Madonna wird 60! – Ein filmmusikalischer Rückblick

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Heute in exakt einem Monat feiert die als Madonna Louise Veronica Ciccone im ländlichen Michigan zur Welt gekommene „Queen Of Pop“ ihren nunmehr 60. Geburtstag und kann auf eine beispiellose, dreieinhalb Jahrzehnte umfassende Karriere zurückblicken. Mit Meilensteinen wie „Material Girl“, „La Isla Bonita“, „Like A Prayer“, „Frozen“, „Music“ und „Hung Up“ veröffentlichte sie nicht nur Millionenseller und setzte im Hinblick auf Mode und aufwändige Musikvideos zahlreiche Trends, sondern war ihrer Zeit in musikalischen Belangen mehr als einmal im Voraus und zeichnete sich dabei stets durch einen sehr einen überaus kennzeichnenden Hang zur Provokation und Neuerfindung aus.

Nachdem Madonna dem Schoß ihrer kinderreichen erzkatholischen Familie mit Wurzeln in Kanada und Italien direkt nach Erreichen ihres High-School-Abschlusses gezielt entfloh, landete sie in Folge einer abgebrochenen Tanzausbildung mit 30 US-$ im Gepäck in New York und schlug sie mich Gelegenheitsjobs nebst Aktaufnahmen durch, bis ihr 1982 schließlich in Gestalt der Single „Holiday“ der Durchbruch gelang. Zunächst von vielen Kritikern als „Eintagsfliege“ und One-Hit Wonder belächelt, verkaufte sie bis zum heutigen Tag rund 350 Millionen (!) Tonträger, platzierte allein in Großbritannien 63 Singles in den Top-10 und erarbeitete sich vor allem dank rekordverdächtiger Welt-Tourneen den Status einer Milliardärin.

Abseits eines Sammelsuriums an Superlativen hegte Madonna, bestärkt durch ihre Ehen mit Sean Penn und Guy Ritchie wiederholt Ambitionen, auch im schauspielerischen Sektor Fuß zu fassen, was mit Ausnahme des Musicals „Evita“ jedoch nie gelingen sollte und ihr insgesamt fünf Mal die „Goldene Himbeere“ als „schlechteste Darstellerin“, unter anderem für ihr Mitwirken in (von Publikum und Kritikern gleichermaßen zerrissenen) Machwerken wie „Body Of Evidence“ und „Stürmische Liebe“ einbringen sollte. Im direkten Kontrast zu den darstellerischen Fehlschlägen fällt die Häufung an Filmsongs und Soundtrack-Beiträgen inmitten ihrer Diskografie regelrecht ins Auge, die Madonna in Summe sieben Golden-Globe-Nominierungen bescherten.

Aus der Perspektive eines langjährigen, begeisterten Fans gesprochen, erscheint es daher als geeigneter Augenblick, pünktlich zum heranrückenden Jubiläum von „Madge“ einige ihrer filmmusikalischen Highlights Revue passieren zu lassen und ihr Wirken als vielleicht eigenwilligste und vielseitigste Künstlerin unserer Zeit auf diese Weise entsprechend zu würdigen…

 

Platz 20: „Time Stood Still“ aus „Ein Freund Zum Verlieben“ (2000)

© Madonna Ciccone

Platz 19: „Who’s That Girl“ aus „Who’s That Girl“ (1987)

© Madonna Ciccone

Platz 18: „Lament“ aus „Evita“ (1997)

© Buena Vista Pictures

Platz 17: „American Pie“ aus „Ein Freund Zum Verlieben“ (2000)

© Madonna Ciccone

Platz 16: „Causing A Commotion“ aus „Who’s That Girl“ (1987)

© Warner Bros.

