The Good Doctor – Tödliche Behandlung (OT: The Good Doctor)

Dr. Roy Basch…äh, ich meine natürlich Dr. Martin Blake

1978 erschien mit dem Buch House of God von Samuel Shem (ein Pseudonym des Professors für Psychiatrie Stephen Bergman) ein zynischer Abgesang auf die damalige medizinische Situation in den USA. Seit dem hat sich vieles verbessert, aber auch gleich geblieben. 1984 kam er zu einer Verfilmung, in der unter anderem Tim Matheson mitspielte. Die scheint aber fast vollkommen unbekannt zu sein.

Ich hatte immer den Wunsch, dass es endlich mal zu einer richtigen Verfilmung des Stoffes kommen würde und einen Gegenpol zu der romantischverklärten Soapworld aktueller Serienproduktionen bilden könnte. Emergency Room (was den Grad an Realismus angeht) und in gewisser Weise House M.D. (was den Zynismus angeht) schafften dies auf dem Serienbildschirm. Aber auf der großen Leinwand? Außer an den ebenfalls 1978 erschienen Coma von Michael Crichton und The Hospital aus dem Jahr 1971 von Arthur Hiller mit George C. Scott in der Hauptrolle kann ich mich an keine Werke erinnern, die ein dunkles, realistisches Bild von der Krankenhausarbeit liefern. Wo man die Verzweiflung der jungen Ärzte spürt und frei ist von soapartigen Elementen. Konnte mir The Good Doctor von Lance Daly genau das liefern? Teilweise ja; teilweise nein.

Die Story ist kurz erzählt: Ein junger Arzt aus England – Martin Blake (dargestellt von Orlando Bloom) – arbeitet seit kurzem in einem amerikanischen Krankenhaus und bekommt nach eigener Aussage nicht den Respekt, den er eigentlich als Arzt verdient hätte; sowohl von den Patienten, als auch von den Krankenhauspflegern und -schwestern. Er ist ja schließlich Arzt und rettet permament Leben. Als eine junge Patientin (Riley Keough) ihm endlich diesen Respekt zu Teil kommen lässt, aber natürlich auch irgendwann gesund entlassen wird, fängt Blake an dafür zu sorgen, dass sie recht schnell wieder dort landet und er sich als strahlender Retter fühlen kann. Leider kommt irgendwann der Point of no Return…

Regisseur Daly und Drehbuchautor John Enbom (der bereits einige Folgen von Veronica Mars geschrieben hat und weiß wie man Spannung erzeugt) schaffen es tatsächlich über die Spieldauer von 90 Minuten ein getrübtes und hartes Bild von der Krankenhausarbeit zu liefern, verzichten dabei aber auf die realistische Kameraführung von Emergency Room, sondern bedienen sich einer Bildsprache, den man vielleicht noch am ehesten mit der US-Version von Kingdom Hospital vergleichen lässt: Blasse, kalte Farben.

Auch wirkliche Sympathieträger sucht man in dem Film vergebens: Die von Riley Keough dargestellte Diane liegt logischerweise die meisten Zeit im Bett und die profilierten Nebendarsteller wie Taraji P. Henson als Krankenschwester die immer wieder mit Blake zusammenrasselt und Michael Peña als Pfleger Jimmy eignen sich auch nicht wirklich als Projektionsfläche für den Zuschauer. Am ehesten Sympathie kann man noch zu Dr. Waylans entwickeln, der vom von mir sehr geschätzten Rob Morrow gespielt wird und eigentlich nur seine Abteilung am Laufen haben möchte und dass alle ihre Arbeit so gut wie möglich machen.

Jetzt wird man sich fragen: Was ist denn mit dem Hauptdarsteller? Dr. Martin Blake ist ein kariere- und aufmerksamkeitgeiles Abbild eines Arztes. Sympathie entwickelt man fast gar nicht für ihn. Dafür ist seine Rolle einfach zu kalt und arrogant. Und die Rolle war bestimmt eine tolle Vorbereitung für Orlando Bloom auf seine Rolle als Duke of Buckingham in Die drei Musketiere, den er kurz danach drehte: Beide sind ganz klar die Bösewichte, werden von Bloom aber passend auf den Punkt gespielt und er scheint sich langsam von seinem Image als softer Steigbügelhalter (Stichwort: Will Turner) zu lösen. Freut mich wirklich für ihn.

The Good Doctor handelt nicht wirklich von einem guten/netten Doktor, sondern von einem Arzt der sich gerne in dieser Rolle sehen würde, aber einfach nur die Karriereleiter so schnell wie möglich nach oben klettern möchte. Als Film ist er grundsolide und stellenweise gelingen Regisseur Daly sogar ein paar echt nette Shots. Irgendwie frage ich mich, ob der Stoff nicht als Serienpilot besser aufgehoben gewesen wäre. Aber er hat halt keinen McDreamy, sondern nur einen McBastard. Schade eigentlich.

USA – 2010 – 1 Std. 33 Min.
Regie: Lance Daly
mit Orlando Bloom, Riley Keough und Rob Morrow
Genre: Drama

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