Satte drei Golden-Globe-Nennungen, und ein rentables Einspielergebnis nebst euphorischem Publikumstenor standen in direktem Kontrast zur vernichtenden Einschätzung zweier geschätzter Kollegen dieses Forums sowie einer recht mageren Ausbeute von nur einer, noch dazu beinahe obligatorischen Nominierung für den „Besten Song“ von Seiten der Academy. Angesichts dieser augenscheinlichen Ambivalenz gestaltete sich die Sichtung des ersten Musicals seit Längerem im Vorfeld als besonders spannend. Das ambitioniert choreografierte Regie-Debut des Australiers Michael Gracey, welcher bis dato ausschließlich visuelle Effekte kreierte, beschäftigt sich mit dem Leben des berühmten Schaustellers und Zirkuspioniers Phineas Taylor Barnum (1810 – 1891) und unternimmt den augenscheinlichen Versuch, auf den erfolgreichen Pfaden anderer Erfolgsproduktionen wie „Moulin Rouge!“ wandeln zu wollen. Doch schon nach kurzer Zeit offenbart sich anhand von „Greatest Showman“, dass die im starren Gute-Laune-Modus laufende, überzuckerte Inszenierung ebendiese Zielsetzung bei Weitem verfehlt und dem im Filmtitel explizit verwendeten Superlativ nur in Ansätzen gerecht zu werden vermag…
Das selbstbekundete Herzensprojekt des Musical-affinen Hauptdarstellers hält sich zumindest lose an die historisch belegten Tatsachen und reicht von der frühen Kindheitsphase des Geschäftsmanns über die Gründung des Kuriositätenkabinetts bis hin Etablierung einer vielerorts gastierenden Wandermenagerie. Während die Epoche in optischer Hinsicht dank zeittypischer Kostüme und akkurat gefertigter Szenenbilder weitestgehend zufriedenstellend illustriert wurde, ist insbesondere die Charakterzeichnung des Protagonisten an Eindimensionalität kaum zu überbieten, da Barnum ausschließlich im Lichte eines toleranten Menschenfreundes gezeichnet wird und dabei sein grenzenloser Hang zur Profitgier vollständig ausgeblendet wird. Allen sonstigen Konfliktthemen mit narrativem Potential, beispielsweise der seinerzeit tief verwurzelten Rassentrennung, werden zwar in Form kurzer Dialoge angetastet, jedoch selten zu Ende geführt und stattdessen mithilfe heiterer Songs weggesungen. Von den insgesamt neun, eigens für den Film arrangierten Kompositionen stechen „This Is Me“, „A Million Dreams“ und ganz besonders die überragend gesungene Ballade „Never Enough“ am stärksten heraus und täuschen zumindest darüber hinweg, dass die anderen Lieder eher als nettes Füllmaterial zu klassifizieren sind. Aus welchem Grunde das gesangliche Repertoire einer weltbekannten Sopranistin des 19. Jahrhunderts allerdings annähernd klingt wie eine brandneue Single von Mariah Carey oder Leona Lewis, weiß wohl nur der Regisseur selbst. Gegen ebendieses unstimmige Verhältnis zwischen modernem, glitzerndem Zeitgeist und der eigentlich porträtierten Ära müssen sämtliche Beteiligte hinter und vor der Kamera förmlich ankämpfen. Trotz einer grundsoliden Darbietung von Hugh Jackman gelingt es ihm nicht, sich annähernd so gut zu präsentieren wie in „Les Misérables“ und auch Michelle Williams bleibt trotz Spielfreude unter ihren Möglichkeiten, während Zac Efron auf demselben, darstellerischen Niveau verharrt wie schon in Zeiten von „High School Musical“. Schauspielerisches Highlight bildet Rebecca Ferguson, die sich andererseits aber den Vorwurf gefallen lassen muss, dass sie die gesanglichen Fähigkeiten als einziges Ensemble-Mitglied einer anderen Stimme überließ.
Selbst im Falle der Einräumung eines „Welpenschutzes“ erweist sich Graceys Erstlingswerk als moderate Enttäuschung, die trotz handwerklich tadelloser Arbeit nicht über ein wohlwollendes Mittelmaß hinauskommt. „The Greatest Showman“ mag sicherlich als kurzweiliger, Selbstvertrauen forcierender Familienfilm und als Appell gegen Voreingenommenheit funktionieren, beschert dem Genre jedoch keinerlei Mehrwert, weil er um Gesellschaftsrelevanz bewusst einen Bogen macht und sich in Überladenheit verliert. Aus diesem Grunde dürften wohl nur die hartgesottensten Genrefans auf ihre Kosten kommen.