Joker: Folie á Deux

Joker Folie a deux
Warner Bros

Zwei Jahre ist es her, dass Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) als Alter Ego Joker in Gotham City sein Unwesen trieb und dabei mehrere Menschen umbrachte. Seither sitzt er im Arkham Asylum, wo er sadistischen Wächtern wie Jackie Sullivan (Brendan Gleeson) ausgesetzt ist und auf seine Gerichtsverhandlung wartet. Seine Anwältin Maryanne Stewart (Catherine Keener) ist davon überzeugt, dass er schwer gestört ist aufgrund traumatischer Erfahrungen und deswegen nicht schuldfähig ist. Arthur selbst weiß nicht so recht, was er von allem halten soll, zumal er sowohl innerhalb der Einrichtung wie auch da draußen als Held gefeiert wird. Besonders Harleen Quinzel (Lady Gaga), die ebenfalls in Arkham eingewiesen ist, findet Gefallen an dem stillen Mann mit der blutigen Vergangenheit und ist fest entschlossen, den Joker endgültig zu befreien…

Es gibt nicht wenige, die der Ansicht sind, dass bei den Geschichten um Batman die oft grotesken Schurken und Schurkinnen viel interessanter sind als der Protagonist selbst. Insofern wunderte es dann auch nicht wirklich, dass Joker 2019 auf große Resonanz stieß. Schließlich ist der sadistische Psychopath der bekannteste aller Antagonisten aus diesem Comic-Universum, wurde viele Male im Fernsehen und im Kino porträtiert. Und doch hätte niemand erwartet, wie groß diese Resonanz sein würde. Nicht nur, dass der Film – ganz ohne Auftritt des Helden – über eine Milliarde US-Dollar einspielte, was zuvor noch keinem Werk gelungen war, das in den USA die Erwachseneneinstufung R erhalten hatte. Er erhielt zudem wichtige Preise, darunter den Goldenen Löwen in Venedig sowie einen Oscar für Hauptdarsteller Joaquin Phoenix. Insofern wundert es dann auch nicht, dass mit Joker: Folie à Deux eine Fortsetzung erscheint, obwohl die Comic-Adaption immer als Einzelteil geplant war.

This Actor Gave the Most Powerful Performance In 'Joker Folie a Deux' — And It's Not Arthur or Harley
Warner Bros

Anstatt aber das Erfolgsrezept zu wiederholen, beschloss man, beim zweiten Teil einen ganz anderen Weg zu gehen. Teilweise war das im Vorfeld bekannt. So machte man keinen Hehl daraus, dass es sich bei dem neuen Werk um ein Musical handeln würde. Nicht ohne Grund wurde Lady Gaga für die Rolle der Harley Quinn engagiert, die ebenfalls große Beliebtheit genießt. Das düstere Krimidrama mit Gesangseinlagen? Auf die Idee muss man erst einmal kommen und hat durchaus seinen Reiz. Warum ist die Fortsetzung dann so gefloppt?

Das Problem ist weniger, dass der Film die Erwartungen auf diese Weise nicht erfüllt, ich denke das Hauptproblem ist, dass kaum Jemand jemals Arthur Fleck sehen wollte, alle sind nur wegen dem Joker damals ins Kino gegangen auch da schon gab es viele kritische Stimmen, die sich mehr vom durchgeknallten Joker gewünscht hätten. Inhaltlich hätte Joker von Anfang an Arthur heißen müssen. Denn dieses Sequel beweist, die meisten Menschen interessieren sich nicht für intime Charakter-Studien, emotionale Sozialdramen oder für künstlerische Autoren-Filme, die meisten kommen um die Marke welche vorgegeben ist, in ihrer immer gleichen Ausführung aufs „Neue“ zu sehen. Von allen Seiten hört man nur „zu wenig Joker“ oder „das ist nicht der Joker, den ich kenne“, etc. Kein Diskurs über die Handlung, keine Bemerkung über das Technische des Filmes, nur Kommentare dass die Marke, die vorne dran steht, nicht so genutzt wurde wie immer.

