschichte eines gebürtigen Ägypters, der als mutmaßlicher Terrorverdächtiger in „außerordentlichen Gewahrsam“ genommen wird und geht dabei sowohl adäquat auf das staatlich legitimierte Vorgehen des mächtigsten Staates der Erde, als auch auf die sozialen Bedingungen eines fiktiven Maghreb-Landes ein, wobei man symbolistisch stets zwischen der nüchternen Rationalität der westlichen Welt und der mystischen Andersartigkeit des Orients hin- und herpendelte. Neben einer hypnotischen Kameraarbeit und variablen, szenenangepassten Klängen fehlte es weder an thrillerartiger Spannung, Emotionalität noch an inhaltlicher Relevanz, denn anhand eines Einzelschicksals wird vor Augen geführt, wie der Extremismus vor allem Jugendliche verführen kann. Gelegentlich ist die Ambivalenz der Arbeit von Geheimdiensten etwas zu nüchtern angeschnitten worden, andererseits hat man sich getraut, schon Jahre vor „Zero Dark Thirty“ Waterboarding sowie andere Verhörmethoden der CIA in aller Härte zu illustrieren – vielleicht deswegen wurde „Machtlos“ von vielen Amerikanern zu Unrecht ignoriert. Dem frisch gebackenen Oscarpreisträger J.K. Simmons wurden hier zwei Szenen zugestanden, in denen er sein subtiles Können offenbarte und auch Streep, Witherspoon, Sarsgaard sowie die arabischen Darsteller zeigten allesamt überzeugende Auftritte, allerdings bildete der relativ unbekannte Omar Metwally, der als Gefolterter unglaublich intensive Momente zeigte, zu meiner Überraschung das darstellerische Highlight. Infolgedessen hätte ich mir für diesen essentiellen, aktuellen Beitrag mit nur kleinen Schwächen etwas mehr Würdigung gewünscht.

USA / ZA 2007 - 121 Minuten Regie: Gavin Hood Genre: Drama / Politthriller Darsteller: Reese Witherspoon, Jake Gyllenhaal, Jigal Naor, Omar Metwally, Meryl Streep, Peter Sarsgaard, Alan Arkin, J.K. Simmons, Moa Khouas, Zineb Oukach
USA / ZA 2007 – 121 Minuten
Regie: Gavin Hood
Genre: Drama / Politthriller
Darsteller: Reese Witherspoon, Jake Gyllenhaal, Jigal Naor, Omar Metwally, Meryl Streep, Peter Sarsgaard, Alan Arkin, J.K. Simmons, Moa Khouas, Zineb Oukach

Merlin

12

Für jeden Liebhaber britischer Historie stellt die Sage um den Magier Merlin, König Artus und die Ritter der Tafelrunde einen Sonderfall dar, denn trotz ihrer Bekanntheit gibt es keinerlei Belege für die Existenz der Genannten. Der unter ungewöhnlich hohem Kosteneinsatz produzierte Fernseh-Zweiteiler von 1998 ist zweifelsohne die mit Abstand gelungenste aller Verfilmungen über diese Thematik, welche durch ihre unverkennbar britische Handschrift und eine, von einem Übermaß an Symbolismus, einem regelrechten, visuellen und akustischen Feuerwerk und frühmittelalterlichem Flair gekennzeichnete Atmosphäre besticht. Gleichermaßen wurde der philosophische Charakter des mystischen, zugleich spannenden, wendungsreichen und von unterschiedlichen Erzählgeschwindigkeiten durchzogenen Duells zwischen Gut und Böse sowie Christentum und heidnischen Glaube in eine greifbare Form gebracht und mit modernen, überaus unterhaltsamen Einflüssen kombiniert. Das unbestreitbare Herzstück der Miniserie bildet jedoch die grandiose Darstellerriege und speziell Miranda Richardson, die niemals zuvor besser war, verkörperte die aus verschmähter Liebe zur erbitterten Feindin avancierende, heidnische Königin absolut vortrefflich und unterhaltsam. Doch auch Sam Neill hat die moralisierende Titelrolle glaubhaft, nuanciert und gelegentlich augenzwinkernd gemeistert, gleiches trifft auf die starken Auftritte von Isabella Rossellini, Helena Bonham Carter, Rutger Hauer und dem von mir überaus geschätzten Martin Short zu, einzig und allein Jason Done agierte für meinen Geschmack in der Rolle des Widerlings Mordred etwas zu hölzern. Letzten Endes waren vier Golden-Globe-Nominierungen, wovon drei auf Schauspielkategorien entfielen, sowie vier Emmy-Auszeichnungen bei elf Nennungen der verdiente Lohn für die Mühen des Filmes, der in den Vereinigten Staaten sämtliche Quotenrekorde brach. Im Gegensatz zur Fortsetzung und der davon inspirierten TV-Serie ist Steve Barrons „Merlin“ einfach immer wieder sehenswert!

