Nach einer traumatischen Erfahrung geht Charlie in sein erstes Highschool-Jahr. Der kluge, sympathische, introvertierte Teenager bleibt zunächst isoliert, findet aber im smarten und rebellischen Patrick einen echten Freund und in dessen Stiefschwester Sam ein Mädchen, das leider immer den falschen Typen folgt. Dass Charlie sich verliebt, bringt das Gefüge in Sams und Patricks Clique von Außenseitern durcheinander. Doch niemand ahnt, wie kompliziert Charlies Leben wirklich ist und welches Geheimnis er verbirgt.
Es gibt Partys, auf denen ahnungslose Erstsemester durch Hasch-Brownies enthemmt werden, zauberhafte Girls, die jeden Gedanken belegen, aber bereits fremdbesetzt sind, reduziert intelligente Sportcracks, die das Betriebsklima verpesten und nach Disziplinierung schreien. Doch trotz solch vertrauter Zutaten ist Chboskys Adaption seines 1999 erschienenen Briefromans „Das also ist mein Leben“ kein Highschool-Film aus der Retorte. Angenehm verhalten horcht er in seine Figuren hinein, zeigt sich wenig interessiert an den gewohnten Oberflächlichkeiten des Genres. Seine Perspektive ist die der Außenseiter und Unangepassten, die am Rande des bissig geführten Kampfs um Popularität und Akzeptanz ihre eigene Nische gefunden haben.
Der Film begleitet den scheuen, klugen und sympathischen Charlie (Logan Lerman) in seinem ersten Highschool-Jahr. In dem selbst ernannten Rebellen Patrick (Ezra Miller), der provokative Systemkritik und Männer liebt, findet Charlie einen Freund, in dessen Clique von Misfits Halt und in dessen Stiefschwester (Emma Watson) ein quirliges Mädchen, das immer den falschen Typen folgt. Im Kern ist „Vielleicht lieber morgen“ eine charmante süße Lovestory, die aber auch den Kriegsschauplatz Highschool kommentiert und in den Porträts von Patrick und Charlie, der seinen besten Freund durch Selbstmord verloren haben soll, ernstere Töne anschlägt.
Der sensible Held, der Schriftsteller werden will und von einem verständnisvollen Lehrer (Paul Rudd) in die Welt wunderbarer, ihm bisher unbekannter Bücher eingeführt wird, ist zwar ein abgenutztes Klischee, doch Chbosky bettet dieses in einen Plot-Twist ein, der Charlies Introvertiertheit und Flucht in die Welt der Literatur noch plausibler macht. Lerman ist durchweg überzeugend und berührt als Teenager, der sich als unsichtbar wahrnimmt, Watson überraschend in einer Rolle, die ihr blütenreines „Potter“-Image aufweicht. Die beste Performance aber gibt Miller, die Entdeckung aus „We Need To Talk About Kevin“, der in dieser sehens- und dank einiger witziger Dialoge oft auch hörenswerten Dramödie nicht nur die pointiertesten Sprüche abliefert, sondern auch die interessanteste Figur verkörpert. Hinzu kommt eine durchweg gelungene Songauswahl und mit Melanie Lynskey und Joan Cusack zwei Cameos, die es in sich haben. Das Drehbuch besticht nicht nur durch gekonnte Wendungen, glaubhaften und sich weiterentwickelnden Charakteren, sondern besticht außerdem durch eine kluge Wortwahl, die zitierwürdig ist. Eine absolute Empfehlung und ein echtes Highlight in diesem Filmjahr, die in jede Jahres-Top 10 gehört. Nicht ohne Grund bei imdb bei über 14.000 Usern mit 8,5/10 bewertet, ich schließe mich da wohlwollend an und vergebe nach unserem Bewertungssystem 4,5 von 5 Oscarstatuetten. Unbedingt anschauen!!!
USA – 2012 – 1 Std. 45 Min.
Regie: Stephen Chbosky
mit Logan Lerman, Emma Watson und Ezra Miller
Genre: Drama, Coming of Age