Die Macht war stark in mir!
Denn anders als gefühlt die Hälfte der Weltbevölkerung habe ich es aus beruflichen, wie vereinstechnischen Gründen zeitlich nicht geschafft, den von mir ebenfalls mehr als sehnlichst erwarteten neuen Teil der Weltraum-Saga gleich am ersten Wochenende anzusehen und daher auch bis zu meiner ersten Sichtung jeglichen Internetkonsum vermieden um „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ vollkommen spoilerfrei genießen zu können.
Und welch absolut richtige Entscheidung dies war!
Mittlerweile habe ich „Das Erwachen der Macht“ zum zweiten Mal gesehen und kann als quasi Fan der ersten Stunde (ich habe „Krieg der Sterne“ vor fast genau 25 Jahren zum allerersten Mal geschaut) nur sagen: J.J. Abrams hat wieder einmal (fast) alles richtig gemacht.
Rund 30 Jahre nach dem Untergang des Imperiums ist mit Luke Skywalker der Letzte der Jedi spurlos verschwunden. Durch das dadurch entstandene Ungleichgewicht der Macht konnte sich aus der Asche des Imperiums derweil die „Erste Ordnung“ erheben, angeführt vom sinistren Kylo Ren (Adam Driver).
Poe Dameron (Oscar Isaac), ein Pilot der ehemaligen Rebellion, hat jedoch auf dem Wüstenplaneten Jakku Hinweise auf den Verbleib von Luke aufgespürt, eine Karte die direkt zu dessen Aufenthaltsort führen soll.
Doch auch Kylo Ren ist hinter der Karte her und so versteckt Poe diese im Droiden BB-8, der sie sicher zu General Organa (Carrie Fisher) bringen soll. Kurz nachdem er BB-8 den Geheimauftrag anvertrauen konnte, wird Poe allerdings von Sturmtruppen der Ersten Ordnung gefangen genommen, die zudem ein ganzes Dorf verwüsten, und zum Verhör zu Kylo Ren gebracht. Der junge Strumtruppler FN-2187 (John Boyega) ist von der Brutalität so entsetzt, dass er beschließt Poe zu befreien und mit ihm gemeinsam vor der Ersten Ordnung zu fliehen.
Derweil trifft BB-8 auf die Schrottsammlerin Rey (Daisy Ridley), die ihn aus den Händen eines zwielichtigen Händlers befreit. Später kreuzen sich auch die Wege von Rey und FN-2187, der mittlerweile von Poe den Namen Finn erhalten hat, nachdem dieser auf der Flucht erneut auf Jakku abgestürzt war und (vermeintlich) getötet wurde. Doch die Sturmtruppen haben Finn mittlerweile ausfindig gemacht und so wird auch Rey in die Sache mit hineingezogen.
Sie können allerdings mit einer „alte Schrottmühle“ entkommen und stoßen kurz darauf auf Han Solo (Harrison Ford) und Chewbacca (Peter Mayhew), die den Millennium-Falken wieder zurückerobern können. Gemeinsam machen sie sich daraufhin auf den Weg zum Rebellenstützpunkt um die Karte abzuliefern. …
Wie bereits oben erwähnt schafft J.J. Abrams mit „Das Erwachen der Macht“ einen nahezu perfekten Film und macht damit die unsäglichen Episoden I – III endgültig vergessen.
Dies fängt beim offiziellen Titel an, bei dem der Episodenname gottseidank weggelassen wird („Star Wars“-Filme haben keine Episoden!), auch wenn im obligatorischen Rolltext zu Beginn noch kurz „Episode VII“ erwähnt wird. Doch ansonsten gibt es keinerlei Bezug zu diesen Werken, keine nervtötenden Figuren wie Jar Jar Binks und keine Midi-Chlorianer (FUCK YOU GEORGE LUCAS!). Die Macht ist wieder das, was sie schon immer war, ein mystisches, schon beinahe religiöses Kraftfeld, dass alles und jeden umgibt.
Und auch ansonsten setzt Abrams vermehrt auf den Charme der Ur-Trilogie. Eine Großzahl der Action-Szenen sind handgemacht, mit echten Locations und echten Explosionen, und nicht nur billig wirkende Visual Effects. Des Weiteren setzt er auch wieder auf die „Star Wars“-ureigene Komik, führt diese sogar auf ein ganz neues Level, bringt sensationelle One-Liner und vermeidet solch möchtgern-romantische Fremdschäm-Plattitüden wie in „Episode II“. Man merkt also eindeutig, dass mit Lawrence Kasdan wieder der Ur-Drehbuchautor mitgewirkt hat.