Gary Puddles sits as a witness in the Arthur Fleck trial in Joker: Folie a Deux.
Warner Bros

Ich empfinde es als ziemlich tragisch, dass die meisten nicht einmal versuchen sich auf das einzustellen was tatsächlich erzählt wird und nur dem hinterhertrauern, was sie nicht bekommen haben. Denn auch Folie Á Deux ist wie sein Vorgänger ein faszinierender, technisch wundervoll inszenierter und ambitionierter Film, welcher immer wieder zeigt, dass er das Publikum durchaus verstanden hat. So Inszeniert Todd Philipps eine Art Meta-Analyse vom ersten Teil und welche Reaktionen dieser hervorgerufen hat. Es ist quasi eine Filmkritik, versteckt in einem Film, welcher die Geschichte des analysierten Filmes und dessen Themen gekonnt aufarbeitet und teils sogar erweitert.

Der erste Joker war eine Geschichte über einen traurigen, verstörten Mann, der von der Gesellschaft niedergeschlagen wurde und am Ende eine Persona erschaffen hat um endlich wahrgenommen und anerkannt zu werden. Es ging um einen unpolitisch gemeinten Akt der Rache, welcher schlussendlich eine politische Revolte anzettelte, in der das Bild des Clowns zum revolutionären Symbol heranwuchs. Und hier geht diese Fortsetzung weiter und anstatt uns nun einen Joker-Film zu präsentieren, welcher den Clown Prince of Crime als unaufhaltsamen, über alle Ecken denkenden psychotischen Strategen zeigt, wie es bislang immer wieder der Fall war, nutzt Philipps das Bild des Jokers um eine Dekonstruktion vom Konzept des „Großen Mannes“ zu entwerfen, wie es bereits Michael Gamper mit seinem Buch „Der große Mann: Geschichte eines politischen Phantasmas“ getan hat. Folie Á Deux nutzt dabei seine Musical-Sequenzen weniger dafür den Plot voranzutreiben, sondern viel mehr als Bruch zum Geschehen, damit der Zuschauer einen kurzen Moment bekommt um alles vorgetragene nochmal einzuordnen und sachlicher an die Geschichte heranzutreten, bevor uns dann am Ende des Filmes dann immer und immer wieder die Fresse eingeschlagen wird.

Joker: Folie à deux
Warner Bros

Der letzte Akt ist pure Frustration und reine Tragik, welche einen unerfüllt und leer zurücklässt. Aber es ist auch ein logisches Ende, welches alle im vornherein angesprochenen Themen schmerzhaft, aber auch perfekt zusammengefasst hat. Es ist kein Comicfilm, in dem wir Menschen dabei zusehen wie sie sich selber und teilweise sogar den menschlichen Pfad im allgemeinen übertreffen, so verläuft es im seltensten Fall in der Realität ab. Die meisten Menschen schaffen es nicht ihren „Character Arc“ aufrecht zu erhalten und lassen sich durch ihre Schwächen immer wieder zu dem Menschen machen, der Sie auch vorher waren. Arthur Flecks Story ist Verstörend, Tragisch und ungerecht… aber so ist es eben manchmal einfach.

Fazit: Joker: Folie à Deux bricht mit den Erwartungen des Publikums und macht den zweiten Auftritt des traurigen Psychopathen zu einer Mischung aus Gerichtsdrama und Musical. Einzig, dass es noch wilder und mehr eigen Songs verwendet hätten sein können, kann man Todd Phillips ankreiden. Darstellerisch liefern Lady Gaga, Brendan Gleeson, Catherine Keener und Joaquin Phoenix ab. Vor allem Phoenix taucht wieder ganz ein, in seinen Soziopaten mit Persönlichkeitsstörung und stellt unter Beweis, dass er vor 5 Jahren zurecht den Oscar erhalten hat. Das ist Method Acting auf beängstiegendem Niveau. Auch gut gefallen hat der kurze Auftritt von Leigh Gill als Gary Puddles, der durchaus auch Potential hätte zu einem bestimmten Gotham-Bösewicht zu mutieren. Etwas blass fand ich hingegen Harry Lawtey als Harvey Dent, der bekanntlich zu „Two Face“ wird. Alles in Allem aber ein guter, aber gänzlich missverstandener Film, der meines Erachtens, dass 5,3/10-Ranking bei imdb nicht verdient hat!

USA 2024 – 138 Minuten
Regie: Todd Phillips
Genre: Drama / Musical / Crime
Darsteller: Joaquin Phoenix, Lady Gaga, Brendan Gleeson, Catherine Keener, Harry Lawtey, Leigh Gill, Zazie Beetz, Steve Coogan, Ken Leung Jacob Lofland, Bill Smitrovich, Sharon Washington, Alfred Rubin Thompson, Connor Storrie, uva.

 

 

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