Gladiator 1+2

Complete Line Of Roman Emperors In Gladiator 1 & 2 Explained
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Neben dem kommerziellen Aspekt sind Fortsetzungen oft von dem Wunsch geprägt, eine beliebte Welt oder Erzählung weiter auszubauen. Sie können neue Perspektiven einführen, narrative Lücken füllen und den Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart vertiefen. Gleichzeitig bergen sie jedoch das Risiko, den Zauber des Originals zu verwässern, wenn die Fortsetzung nicht mit gleicher Sorgfalt und Leidenschaft entwickelt wird.

24 Jahre nach dem Siegeszug von Gladiator, sowohl auf kommerzieller, als auch auf cineastischer Ebene, wollte es Ridley Scott noch einmal Wissen und präsentiert uns die Fortsetzung, indem nun Maximus Sohn Lucius im Fokus steht. Eigentlich eine ideale Grundprämisse um sich und seinem größten Erfolg ein Denkmal zu setzen. Ob dies Ridley Scott gelungen ist oder er sein Epos mehr als zwei Jahrzehnte später verwässert, dazu habe ich eine klare Meinung – aber lest selbst!

Gladiator 2: Alle Infos zu Kinostart, Handlung, Besetzung und erste Bilder - HIFI.DE
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GLADIATOR

Für das Wohl Roms wäre der kaiserliche Tribun Maximus (Russell Crowe) zu jedem Opfer bereit. Und so zögerte er auch nicht, im Auftrag seines Kaisers Marc Aurelius (Richard Harris) in den Krieg zu ziehen und in Germanien die Macht des Reiches zu sichern. Maximus ist sich auch wohl bewusst, was er an seinem treuen Untertanen hat, und eröffnet ihm, dass er sein Nachfolger werden soll – an Stelle seines Sohnes Commodus (Joaquin Phoenix), dem er die Führung nicht zutraut. Dieser will diese Schmach aber nicht einfach so hinnehmen. Noch in derselben Nacht tötet Commodus seinen Vater und macht sich selbst zum Kaiser. Zusätzlich lässt er die Familie von Maximus töten. Maximus selbst gelingt es zwar zu entkommen, endet aber als Sklave in der Provinz. Dort wird er von Proximo (Oliver Reed) gekauft, der ihn zu einem Gladiator macht und damit den Weg nach Rom ebnet…

Es gehört zur Geschichte des Films dazu, dass dieser im Laufe der Zeit vielfältigen Änderungen unterworfen war. Das betrifft die Technik wie der Wechsel zum Tonfilm, Farbe ersetzte Schwarzweiß, von dem Siegeszug der Computer ganz zu schweigen. Hinzu kommen inhaltliche Wandlungen, etwa im Hinblick auf Humor. Aber auch auf Publikumsseite tat sich einiges während der letzten hundert Jahre, wenn sich Vorlieben ändern und manche einst populäre (Sub-)Genres in die Bedeutungslosigkeit stürzten. Zu den gehörte auch der Monumentalfilm. Mitte des 20. Jahrhunderts zählte er noch zu den wichtigsten Genres, brachte große Klassiker wie Spartacus (1956), Die zehn Gebote (1956) und Ben Hur (1959) hervor. Später interessierte er aber kaum noch, Hollywood war weitergezogen.

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Umso überraschender war die kurze Renaissance in den frühen 2000er Jahren. Einer der wichtigsten Titel war dabei zweifelsfrei Gladiator, das an den Kinokassen einschlug und zudem zahlreiche Filmpreise einheimste – darunter die Oscars für den besten Film und den besten Hauptdarsteller. Auch die Behauptung, es handele sich hier um einen der besten Actionfilme aller Zeiten, darf man gern mit einem kleinen Fragezeichen versehen. Oder auch einem großen. Tatsächlich sind die Choreografien des Films nicht übermäßig ausgefeilt. Regisseur Ridley Scott (Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt, Blade Runner) setzte mehr auf das Brachiale als das Künstlerische. Das Publikum sollte von der Wucht mitgerissen werden und angesichts des Spektakels mit offenen Mündern vor der Leinwand sitzen.

