No hard Feelings

Sony Pictures

Percy ist ein freundlicher, braver gar vorbildlicher Junge, dessen Noten so gut sind, dass er auch an die Uni in Havard kann. Außerdem hilft er in seiner Freizeit in einem Tierheim aus und kümmert sich dort um die Hunde, die niemand haben mag. Mit Menschen tut er sich hingegen deutlich schwerer. Tatsächlich ist er so unerfahren in der Welt da draußen, dass seine Helikopter-Eltern Laird (Matthew Broderick) und Allison (Laura Benanti) sich Sorgen machen, ihr Sohn könnte von dem Leben in der Realität völlig überfordert sein. Um ihm ein bisschen Starthilfe zu geben, schalten sie daher eine Anzeige. Ihr Ziel: Eine Frau soll den Jungen daten und das notwendige Selbstvertrauen geben, um später in der Uniwelt bestehen zu können. Dafür gibt es ein Auto als Belohnung. Für Maddie (Jennifer Lawrence) kommt dieses Angebot wie gerufen, hat sie doch kürzlich ihr eigenes Auto verloren, braucht aber dringend die Einnahmen als Uber-Fahrerin, um das Haus ihrer Mutter zu retten. Dass die Frau Anfang 30 ist und damit viel zu alt, stört sie nicht. Und auch die Eltern lassen sich nach anfänglichen Zweifeln schnell überzeugen, ohne zu ahnen, was sie damit lostreten werden…

Eine Zeit lang war Jennifer Lawrence gefühlt überall, die beiden erfolgreichen Franchises X-Men und Die Tribute von Panem machten sie zum Star und in Independent-Produktionen wie Winter´s Bone und Joy sammelte sie in kürzester Zeit 4 satte Oscarnominierungn. Für Silver Linings erhielt sie bereits im zweiten Anlauf im zahrten Alter von 22 Jahren den Oscar als beste Hauptdarstellerin und untermauerte den Status des Superstars noch weiter. Doch dann verschwand sie mehr oder weniger, nur gelegentlich war die Schauspielerin noch zu sehen. Nachdem sie letztes Jahr in dem hochgelobten Indie-Drama Causeway die Hauptrolle übernahm, legt sie in ihrem neuesten Werk No Hard Feelings eine 180-Grad-Wende ein. Lawrence als vulgäre Verliererin in einer derben Komödie? Ist das ein bewusster Imagewechsel oder das Ergebnis ausbleibender besserer Angebote?

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So oder so darf die Schauspielerin hierbei ihre Vielseitigkeit beweisen. Denn auch wenn man sie nicht unbedingt mit einer prolligen Quasi-Prostituierten in Verbindung bringen würde, gelingt es ihr doch gut, diese Rolle auszuführen. Es macht sogar Spaß, wenn sie als lautstarke, nicht auf den Mund gefallene Provokateurin durch die Gegend poltert. Zumal No Hard Feelings da mit einem großen Kontrast arbeitet. Schließlich steht ihr ein Junge gegenüber, der sogar für Selbstgespräche zu schüchtern ist und in jeder Situation seine Überforderung mit der Realität demonstriert. Das ist dann ziemlich überzeichnet. Die Kombination passt aber, das Zusammenspiel zwischen der erfahrenen Darstellerin und ihrem jungen Kollegen Andrew Barth Feldman (A Tourist’s Guide to Love) funktioniert gut.

Das gilt auch für die obligatorischen Momente, in denen sich die beiden Figuren näherkommen und eine stärker emotionale Richtung eingeschlagen wird. Schließlich müssen in solchen Filmen immer die zwei Seiten voneinander lernen. Überhaupt baut Regisseur und Co-Autor Gene Stupnitsky (Good Boys) enttäuschend viele Konventionen ein. Selten passiert in No Hard Feelings mal etwas, das einen tatsächlich überrascht. Für einen Film, der sich anfangs so viel Mühe gibt, um ein kurioses Szenario zu entwerfen, ist das ein bisschen wenig. Einiges wird zudem nicht wirklich zu Ende erzählt. Da das Drehbuch nicht allein von diesen falschen Dates erzählt, sondern auch Themen wie Gentrifizierung und dysfunktionale Familien anspricht, vom Coming-of-Age-Aspekt ganz zu schweigen, lädt es sich schon einiges auf die Schultern.

No Hard Feelings
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So ganz konnte – oder wollte – sich Stupnitsky dann auch offensichtlich nicht entscheiden, was der Film sein soll. Aber es ist nicht nur die nicht ganz runde Mischung, die für Probleme sorgt. Auch beim Humor ist das so eine Sache. Da sind zwar durchaus witzige Szenen dabei. Aber auch viele, die nur witzig gemeint waren, letztendlich aber ziemlich langweilig sind und sich wiederholen. Schlecht ist No Hard Feelings nicht. Zumindest nicht annähernd so schlecht wie man im Vorfeld befürchten musste. Beispielsweise ist die Umkehrung der Rollen ganz nett, aber am Ende bleibt die Komödie nur ziemlicher Durchschnitt. Ein größeres Comeback von Lawrence dürfte sich hieran eher nicht anschließen.

Fazit: No Hard Feelings wird als derbe Komödie verkauft, was sie aber nur zum Teil ist. So werden eine ganze Reihe von Themen zusammengeworfen, bei denen der Film letztendlich selbst nicht weiß, was er mit ihnen anfangen soll. Vereinzelt ist das witzig, oft auch nicht und ab der zweiten Hälfte kann man die ein oder andere Länge auch nicht wegdiskutieren. Dafür hat man dann im Laufe seines Lebens dann doch schon zu viele Komödien mit höherer Gagdichte und clevererem Plot, sowie geistreicheren Dialogen gesehen. Einmal anschauen kann man sich ihn aber schon und wird mit einer guten ersten Hälfte und überraschend viel Nacktheit „belohnt“.

USA 2023 – 103 Minuten
Regie: Gene Stupnitsky
Genre: Komödie
Darsteller: Jennifer Lawrence, Andrew Barth Feldman, Matthew Broderick, Laura Benanti, Natalie Morales, Scott MacArthur, Ebon Moss-Bachrach, Kyle Mooney, Hasan Minhaj, Alysia Joy Powell, Jordan Mendoza, uva.
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