UK / USA 1998 - 182 Minuten Regie: Steve Barron Genre: Abenteuer / Fantasy / Drama Darsteller: Sam Neill, Miranda Richardson, Martin Short, Isabella Rossellini, Helena Bonham Carter, Rutger Hauer, Mark Jax, Billie Whitelaw, Paul Curran, Lena Headey, Jeremy Sheffield, Jason Done, John Gielgud, Sebastian Roché
UK / USA 1998 – 182 Minuten
Regie: Steve Barron
Genre: Abenteuer / Fantasy / Drama
Darsteller: Sam Neill, Miranda Richardson, Martin Short, Isabella Rossellini, Helena Bonham Carter, Rutger Hauer, Mark Jax, Billie Whitelaw, Paul Curran, Lena Headey, Jeremy Sheffield, Jason Done, John Gielgud, Sebastian Roché

Pearl Harbor

13

Kommen wir zu einem seinerzeit vielgescholtenen Film, der sich nichtdestotrotz zum globalen Kassenschlager entpuppte und für mein Empfinden lange nicht so misslungen ist wie gemeinhin behauptet wird. Interessanter Weise stehen sechs Nominierungen für die Goldene Himbeere im direkten Kontrast zu vier Oscarnominierungen, ich hingegen erachte erstere „Würdigungen“ für deutlich übertrieben. Unbestreitbar finden wir in der Verfilmung des größten amerikanischen Traumas einige historische Unzulänglichkeiten, was die Datierungen und Kriegsgeräte anbetrifft und die Intention mag ein weiteres Mal zu überpatriotisch und überlang daherkommen, weswegen ein Blick der Autoren über den Tellerrand nicht geschadet hätte, dennoch bin ich der Meinung, dass vor allem die tragische Dreiecksgeschichte nachvollziehbare Identifikationsflächen anbietet – so kitschig das der Masse auch anmuten mag. Des Weiteren überzeugen nahezu alle der gestalterischen Elemente wie die aufwendigen Sets und fokussierten Kamerafahrten, eine dröhnend-bombastische Tonarbeit, Zimmers abwechslungsreiche Kompositionen sowie der wirklich zeitlos schöne Song „There You’ll Be“ von Faith Hill. Als Freunde, die plötzlich zu Konkurrenten werden, geben Ben Affleck und Josh Hartnett bemühte und weitestgehend glaubhafte Performances inmitten eines überaus starbesetzten Ensembles, aus dem Garner, Shannon und Voigt hervorstechen, allerdings bildete Beckinsale den absoluten Knackpunkt, da sie es ihr so gut wie nie geglückt ist, ihrer Rolle die notwendige Tiefe und Authentizität zu verleihen. Die angesprochenen Mankos, auf die sich die Kritiker in ihren Verrissen hauptsächlich stürzten, lassen letzten Endes jedoch etwas Objektivität vermissen, denn im actionreichen und erzählerisch vielseitigen „Pearl Harbor“ wurde vieles richtig, was man von fast allen nachfolgenden Werken unter der Regie von Bay nicht behaupten kann.

USA 2001 - 176 Minuten Regie: Michael Bay Genre: Historiendrama / Kriegsfilm / Liebesdrama   Darsteller: Ben Affleck, Josh Hartnett, Kate Beckinsale, Peter Firth, Cuba Gooding Junior, Jon Voight, Alec Baldwin, Jennifer Garner, Michael Shannon, Dan Aykroyd, Sara Rue
USA 2001 – 176 Minuten
Regie: Michael Bay
Genre: Historiendrama / Kriegsfilm / Liebesdrama
Darsteller: Ben Affleck, Josh Hartnett, Kate Beckinsale, Peter Firth, Cuba Gooding Junior, Jon Voight, Alec Baldwin, Jennifer Garner, Michael Shannon, Dan Aykroyd, Sara Rue

Rabbit Hole – Neue Wege (OT: Rabbit Hole)

