Als Atticus Freeman (Jonathan Majors) aus dem Koreakrieg zurückkehrt, erhält er einen kryptischen Brief seines Vaters Montrose (Michael K. Williams), der von einem geheimen Erbe seiner Familie spricht. Und so macht er sich gemeinsam mit seinem Onkel George (Courtney B. Vance) und seiner Jugendfreundin Letitia (Jurnee Smollett) auf den Weg, um sowohl Montrose wie auch Antworten zu finden. Doch bevor es so weit ist, müssen sie mit einer Reihe von Gefahren kämpfen. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass das afroamerikanische Trio in die Hände rassistischer Polizisten fällt. Zudem treiben seltsame Monster in den Wäldern ihr Unwesen. Auf der Flucht lernen sie Christina Braithwhite (Abbey Lee) kennen, die in einem luxuriösen Landhaus lebt und deren Familie selbst Erfahrungen mit übernatürlichen Ereignissen hat…
In den letzten Jahren hat es eine ganze Reihe von Titeln gegeben, welche das Horrorgenre mit dem Schrecken verbinden, den schwarze Menschen in einem rassistischen Amerika tagtäglich erleben. Der bekannteste Fall ist sicherlich der satirische Vorstadtalptraum Get Out, zuletzt machten die Sklavengroteske Antebellum sowie die Serie Them von sich reden. Gerade Letztere bietet sich bei Lovecraft Country für einen Vergleich an. In beiden Fällen folgen wir einer afroamerikanischen Familie in den 1950ern, die gleich in doppelter Hinsicht in ständiger Gefahr sind. Neben der, die von der weißen Bevölkerung ausgeht, welche in Dunkelhäutigen nicht mehr als minderwertiges Vieh sieht, sind da die übernatürlichen Komponenten. Eine Bedrohung, die nie ganz greifbar und deutlich älter als die der Menschen ist.
Autor H. P. Lovecraft wurde Zeit seines Lebens ignoriert. Er starb verarmt mit gerade mal 46 Jahren. Nach seinem Tod gewann der US-amerikanische Autor aber Kultstatus. Dabei sind es vor allem seine bizarren Kreaturen und der unaussprechliche Horror des Verborgenen, die ihn bis heute zu einem der einflussreichsten Schriftsteller seines Genres machen. Dies zeigt sich bereits in der ersten Folge, wenn das Hauptdarstellertrio erst mit Polizisten, dann mit Monstern zu tun bekommt. Letztere hätte es dabei noch nicht einmal unbedingt gebraucht, um Spannung zu erzeugen, aber die Fantasieelemente funktionieren wunderbar. Vor allem eine Szene, in der einer der Polizisten ein perfides Spiel mit den Fremden spielt, sorgt für jede Menge Nervenkitzel.
Immer wieder verbindet die Serie den täglichen Schrecken mit dem Okkulten. Der Unterschied: Auch die Figuren suchen irgendwann nach diesem Okkulten, um sich selbst zu schützen. Auf diese Weise verwischen schnell die Grenzen, zumal selbst die Protagonisten und Protagonistinnen nicht durchgängig gut sind. Lovecraft Country ist voll von Figuren, die etwas Schlimmes erlebt haben, sich gegenseitig etwas Schlimmes antun oder manchmal einfach nicht miteinander können. Selbst Atticus und Letitia, quasi die beiden Vorzeigefiguren der Geschichten, haben zwischendurch ausgesprochen hässliche Seiten.
Das ist einerseits löblich, eine derartige Komplexität würde man in dem Bereich nicht unbedingt erwarten. Gleichzeitig krankt die Serie aber auch ein bisschen daran, dass ein wenig zu wild Sachen zusammengeworfen werden. Es fehlt bei Lovecraft Country eine klar strukturierte Geschichte. Ein Konzept, das die vielen Einzelschrecken und inhaltlichen Elemente zusammenhalten würde. Die Serie gleicht mehr einer Kurzgeschichtensammlung, bei der so getan wird, als wären die verschiedenen Ereignisse Teil eines größeren Ganzen. Doch auch wenn die Idee nicht vollständig aufgeht, ist Lovecraft Country sehenswert, denn da sind schon arg viele Szenen und Episoden dabei, die sehr gut gestaltet und herausragend gespielt sind. Besonders, der kürzlich verstorbene Michael Kenneth Williams muss hervorgehoben werden, der zurecht für seine Rolle für den Emmy nominiert wurde und ihn endlich verdient gehabt hätte. Auch Jurnee Smollett und Jamie Chung liefern durchweg herausragende Leistungen ab.
Fazit: Lovecraft Country kombiniert den alltäglichen Schrecken eines rassistischen Amerikas mit okkultem Horror und bizarren Kreaturen im Stil des berühmten Autors. Das ist zuweilen ein wenig willkürlich zusammengeworfen, es fehlt da an einer klar strukturierten Geschichte. Sehenswert ist das Ergebnis aber schon und ist streckenweise wirklich unheimlich. Ob es das perfide Spiel des Polizisten ist, ein tatsächlich unheimlicher Mädchenfluch oder die Tragik eines Monsters, das keines sein will: Die Serie bietet einen atmosphärischen Blick in die Abgründe dieser Welt, selbst wenn man nicht immer ganz sicher sein kann, was man darin sieht.
Folgen-/Wertungsübersicht:
- Sonnenuntergang (8,5/10)
- Das Vermächtnis (7,0/10)
- Das Winthop-Haus (7,5/10)
- Eine Geschichte der Gewalt (7,5/10)
- Die Verwandlung (7,0/10)
- Kumiho (8,5/10)
- Ich bin (7,5/10)
- Schutzzauber (8,0/10)
- Tulsa, 1921 (8,5/10)
- Blutopfer (7,0/10)
Gesamt: 7,7/10