Für viele hat das auch sehr gut funktioniert. Untermalt von den bombastischen Klängen von Hans Zimmer und Lisa Gerrard ist Gladiator klassisches Hollywood-Blockbusterkino, das sich betont dreckig und düster gibt. Und sehr ernst: Kult-Regisseur Ridley Scott versteht bei seiner Rachegeschichte keinen Spaß, lässt sein Ensemble immer betont grimmig in die Kamera blicken. Das ist grundsätzlich natürlich in Ordnung. Nicht jeder Film muss à la Marvel an den unpassendsten Stellen Humor einbauen und damit die Atmosphäre kaputt machen. Hier ist das Düstere aber schon sehr forciert, anstatt sich auf die Geschichte und die Schauspieler zu verlassen. Subtilität? Nuancen? Das sucht man hier vergebens, das Plakative wird zelebriert. Das gilt auch für die Figuren, denen das Drehbuchteam kein wirkliches Innenleben zugesteht.

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Nennenswerte inhaltliche Ansprüche sollte man daher besser schon im Vorfeld zu den Akten legen. Die simple Rachegeschichte gibt das einfach nicht her. Wer darauf verzichten kann, wird zwei Jahrzehnte später aber nach wie vor gut unterhalten. Der Aufwand, der betrieben wurde, macht Gladiator noch immer sehenswert. Die schauspielerischen Leistungen passen innerhalb des vorgegebenen Rahmens ebenfalls. Joaquin Phoenix ist mit seiner Rolle zwar unterfordert. Aber es macht doch Spaß, ihm bei seiner Darstellung als sadistischen Oberschurken zuzusehen. Ein bisschen nostalgisch darf man beim Ansehen von Gladiator ohnehin werden, da nach dem kurzen Zwischenhoch das Genre schon wieder ausgestorben ist. Selbst wenn der Film im Vergleich zu den klassischen Monumentalfilmen eher eine Light-Variante ist, so erinnert Scott doch daran, was sich mit solchen historischen Geschichten alles zeigen lässt.

Fazit: „Gladiator“ war 2000 Teil einer unerwarteten Renaissance von historischen Monumentalfilmen. Der Film ist auch zwei Jahrzehnte später sehenswert, der betriebene Aufwand und das Ensemble rechtfertigen die Sichtung nach wie vor. Inhaltlich darf man hingegen keine Ansprüche haben: Die dünne Rachegeschichte und die nichtssagenden Figuren verschwinden hinter dem Spektakel. Sehr wohlwollende 8/10.

USA 2000 – 155 Minuten
Regie: Ridley Scott
Genre: Sandalenfilm / Action / Drama
Darsteller: Russell Crowe, Joaquin Phoenix, Connie Nielsen, Oliver Reed, Richard Harris, Derek Jacobi, Djimon Hounsou, David Schofield, uva.

Gladiator II
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GLADIATOR II

Noch immer erzählt man sich in Rom die Geschichte des Gladiators Maximus – seine Rache an Commodus in der Arena und seinen letzten Wunsch, dem Senat und dem Volk die Macht zurückzugeben, um Rom in eine gerechte Republik zu verwandeln. 15 Jahre sind seitdem vergangen, und die Straßen Roms sind erneut der Machtgier und Korruption verfallen. Die Zwillingsherrscher Geta (Joseph Quinn) und Caracalla (Fred Hechinger) regieren mit eiserner Faust, einzig getrieben von dem Ziel, ihr Reich zu vergrößern. Im Rahmen dieser Expansionsfeldzüge erobert Tribun Marcus Acacius (Pedro Pascal) eine der letzten freien Städte Afrikas. Die Überlebenden, unter ihnen Lucius (Paul Mescal), werden als Sklaven nach Rom verschleppt und verkauft. Eine Handvoll „Glücklicher“ darf unter der Aufsicht des Gladiatorentrainers Macrinius (Denzel Washington) im Kolosseum um ihre Freiheit kämpfen…

Mit Gladiator schuf Ridley Scott ein Epos über Intrigen, Macht, Ehre und Rache. Für viele ist der Film nicht nur einer der besten der letzten 30 Jahre, sondern auch eine Quelle unvergesslicher Szenen und Zitate wie „Stärke und Ehre“ und „Unterhalte ich euch nicht?“. Darüber hinaus setzte dieser neue Maßstäbe, was Setdesign, Kostüm und Inszenierung betrifft.