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Ein besonderes Highlight des Filmjahres 2010, das mich lange nicht losließ und sich nach der allerersten Sichtung tief in mein Herz gebrannt hat, ist das auf dem mit dem Pulitzer-Preis geehrten Bühnenstück von David Lindsay-Abaire basierende Drama „Rabbit Hole“, das gleichermaßen emotional, involvierend, nachdenklich wie bedachtsam auf den Zuschauer einwirkt. Umso trauriger erscheint es, dass der Film über das sich voneinander entfremdende Ehepaar Corbett, dessen Leben nach dem Unfalltod ihres einzigen Sohnes in Trümmern liegt, hierzulande überhaupt keinen Weg in die Lichtspielhäuser gefunden hat. Passenderweise konzentrierte man sich weniger auf die Vorgeschichte als auf die Konsequenzen sowie den andersgearteten Umgang mit diesem Verlust und wob eine sensibel skizzierte, hoffnungsvolle Art des Täter-Opfer-Ausgleichs in diese intime, von substantiellen Dialogen durchzogenen und von kleinen Details lebende Konstellation, umrandet von gefühlsvollen Klängen, ein. Für ihre überragende, stellenweise schmerzhaft anzusehende Darstellung erhielt Nicole Kidman, die mit Nachdruck bewies, welche Palette von Gefühlsregungen man mithilfe Mimik und Gestik visualisieren kann, ihre erste Beachtung von der Academy seit ihrem Sieg von 2003 und ich bin mir beinahe gewiss, dass sie die Trophäe wieder gewonnen hätte, wenn die unschlagbare Natalie Portman in diesem Jahr nicht den Weg „versperrt“ hätte und die Szene im Auto zählt zu den intensivsten Momenten der letzten Jahre. Ganz besonders beeindruckt war ich auf der anderen Seite neben einer wiederholt fantastischen Performance von Dianne Wiest, einer efrischend agierenden Sandra Oh und der Leinwandpremiere von Miles Teller von dem überaus empfindsamen Spiel des in diesem Genre nicht beheimateten Aaron Eckhardt, woran ersichtlich wird, wie ausschlaggebend das Rollenangebot für Darsteller ist. Meines Erachtens hätten somit auch dem hervorragenden Drehbuch, Aaron Eckhardt und Dianne Wiest eine Oscarnominierung zugestanden. „Rabbit Hole“, gedreht innerhalb von nur vier Wochen, verdeutlicht in bewegender und zutiefst authentischer Form, dass es im Leben wohl nichts Niederschmetterndes geben kann als den Verlust eines Kindes, daraus aber auch ein Neuanfang erwachsen kann.

USA 2010 - 91 Minuten Regie: John Cameron Mitchell Genre: Familiendrama Darsteller: Nicole Kidman, Aaron Eckhart, Dianne Wiest, Miles Teller, Tammy Blanchard, Sandra Oh, Giancarlo Esposito, Jon Tenney, Patricia Kalember
USA 2010 – 91 Minuten
Regie: John Cameron Mitchell
Genre: Familiendrama
Darsteller: Nicole Kidman, Aaron Eckhart, Dianne Wiest, Miles Teller, Tammy Blanchard, Sandra Oh, Giancarlo Esposito, Jon Tenney, Patricia Kalember

Still Alice – Mein Leben Ohne Gestern (OT: Still Alice)

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In Bezug auf diesen Film fällt die Analyse ebenfalls verhältnismäßig kurz aus, denn ich kann mich der Rezension von Heiko sowohl punktuell als auch inhaltlich in nahezu allen Punkten anschließen. „Still Alice“ ist ein kraftvolles Werk über die mannigfachen Folgen der unkalkulierbaren Alzheimer-Erkrankung, das dramaturgisch durch seine starke Abschlusssequenz und allgemeines Fingerspitzengefühl punktet. In den einzelnen Stadien mutet das Drama jedoch etwas überinszeniert und eine Nuance zu glatt an, dennoch haben mir sowohl die wirklichkeitsnahen Dialoge als die ruhige, raumschaffende Gestaltungsart gefallen. Julianne Moore sollte aus meiner Sicht keinesfalls in die Riege der Akteure eingeordnet werden, die einen reinen „Karriere-Oscar“ erhalten haben, denn sie agiert in dieser auszeichnungswürdigen Rolle ebenso fesselnd, subtil wie inspirierend und visualisiert alle Ängste und niederschmetternden Begleitumstände des seelischen Verfalls absolut authentisch. Ich will zwar nicht verhehlen, dass mich die völlig übergangene Hilary Swank überraschender Weise in der letzten Saison einen Hauch mehr begeistert hat, dennoch kann ich mit Moores Triumph wunderbar leben, obwohl sie in „The Hours“ und „A Single Man“ bereits ihre individuellen Bestleistungen erbracht hat. Auch Baldwin zeigte erneut eine fantastische, einfühlsame Performance und spielte schon zum zweiten Mal in Folge den Ehemann der jeweiligen Oscargewinnerin, allerdings fand ich die Darstellung von Kristin Stewart zwar merklich bemühter als in früheren Filmen, aber insgesamt wieder eintönig und mit den emotionalen Anforderungen größtenteils überfordert. Trotz einiger kleiner Mankos kann man aber dankbar für diese ehrliche Hinterlassenschaft sein, insbesondere deswegen, weil der Regie führende Glatzer vor wenigen Wochen an den Folgen von ALS verstarb.

USA / F 2014 - 101 Minuten Regie: Richard Glatzer & Wash Westmoreland Genre: Familiendrama Darsteller: Julianne Moore, Kate Bosworth, Shane McRae, Hunter Parrish, Alec Baldwin, Kristen Stewart, Stephen Kunken
USA / F 2014 – 101 Minuten
Regie: Richard Glatzer & Wash Westmoreland
Genre: Familiendrama
Darsteller: Julianne Moore, Kate Bosworth, Shane McRae, Hunter Parrish, Alec Baldwin, Kristen Stewart, Stephen Kunken
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