Platz 15: „I’ll Remember“ aus „Ein Genialer Freak“ (1994)

© Madonna Ciccone

Platz 14: „Into The Groove“ aus „Susan … Verzweifelt Gesucht“ (1985)

© Orion Pictures

Platz 13: „Another Suitcase In Another Hall“ aus „Evita“ (1997)

© Madonna Ciccone

Platz 12: „Crazy For You“ aus „Vision Quest“ (1985)

© Madonna Ciccone

Platz 11: „Sooner Or Later“ aus „Dick Tracy“ (1990)

© Buena Vista Pictures

Platz 10: „Jump“ aus „Der Teufel Trägt Prada“ (2006)

© Warner Bros.

In Gestalt ihres zehnten Studio-Albums „Confessions On A Dancefloor“, das sich in unfassbaren 40 Ländern auf der Pole-Position der Charts platzieren konnte, gelang Madonna nicht nur ein furioses Comeback nach einer Phase des amerikanischen Boykotts, sondern auch die Wiederbelebung der schillernden Disco-Ära der 1980er. Die vierte Single-Auskopplung untermalte im Kino-Erfolg „Der Teufel Trägt Prada“ in geradezu perfekter Weise Anne Hathaways chaotischen Arbeitsalltag als persönliche Assistentin der höllischen, herausragend von Meryl Streep verkörperten Modezarin Miranda Priestley. „Jump“ stellt aber allerdings auch alleinstehend eine grandiose, elektrisierende und an die menschliche Solidarität appellierende Großstadt-Hymne mit Anleihen an den Stil der Pet Shop Boys dar.

Platz 09: „Beautiful Stranger“ aus „Austin Powers – Spion In Geheimer Missionarsstellung“ (1999)

© New Line Cinema

Ein weiteres Mal erwies sich die Zusammenarbeit mit William Orbit als wahr gewordener Segen, denn mit dem Titelsong der ersten Fortsetzung der Agenten-Parodie rund um den vertrottelten Austin Powers lieferte Madonna kurz vor dem Millennium einen Track, der kaum eingängiger und mitreißender sein könnte und sich selbst nicht selbst zu ernst nimmt. „Beautiful Stranger“, eine Loblied auf alle Singles dieser Welt, zeichnet sich durch peppige Funk-Rhythmen und einen gekonnten Einsatz von Gitarren- und Flötentönen aus und kann als direkter Vorbote zum Stil des genremixenden Nachfolge-Albums „Music“ gesehen werden. Nicht von ungefähr erhielt die auch nach fast zwei Jahrzehnten noch immer frisch und modern anmutende Single seinerzeit einen begehrten Grammy.

Platz 08: „Live To Tell“ aus „Auf Kurze Distanz“ (1986)

© Madonna Ciccone

Die meisten eingefleischten Fans dürften mit „Live To Tell“ vor allem ebenjenen grenzwertigen Moment verbinden, in der Madonna im Rahmen ihrer „Confessions“-Tour mit Dornenkrone die Kreuzigung Jesu Christi simulierte und dafür von Papst Benedikt XVI. prompt exkommuniziert wurde. Dessen ungeachtet wertete die wunderschöne, autobiografisch inspirierte und mysteriös anmutende Synthesizer-Ballade vor allem das zeitgleich erschienene Thriller-Drama mit Sean Penn in der Hauptrolle entscheidend auf. Getragen von wehmütigen Liedzeilen konnte die Interpretin erstmals in der Frühphase ihrer Karriere vollends unter Beweis stellen, was stimmlich in ihr steckt, sofern sie möchte.

Platz 07: „Masterpiece“ aus „W.E.“ (2012)

© Madonna Ciccone

Zum Missfallen ihres in selber Kategorie nominierten, selbsternannten Erzfeindes Sir Elton John gewann die „Queen Of Pop“ für ihren bisher letzten filmmusikalischen Beitrag den Golden-Globe – vollkommen zu Recht, wie ich finde. Schließlich handelt es sich bei „Masterpiece“, ungeachtet der grenzenlosen Ignoranz der Academy, um eine der berührendsten Film-Balladen des aktuellen Jahrzehnts, die sich aufgrund ihres melancholischen Arrangements spanischer Gitarren perfekt in das zugehörige Historiendrama einzufügen wusste. Madonna fungierte im Falle des Werks „W.E.“, das die prekäre Liebschaft zwischen dem britischen Monarchen Edward VIII. und der geschiedenen Wallis Simpson schildert, nicht nur als Songwriterin und Interpretin, sondern auch zum erst zweiten Mal als Regisseurin und schuf – entgegen aller Erwartungen – einen grundsoliden Film. „Masterpiece“ jedoch macht seinem Namen dank seines Gespürs für Sensibilität jedoch alle Ehre.

