Mit Verfilmungen des gefeierten Krimi- und Kinderbuchautors Jo Nesbo verhält es sich äußerst schwierig. Trotz guter Vorlage vermögen es die Filme den Geist der Bücher kaum einzufangen. Bei „Schneemann“ ist es besonders ärgerlich, denn der Autor fungierte sogar als ausführender Produzent. Zudem hat man mit Tomas Alfredson einen Regisseur gefunden, der mit „So Finster die Nacht“ den Vampirfilm vor knapp 10 Jahren einen völlig neuen Ansatz gab und daraufhin mit Tonnen von Filmpreisen überschüttet wurde und ihm den Weg nach Hollywood geebnet hatte.
Daraufhin folgte mit „Dame, König, As, Spion“ (Tinker Tailor Soldier Spy) ein starker Ensemblefilm, der Gary Oldman endlich seine längst überfällige erste Oscarnominierung bescherte und Tom Hardy und Mark Strong in aller Munde brachte. Leider krankte die ansonsten sehr equisite Verfilmung an der lethargischen Inszenierung. Leider hat dies Alfredson auch bei „Schneemann“ nicht ablegen können, dem Auftakt einer geplanten Reihe um den Detektive Harry Hole…
Michael Fassbender verkörpert den trinkfesten Hauptkommissar, der für die Osloer Polizei arbeitet, Rebecca Ferguson seine neue Kollegin Katerine Bratt. Sie werden mit den Ermittlungen eines mysteriösen Frauenmörders beauftragt, der als Erkennungszeichen Schneemänner baut und sich einen Spaß daraus macht mit den Ermittlern Katz und Maus zu spielen.
Das Blut im Schnee beeindruckende Bilder schafft, weiß nicht nur Quentin Tarantino zu schätzen, wie er in Kill Bill und The Hateful Eight beeindruckend unter Beweis stellte. Auch Tomas Alfredson spielte mit den Elementen in „So Finster die Nacht“, also eigentlich eine gute Voraussetzung auf visueller Ebene. Doch bis auf ein paar nette Bilder, zieht sich gähnende Langeweile durch die erste Hälfte des Films, in der gefühlt rein gar nichts passiert. Zuviel Zeit wird mit Nichtigkeiten um die Hauptfiguren verschwendet, die trotzdem kein interessantes Profil erhalten und voller Klischees agieren.
Zum Ende hin nimmt das Werk zwar an Fahrt auf, aber da hat man den Film schon fast komplett abgeschrieben. Die Auflösung war dann auch noch etwas zu vorhersehbar, Fassbender als Alkoholiker nicht glaubhaft genug, Val Kilmer völlig verschenkt, Fergusson, Chloe Sevigni, Tobey Jones und J.K. Simmons nur solides Beiwerk. Die dankbarste Rolle hatte da noch Charlotte Gainsbourg als Harry Holes Love interest, die ins Fadenkreuz des Killers rückte. Aber wie man so einen Cast verschenken kann, verstehe wer will.
Nach dem echt geilen Trailer ist „Schneemann“ dann doch eine recht herbe Enttäuschung geworden. Alfredson räumte ein, dass die Anzahl der Drehtage nicht gereicht hätten und man im Schneideraum bemerkt habe, dass die Plotholes man nicht alle hätte schließen können! Deren ernst? Dann dreht man nicht nach? Martin Scorsese sollte den Roman erst verfilmen, fungierte dann aber nur noch als zweiter Produzent neben Nesbo. Schade, dass hätte interessant werden können. Aber wieso Alfredson nicht mit den Prodzenten spricht und nach ein paar zusätzlichen Drehtagen fragt, kann ich mir nicht erschließen. Kommerziell hätte sich das dann doch sicher ausbezahlt, denn die Kritiker sind nicht zu unrecht so harsch mit dem Werk umgegangen. Er ist zwar keine Vollkatastrophe, aber da war DEUTLICH mehr Luft nach oben. Auch was es eigentlich mit der Bedeutung des Schneemanns für den Mörder auf sich hatte bleibt offen. Sehr, sehr schade und mit Harry Hole als Ermittler werden wir wohl auch keine weitere Verfilmung mehr bekommen. Dieser vorab angepriesene Oscar-Contender wird in der kommenden Awardseason jedenfalls keine Rolle mehr spielen.