Gladiator II' Animals: Were There Rhinos, Baboons and Sharks in the Colosseum?
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Gladiator II besticht erneut durch seine visuelle Inszenierung. Wie Gladiator beginnt der Film mit einer großen Schlachtszene – diesmal allerdings nicht in einem düsteren germanischen Wald, sondern an der Küste der letzten freien Stadt Africa Novas. Mit einer spektakulären Kombination aus Land- und Seeschlacht setzt Ridley Scott noch einmal einen drauf. Auch bei der Inszenierung der Gladiatorenkämpfe in Roms berühmten Kolosseum ist das Motto „höher, schneller, weiter“: mehr Action, mehr Blut, mehr Kämpfer und größere Kulissen. Dennoch kann all das nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich vor allem die ersten beiden Drittel von Gladiator II wie ein Déjà-vu anfühlen. Vieles davon haben Zuschauer bereits genauso oder ähnlich in Gladiator gesehen

Auch abseits der Actionsequenzen ähneln sich beide Filme stark. Die Stimmung der römischen Bevölkerung ist aufgeheizt, der Senat machtlos, die Tyrannen halten das Volk mit Zuckerbrot und Peitsche bei Laune – einerseits durch immer exzessivere Spiele und Gladiatorenkämpfe, andererseits durch die gewaltsame Repression der Prätorianergarde. Die Bürger Roms sehnen sich nach einem Helden; ihre Loyalität liegt nicht bei den Zwillingsherrschern, sondern bei Pedro Pascals Acacius und Paul Mescals Lucius. Doch Lucius dient in Gladiator II hauptsächlich als „Maximus 2.0“. Im Vergleich zu Russell Crowes Performance im Original fehlt Mescal allerdings das Charisma und die Leinwandpräsenz, um Crowes Fußstapfen auszufüllen. Zudem wirkt sein Schauspiel auch neben den Darbietungen von Pedro Pascal und vor allem Denzel Washington eher blass.

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Anders als noch Oliver Reed in Gladiator bekommt Washington in der Rolle des Gladiatorentrainers Macrinius deutlich mehr Screentime und charakterliche Tiefe. Er verfolgt seine eigenen Pläne, und damit setzt sich Gladiator II besonders im letzten Drittel handlungstechnisch von seinem Vorgänger ab und geht spätestens dann leider völlig baden. Die schlecht animierten genmanipulierten (!) Alienpredatoraffen, das Reiten auf Rhinozerossen, sogar Haie im Kolosseum, die samt Wasser so schnell verschwanden, wie sie da waren – das ist schon alles Banane, aber Lucius ein dermaßen schwaches Motiv für seinen ultimativen Rachefeldzug zu geben, dazu die beiden Zwillingskaiser, dermaßen Karikaturesk anzulegen und Pedro Pascal komplett zu verschenken ist unverzeihlich. Und Denzel Washington? Der scheißt auf alles und spielt einfach in einem anderen Film mit und ist traurigerweise damit noch das unterhaltsamste an dem ganzen Gequirrle. Nee Leute, dass war nix! Ein totalversagen Ridley Scott, der sich endlich den Gefallen tun und sich zur Ruhe setzen sollte. Seit American Gangster war nur „Das letzte Duell“ zu gebrauchen und das ist ein wenig Mau in fast 20 Jahren, meint ihr nicht?

Fazit: Mit „Gladiator II“ schafft Ridley Scott ein unwürdiges Sequel, das die großen Fußstapfen des Vorgängers nicht ausfüllen kann. Beeindruckend inszenierte Actionsequenzen und einzelne neue Ideen im letzten Drittel des Films können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der zweite Teil seinem Vorgänger zu sehr ähnelt. Hätten sie doch lieber die Saturday Night-Variante gedreht, dass hätte wenigstens mal ein riesen Spaß sein können: Gladiator – The Musical. Da eine weitere (!) Fortsetzung bereits angekündigt wurde bleibt nur zu hoffen, dass es die Musicalvariante wird, denn künstlerisch ist ansonsten wohl nichts mehr zu holen!

USA 2024 – 148 Minuten
Regie: Ridley Scott
Genre: Action / Drama / Sandalenfilm
Darsteller: Paul Mescal, Denzel Washington, Pedro Pascal, Connie Lielsen, Joseph Quinn, Fred Hechinger, Lior Raz, Derek Jacobi, Peter Mensah, Matt Lucas, Alexander Karim, Yuval Gonen, Richard McCabe, Tim McInnerny, Alec Utgoff, Rory McCann, etc.

 

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