Zwei Jahre sind bereits wieder ins Land gezogen, seit „Das Erwachen Der Macht“ als Auftakt eines „Star-Wars“-Sequels die Kinosäle regelrecht eroberte, Fans der Saga und Kritiker gleichermaßen euphorisch stimmte sowie obendrein hinsichtlich des Einspielergebnisses zum dritterfolgreichsten Werk aller Zeiten avancierte. Zusätzlich erhielt der siebente Teil satte fünf Oscarnominierungen – und damit so viele wie die zwischen 1999 und 2005 veröffentlichten Episoden zusammen addiert. Auch „Die Letzten Jedi“ erlebt seit seiner Enthüllung vor wenigen Tagen in finanzieller Hinsicht erwartungsgemäß einen Bilderbuchstart, dennoch dürfte es innerhalb des inzwischen zur Oktologie herangereiften Franchises ein absolutes Novum darstellen, dass das Kritikerecho die Publikumswertung um ein Vielfaches überflügelt. Angesichts des aus meiner Sicht an Wagemut und Innovation mangelnden und allzu sichere Wege bestreitenden Vorgängers erfolgte die Inaugenscheinnahme des achten Streichs mit gedämpften Erwartungen. Freilich stellte es darüber hinaus ein risikoreiches Unterfangen dar, die Regieführung einem verhältnismäßig leinwandunerfahrenen Mann anzuvertrauen, der zuvor lediglich zwei (!) Spielfilme inszenierte, außerdem gestaltete es sich als Mammutaufgabe, narrativ mit dem viel zu frühen Tod von Carrie Fisher umgehen zu müssen. Schlussendlich jedoch hinterlässt Rian Johnson mit dem zweieinhalbstündigen Epos einen überraschend starken, bildgewaltigen, aber auch wohldurchdachten und nicht nur in handwerklichen Belangen entwaffnenden Eindruck.
„Die Letzten Jedi“ setzt exakt da ein, wo „Das Erwachen Der Macht“ in Form eines wortwörtlichen Cliffhangers seinen Abschluss fand und schildert die zunehmend aussichtslos erscheinenden Bemühungen des „Widerstands“ im Kampf gegen die „Erste Ordnung“. Nach einer furiosen Eröffnungssequenz, die lediglich ein kleines Logikloch nicht gänzlich zu umschiffen vermag, wird die Dramaturgie von einem steten Wechsel zwischen actiongeladenen Augenblicken und spirituell arrangierten Szenen des Innehaltens und der Rückbesinnung auf die jeweiligen Vorgeschichten bestimmt. Dabei liegt der Fokus speziell auf dem Werdegang der beiden zu Kontrahenten gewordenen Charaktere Ben Solo und Luke Skywalker, doch trotz einiger, schrittweiser Enthüllungen und unerwarteter Wendungen beging man nicht den Fehler, sämtliche Details aus dem Schleier der Dunkelheit zu entlocken. Anknüpfend an die Prämissen der Ur-Trilogie wird der Jediismus erneut als Philosophie gekennzeichnet (und sogar explizit als „Religion“ benannt), während Rey trotz einer deutlich geringeren Screentime eine mitreißende Emanzipation erlebt. Im Gegensatz zu Abrams‘ Produktion werden Reminiszenzen auf altbekannte Protagonisten und Begebenheiten in Summe mit Bedacht und äußerst wohldosiert eingesetzt statt sie als lediglich als Allheilmittel zur Befriedigung eingefleischter Fans zu präsentieren. Analog zur inhaltlichen Zielsetzung, die Macht wieder ins Gleichgewicht bringen zu wollen, gelingt dies folglich auch dem Drehbuch. Trotz einer Steigerung der Laufzeit um beinahe zwanzig Minuten existieren so gut wie keine Redundanzen und speziell das hervorragend in Szene gesetzte und brillant fotografierte Finale kann als sonderbar emotionaler Gänsehaut-Moment angesehen werden, welcher die ursprüngliche Essenz im Zusammenspiel mit John Williams‘, nur leicht variierten Leitmotiven obendrein aufleben lässt. Die vielfach gescholtene Dichte an Witzen und possierlichen Wesen, die Merchandise-Händlern volle Taschen bescheren dürften, störte mich indes überhaupt nicht, denn gerade die humoristische Qualität liegt deutlich über der des Vorgängers. Zudem bot die entlegene, raue Insel Skellig Michael vor der westirischen Küste eine geradezu bombastische, innerhalb der Reihe vielleicht sogar unerreichte Kulisse, während die aufwendige Effektgestaltung mitreißt, ohne dabei überladen anzumuten und der 3D-Technik einen Mehrwert beschert. Zuletzt merkte man auch der Darstellerriege ein allmähliches Zusammenwachsen an, da die Protagonisten souveräne Darbietungen auf Augenhöhe offerierten und insbesondere Adam Driver wusste deutlich mehr zu überzeugen als vor zwei Jahren. Als unbestrittenes, darstellerisches Highlight kann der in Höchstform und mit ruhiger Hand agierende Mark Hamill identifiziert werden, zusätzlich darf Carrie Fisher trotz ihres bereits spürbar labilen Gesundheitszustandes einen würdigen Karriereabschluss zelebrieren. In Gestalt von Kelly Marie Tran erhält das Ensemble darüber hinaus eine weitere, erfrischende Sympathieträgerin, während sich Laura Dern und Benicio del Toro als veritable Neuzugänge erwiesen.
Episode VIII ist daraus resultierend (in direkter Folge zum gänzlich misslungenen „Rogue One“) ein spannendes, Interesse weckendes, ambitioniert ausgestaltetes und aus meiner Sicht zu Unrecht gescholtenes Intermezzo auf dem Weg zum vielversprechenden Schlussakt, das sich nicht vor einer Neuausrichtung scheut und den Grundfesten dennoch treu bleibt. Monierbar ist sicherlich der Umstand, dass Johnson es dem Regisseur des abschließenden Kapitals aufgrund einiger, weitreichender Entscheidungen nicht gerade leicht machen dürfte. Mit „Die Letzten Jedi“ erschien nach Langem wieder ein gelungener Blockbuster, der zumindest den Oscar für die visuellen Effekte entgegennehmen sollte. Summa summarum gibt es eine ganze Palette an Gründen, warum man der für den 19. Dezember 2019 anvisierten Veröffentlichung der finalen Episode IX hoffnungsvoll entgegensehen darf.