Platz 06: „Die Another Day“ aus „James Bond: Stirb An Einem Anderen Tag“ (2002)

© MGM Distribution Co.

Der Titelsong zum bereits 20. Teil der 007-Reihe „Stirb An Einem Anderen Tag“ dürfte wie kein anderer Bond-Song vor oder nach ihm polarisieren, stellte bis zur Veröffentlichung von Adeles „Skyfall“ allerdings das mit Abstand meistverkaufte Lied des Franchises dar. Nicht nur wegen des grenzenlos genialen, zugehörigen Musikvideos und der gekonnten Platzierung als spannungsgeladenes Opening des Films weiß „Die Another Day“ zu überzeugen. Koproduziert vom afghanischstämmigen Elektro-Papst Mirwais Ahmadzaï, lebt der Song von unbändiger Experimentierfreude und kontrastiert stimmenverfremdende Club-Sounds mit Streicherpassagen, die sich unverkennbar an den alten Kompositionen von John Barry orientieren. Madonnas Charterfolg mag sicherlich nicht jedermanns Sache sein, ist nichtdestotrotz ein legitimer Versuch, die Verfilmungen rund um den Agenten im Auftrag Ihrer Majestät in muskalischer Hinsicht ins neue Jahrtausend zu katapultieren.

Platz 05: „Don’t Cry For Me, Argentina“ aus „Evita“ (1997)

© Buena Vista Pictures

Bedarf es angesichts dieses Meisterwerks wirklich ausschweifender Erklärungen? „Don’t Cry For Me, Argentina“, komponiert von Andrew Lloyd Webber und bereits 1976 durch Julie Covington erstmals interpretiert, bildet in vielerlei Hinsicht das Herzstück der Filmbiographie „Evita“ und besitzt schlichtweg alles, das einem gelungenen Musical-Beitrag gemeinhin zugeschrieben wird: Ein sich gemächlich steigernder Aufbau, Pathos, eine stimmige, orchestrale Begleitung und nicht zuletzt erstklassiger Gesang voller Fokus und Vitalität. Mit der Rolle der sangesfreudigen First Lady Eva Perón offerierte Madonna nicht nur erstmals schauspielerische Raffinesse, sondern etablierte sich auch als ernst zu nehmende, erwachsen gewordene Sängerin, was die nachfolgende Platte „Ray Of Light“ zusätzlich unterstreichen konnte. Noch heute ist der Song, auch außerhalb Argentiniens, ein Garant für Standing Ovations und Tränen auf Madonnas Konzertreisen.

Platz 04: „Hanky Panky“ aus „Dick Tracy“ (1990)

© Buena Vista Pictures

Noch stärker als der mit einem Oscar ausgezeichnete Song „Sooner Or Later“ in traditioneller Jazz-Manier bleibt ein weiteres Lied aus der musikalischen Zusammenstellung zur Comicverfilmung „Dick Tracy“ im Ohr. „Hanky Panky“ zählt aus meiner Sicht zur Riege der unterschätzten Songs Madonnas, der bewusst gegen den Strom der revolutionären, techno-lastigen 90er schwimmt und sich als vor Lebensfreude übersprudelnde Reminiszenz auf die Goldene Ära des Swing präsentiert. Kraftvoll, empathisch und mit spürbar verruchter Konnotation gesungen, könnte der Beitrag auch im Hinblick auf die Lyrics kaum frivoler und suggestiver anmuten und lässt den geneigten Zuhörer Lust entwickeln, sich selbst einmal an einen Jive zu wagen.

