Last Christmas

© Universal Pictures

Zugegeben: Am 14. November startete „Last Christmas“ einen Hauch verfrüht in den hiesigen Lichtspielhäusern, während er in Übersee sogar noch zeitiger anlief. Zumindest nach gutchristlicher Tradition sollte zumindest der Totensonntag abgewartet werden, bevor man sich der vorweihnachtlichen Stimmung vollends hingibt. Nicht nur ein bunt zusammengestelltes Schauspielensemble sorgte dafür, dass viele dieses Credo kurzerhand über Bord warfen und dem Anwärter auf den Weihnachtsfilm des scheidenden Jahres 2019 einer Sichtung unterzogen. Das Ergebnis dessen ist ein überraschend positives, denn Paul Feig liefert mit seiner siebten Regieführung seine bis dato mit Abstand überzeugendste Arbeit, die sich durch ein Übermaß an Herzenswärme und die wortwörtliche Interpretation des wohl meistgespieltesten Weihnachtssongs aller Zeiten auszeichnet.

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Zuallererst funktioniert die romantische Komödie, in der die junge Kroatin Katarina ganzjährig als Weihnachtselfe jobbt und zunehmend dem Zynismus und Verfallsdating verfällt, als gelungene Würdigung des musikalischen Lebenswerkes von George Michael. Vor seinem Tode lieferte er wegweisende Ideen für das Skript, das von Oscarpreisträgerin Emma Thompson als selbstbetiteltes Herzensprojekt adaptiert wurde, während insgesamt ein Dutzend seiner Songs eine stimmige Untermalung der jeweiligen Szenen bildete. Einmal mehr stellt London den perfekten Ausgangspunkt dar, dennoch erweist sich die Intention rasch als universell sowie orts- und zeitunabhängig. Charmant und kurzweilig inszeniert, verspürt man sofort eine unbändige Sympathie zu den Charakteren und erfreut sich an Dialogen voller Esprit und Gespür für Timing. Trotz einiger Momente, die ähnlich süß anmuten wie die Glasur eines Lebkuchenherzes, macht der Film auch vor Themen mit hoher Gegenwartsrelevanz nicht Halt und widmet sich unter anderem feinfühlig dem Schicksal von Obdachlosen oder aber dem besorgniserregenden Umschwung, was die Akzeptanz von Migranten anbelangt. Insbesondere die zweite Hälfte ist temporeich und entfaltet außerdem eine wehmütige Atmosphäre, die selbst Hartgesottenen eine Träne der Rührung entlocken dürfte. Als unerwartet stark erweist sich Hauptdarstellerin Emilia Clarke, die nach achtjährigen Engagement in „Game Of Thrones“ nun ihr komödiantisches Talent unter Beweis stellen kann und eine quirlige, wohltuende und nicht zuletzt glaubhafte Performance bietet, der man sich nur mit Mühe entziehen kann. Henry Golding agiert deutlich reduzierter, harmoniert jedoch gerade deswegen ausgesprochen gut mit seiner Drehpartnerin, während unter den Nebendarstellerinnen nicht Emma Thompson, sondern die vielfach unterschätzte Michelle Yeoh für den denkwürdigsten Auftritt sorgt.

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Folglich ist mit „Last Christmas“ ein herrlicher Wohlfühlfilm entstanden, der nicht nur in aufdringlicher Weise auf den Advent einstimmt, sondern dem Zuschauer auch die ursprünglichen Werte des „Festes der Liebe“ ins Gedächtnis zurückruft. Obwohl er nicht die allumfassende Brillanz von „Tatsächlich … Liebe“ erreichen mag, offerieren die Macher ein unterhaltsames und zutiefst berührendes Porträt über Lebensfreude und dessen Rückerlangung.

USA / UK 2019 – 103 Minuten
Regie: Paul Feig
Genre: Tragikomödie / Romanze
Darsteller: Emilia Clarke, Henry Golding, Michelle Yeoh, Emma Thompson, Rebecca Root, Lydia Leonard, Patti LuPone, Ingrid Oliver, Rob Delaney, Peter Serafinowicz, Madison Ingoldsby, Lucy Miller
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