Glass Onion (OT: Glass Onion: A Knives out Mystery)

Glass Onion: A Knives Out Mystery mit Edward Norton, Daniel Craig, Kate Hudson, Dave Bautista, Jessica Henwick, Kathryn Hahn, Janelle Monáe, Madelyn Cline, and Leslie Odom Jr.
©Netflix

Es hätte ein richtig schönes Wochenende sein sollen, zumindest war das der Plan von Miles Bron (Edward Norton). So lud er seine Freunde und Freundinnen Andi Brand (Janelle Monáe), Claire Debella (Kathryn Hahn), Lionel Toussaint (Leslie Odom Jr.), Birdie Jay (Kate Hudson) und deren Assistentin Peg (Jessica Henwick) sowie den YouTube-Star Duke Cody (Dave Bautista) und dessen Freundin Whiskey (Madelyn Cline) ein. Gemeinsam sollten sie einen fingierten Mord lösen, dem Miles selbst zum Opfer fallen soll. Dabei scheute er keine Kosten und Mühen, der Tech-Milliardär will von allem nur das Beste. Dummerweise befindet sich aber auch der Privatdetektiv Benoic Blanc (Daniel Craig) unter den Gästen. Seltsam nur, dass Miles ihn gar nicht eingeladen hatte. Aber wenn nicht er, wer dann? Dabei ist das noch das geringste Problem des Gastgebers, denn schon bald geht bei dem Krimi-Wochenende alles schief, was nur schief gehen kann…

Im Fernsehen kann man sich natürlich nicht vor Krimis retten, da werden praktisch täglich Morde oder andere Verbrechen aufgeklärt. Im Kino ist das Genre jedoch inzwischen nur noch selten vertreten. Umso größer war die Freude von Fans, als vor einigen Jahre mit Mord im Orient-Express und Knives Out – Mord ist Familiensache zwei Vertreter auf der großen Leinwand zu sehen waren. Beide quillten sie über vor Stars und spielten so viel Geld ein, dass die Hoffnung auf eine Renaissance des Whodunnits groß war. Vor allem Netflix war von dem kommerziellen Potenzial offensichtlich so überzeugt, dass das Unternehmen fast 500 Millionen US-Dollar ausgegeben haben soll, um sich die Exklusivrechte an den Fortsetzungen von Knives Out zu sichern. Das war, wie so oft bei dem Streamingdienst, völlig überdimensioniert. Dem Publikum durfte es aber egal sein und stattdessen darauf gespannt sein, wie es in Glass Onion: A Knives Out Mystery weitergehen würde.

Glass Onion: A Knives Out Mystery mit Edward Norton and Daniel Craig
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Antwort: Ganz ähnlich und doch anders. So orientiert sich Rian Johnson auch bei seinem zweiten Film an der bewährten Formel, wie man sie beispielsweise bei Agatha Christie immer wieder fand. Schon das Setting erinnert an bekannte Vorbilder. Wo es beim ersten Teil noch das Anwesen einer Familie war, wo das Oberhaupt getötet wurde – eines der Krimi-Szenarien schlechthin –, kommt es bei Glass Onion: A Knives Out Mystery zu einem Treffen auf einer abgelegenen Insel. Das letzte Wochenende fällt einem da beispielsweise ein. Dass jemand zu einem Krimidinner einlädt, kam auch früher schon häufiger mal vor, siehe die Kultkomödie Eine Leiche zum Dessert. Dass ausgerechnet ein echter Privatdetektiv bei einer solchen Feier dabei ist, ganz zufällig natürlich, gehört sowieso zum Standard.

Und genau das ist der Knackpunkt, man hat das alles gefühlt schon zig mal gesehen und dazu auch noch viel besser. So beginnen Krimis üblicherweise damit, dass recht früh eine Leiche auftaucht und der restliche Film davon handelt, wie das Rätsel gelöst werden muss. Bei Glass Onion: A Knives Out Mystery dauert es hingegen überraschend lange, bis da mal jemand tot umfällt. Bis es so weit ist, beschäftigt sich der Film vor allem mit den Figuren und ihren jeweiligen Verhältnissen untereinander. Verhältnisse, die gelinde gesagt schwierig sind. Das war beim ersten Teil prinzipiell ähnlich, schließlich ging es damals um eine komplett dysfunktionale Familie. Wenn innerhalb einer Familie gemordet wird, muss da schon einiges im Argen liegen. Dieses Mal wird das stärker zum Selbstzweck. Johnson hat bedauerlicherweise ein größeres Interesse daran, sich über diese Figuren lustig zu machen, als ein wirkliches Fundament für den Fall zu legen.

Glass Onion: A Knives Out Mystery mit Janelle Monáe
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Grundsätzlich kann das funktionieren. Knives Out war vor drei Jahren auch schon kein Krimi-Meisterwerk, sondern machte vor allem aufgrund der humorvollen Elemente Spaß, wenn Johnson das Genre auseinandernahm. Bei Glass Onion: A Knives Out Mystery ist das Ergebnis jedoch deutlich schwächer. Auch wenn das Ensemble sich redlich darum bemüht, die Figuren zu überzeichnen, hinterlässt das weniger Eindruck als beim letzten Mal – und das nicht nur, weil die Schauspieler und Schauspielerinnen dieses Mal weniger bekannt sind. Die satirischen und gesellschaftskritischen Momente, die den Kriminalfall unterbrechen, sind dann doch ein bisschen zu austauschbar. Johnson machte es sich mit den Stereotypen recht einfach und konzentrierte sich lieber auf diverse Wendungen, die für geübte Kriminalisten vorhersehbar erscheinen.

Dies betrifft leider auch das finale Rätsel. Dazu ergeben die vielen Wendungen nicht unbedingt viel Sinn. Schade, denn das Setting hat durchaus Potential gehabt, wird aber nicht ausgeschöpft. Vor allem die Titelgebende „Glass Onion“ hätte thematisch noch viel mehr eingebunden werden können. Auch die Lauflänge von 140 Minuten hätte es nicht nötig gehabt. Vor allem den ersten Akt rund um das Quarantänesetting hätte man rund um eine halbe Stunden kürzen können. Im Vergleich zum ersten Teil ist alles dann leider doch um einiges schwächer, zumal das Ende ein wenig unbefriedigend ist. Die enormen Erwartungen, die man an den Film haben durfte, werden für meinen Teil leider nicht erfüllt. Das große Miträtseln blieb aus, der Charme ist kaum noch vorhanden und der Plot ist an den Haaren herbeigezogen. Schade.

USA – 140 Minuten
Regie: Rian Johnson
Genre: Whodunit / Krimi
Darsteller: Daniel Craig, Edward Norton, Janelle Monáe, Kate Hudson, Kathryn Hahn, Dave Bautista, Leslie Odom Jr., Jessica Henwick, Madelyn Cline, Noah Segan, Jackie Hoffman, Dallas Roberts, Ethan Hawke, Hugh Grant, Natasha Lyonne, uva.
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