Platz 03: „This Used To Be My Playground“ aus „Eine Klasse Für Sich“ (1992)

© Madonna Ciccone

Ein weiteres traumhaft emotionales, beinahe intim gehaltenes Stück servierte uns Madonna ausgerechnet inmitten ihrer von sexueller Freizügigkeit geprägten Ära inmitten der frühen 1990er, das Verwendung in Penny Marshalls im Sportmilieu zu verortenden Tragkomödie „Eine Klasse Für Sich“ fand. Stark gesungen und sich inhaltlich auf Erinnerungen aus frühester Kindheit besinnend, entfaltet die öffentlich vor Selbstbewusstsein nur so strotzende Ikone ihre verletzliche Seite und rührt in wiederholter Zusammenarbeit mit Shep Pettibone zu Tränen. Vor allem die brillante, von Streichern gespielte Instrumentalsequenz ist dafür ursächlich, aber auch die schlichte, gleichwohl lyrisch anmutende Textgestaltung, mithilfe welche Madonnas Stimme herausragend zur Geltung bringt. Letztlich erreichte „This Used To Be My Playground“ in mehr als zwanzig Staaten die Top-10 der Hitlisten.

Platz 02: „You Must Love Me“ aus „Evita“ (1997)

© Buena Vista Pictures

Dass „Evita“ neben unzähligen Auszeichnungen sogar einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde für die größte Anzahl an opulenten Kostümwechseln – 85 an der Zahl – verbuchen konnte, dürfte angesichts eines Musikstücks schnell zur Nebensache avancieren. „You Must Love Me“ hält sich im Hinblick auf die fast ausschließlich aus reduzierten Piano- und Celloklängen bestehende instrumentale Gestaltung zurück und lässt allein dem tief empfundenen, zwischen authentischer Fragilität und spürbarer Tragik pendelnden Gesang Madonnas Raum zur Entfaltung. In Form dieses wehmütigen, zarten und romantischen Stückes, das geradezu ideal und nachwirkend in das Filmmusical platziert werden konnte, vermochte Madame Ciccone es, sowohl das Publikum als auch Kritiker vom Hocker zu reißen und trug entscheidend zum hochverdienten Gewinn des Oscars in der Kategorie „Bester Filmsong“ bei.

Platz 01: „Vogue“ aus „Dick Tracy“ (1990)

© Madonna Ciccone

Zugegeben: Madonnas vermutlich populärster Werk von allen taucht in Warren Beattys Gangsterfilm eigentlich gar nicht unmittelbar auf, sondern wurde nur auf dem Album „I’m Breathless – Music From And Inspired By The Film Dick Tracy“ deponiert und zeitgleich mit rasendem kommerziellen Erfolg vermarktet. Inhaltlich angeregt von einem Tanzstil aus Gay-Clubs des New Yorker Stadtteils Harlem, avancierte „Vogue“ rasch zu einem Sensationserfolg und festigte Madonnas Ruf als DIE Ikone der schwulen Community. Der Song wirbt freilich nicht allein für Toleranz oder zelebriert lediglich eine zuvor nischenhafte Tanztechnik, sondern darf inhaltlich als glanzvolle, sytlishe Würdigung der Goldenen Hollywood-Ära verstanden werden. House-affine Klavier-Akkorde im Wechsel zu synthetischen Koloriten im Zusammenspiel mit dem auf allen Ebenen überzeugenden Gesang Madonnas und ihres Backgrounds lassen den über 5 Minuten umfassenden Musikstück zu einem Triumph avancieren. Das außerdem in vielerlei Hinsicht Maßstäbe setzende und unter der Leitung von David Fincher entstandene Musikvideo, bildete somit lediglich die sprichwörtliche Kirsche auf dem Sahnehäubchen. „Vogue“ ist ein zeitlos genialer, unbeschwerter Song, der auch heute noch auf jeder Party für Hochstimmung sorgen dürfte und nichts anderes als die Spitzenposition verdient. Strike a pose!

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