Was den Film zudem so sensationell macht, sind die tollen ausgefeilten Charaktere und ihre jeweiligen Darsteller natürlich.
So ist Rey für mich das absolute Highlight des Films und bereits jetzt mein Lieblings-Charakter der gesamten „Star Wars“-Saga. Denn Rey ist im bestmöglichen Sinne die feministischste Figur der jüngeren Kinogeschichte. Wurde Charlize Theron für ihre Darstellung der selbstbewussten Amazone Furiosa in „Mad Max: Fury Road“ bereits als Vorbild für moderne Frauenrollen in Actionfilmen gefeiert, so legt die bezaubernde Daisy Ridley in ihrem Filmdebüt (!) gleich noch einen drauf. Denn ihre Rey ist an sich ein ganz normales Mädchen, die sich aber sehr schnell in ihre Rolle als zukünftige Jedi einfindet und somit DAS neue Idol für alle jungen Mädchen dieser Welt sein dürfte. Taff und selbstbewusst, aber auch verspielt und verletzlich, eben keine Amazone wie Furiosa, sondern das klassische „Girl next Door“.
Ferner gefallen von den neuen Darstellern aber auch John Boyega als Finn, der mich hier mehr als ein Mal an den jungen Denzel Washington erinnerte, sowie Oscar Isaac, der eh alles spielen kann. Und auch von Adam Driver war ich positiv überrascht, empfand ich in „Girls“ zuvor doch eher als unterdurchschnittlich guten Schauspieler. Hier verkörpert er seinen Kylo Ren jedoch als herrlich zwielichtigen Bösewicht, der zudem für einen der größten filmischen Schockmomente verantwortlich zeichnet, wie ich ihn seit „Das Imperium schlägt zurück“ oder dem Finale von „The Sixth Sense“ bisher nur selten erlebt habe!
Lupita Nyong’o als Yoda ähnliche Maz Kanata und das kleine aber feine Cameo von Daniel Craig (!), das ich allerdings, anderen Kritiken sei Dank, erst bei der zweiten Sichtung wahrgenommen hatte, sowie die altbewährten Haudegen Harrison Ford und Carrie Fisher, die ihre Sache abermals sehr gut und mit sichtlichem Spaß an der Freude absolvieren, runden das Ganze schauspielerisch ab.
Zudem wurde mit BB-8 der wohl knuffigste Roboter der Filmgeschichte eingeführt, der selbst Wall-E oder R2-D2 alt aussehen und nicht nur Kinderherzen höher schlagen lässt.
Kann man an „Das Erwachen der Macht“ dennoch etwas aussetzen?
Natürlich. Zum einen fand ich die Rolle von Andy Serkis als Oberster Anführer Snoke etwas schwach, die hätte es meiner Meinung nach gar nicht benötigt. Zum anderen ist „Das Erwachen der Macht“, wie bereits von meinen geschätzten Kollegen Patrick und Stefan zuvor erwähnt, schon mehr als nur eine Reminiszenz an „Krieg der Sterne“ und „Das Imperium schlägt zurück“. Man könnte es, wenn man fies sein möchte, schon als Beinahe-Kopie bezeichnen, was einzelne Handlungsstränge betrifft.
Andererseits war aber auch schon „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ im Prinzip ein wiedergekäuter Aufguss der ersten Teile.
Alles in allem empfinde ich das daher nicht als störend, im Gegenteil. „Das Erwachen der Macht“ ist in jeglicher Hinsicht ein klassischer „Star Wars“, und rangiert bei mir mittlerweile sogar an zweiter Stelle innerhalb der Saga!
Star Wars is finally back!
USA – 2015 – 2 Std. 15 Min.
Regie: J.J. Abrams
mit Daisy Ridley, John Boyega, Oscar Isaac, Adam Driver, Harrison Ford, Carrie Fisher, Lupita Nyong’o, Andy Serkis, Domhnall Gleeson, Gwendoline Christie, Peter Mayhew, Anthony Daniels, Kenny Baker, Max von Sydow, Simon Pegg, Mark Hamill & Daniel Craig
Genre: Science-Fiction / Action
PS: Meine Wertungen der übrigen Filme:
„Episode I: Die dunkle Bedrohung“: 2/10
„Episode II: Angriff der Klonkrieger“: 3/10
„Episode III: Die Rache der Sith“: 6/10
„Krieg der Sterne“: 9/10
„Das Imperium schlägt zurück“: 10/10
„Die Rückkehr der Jedi-Ritter“: 8/10