Der Butler (OT: Lee Daniels‘ The Butler)

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Nachdem ich eine halbe Ewigkeit warten musste, bis ich den bereits des Öfteren besprochenen Film auch endlich im Rahmen des Arthaus-Kinos zu Gesicht bekommen konnte, möchte ich auch noch ein paar Worte dazu verlieren. Insbesondere deshalb, weil „Der Butler“ sich traurigerweise innerhalb des Oscarrennens leider schon seit Längerem auf dem absteigenden Ast zu befinden scheint, was mir in Gänze nicht plausibel und unverdient erscheint.

Mit seinem nunmehr vierten Spielfilm ist Lee Daniels eine sehr imposante und zutiefst berührende Geschichtsstunde gelungen, die sich auf optischer und inszenatorischer Ebene nahe an der Perfektion bewegt und zudem (dem Herrn sei Dank!) auch recht genau an die historischen Fakten hält, was jedenfalls bei mir immer zu einer enormen Befriedigung führt. Durch die abwechslungsreiche Beleuchtung der außergewöhnlichen Zerwürfnisse einer bedeutenden und gleichermaßen schockierenden, politischen und soziologischen Epoche sowie einer gewissen, unverschleiernden, aber notwendigen Drastik in Bezug auf Wortwahl und Szenenausführung beeindruckt und gelingt „Der Butler“ vor allem als dokumentarisches und gelegentlich anrührendes Sozialdrama. Vor allem die großartigen Requisiten, das Kostümbild, die Filmsongs und ganz besonders die herausfordernde Arbeit der Maskenbildner sind darüber hinaus als sensationell anzusehen und müssten entsprechend gewürdigt werden.

Zu kritisieren ist jedoch einerseits eine etwas zu lange Laufzeit und gelegentliche, übertrieben abrupte Wechsel zwischen humoristischen und tieftraurigen Sequenzen, mit denen viele Zuschauer sicherlich überfordert gewesen sind, Gleiches trifft auf die lockere, filmmusikalische Untermalung zu, welche an einigen wenigen Stellen nicht unbedingt zur Dramatik der Bilder passte. Demgegenüber wurden manche Drehbucheinfälle und Dialoge nicht konsequent genug ausgeführt, während andere zu viel Raum beanspruchten und das Ende hätte für meinen persönlichen Geschmack eine Spur weniger sentimental ausfallen dürfen.

Hinzu kommt eine zwar (glücklicherweise) nur umfangarme, aber nichtsdestotrotz eklatante Fehlbesetzung. John Cusack spielte schlichtweg grauenhaft und unglaubwürdig, zudem hat es den Anschein, dass bei ihm (und ausschließlich bei ihm!) das Make-Up komplett vergessen wurde, was angesichts der lebensecht wirkenden, anderen Präsidenten mehr als verwunderlich erscheint. Zum Glück war Cusack mit Ausnahme von Elijah Kelley und Lenny Kravitz die einzige darstellerische Enttäuschung auf breiter Flur. Forest Whitakers anspruchsvolle Darbietung fand ich wirklich großartig, gerade weil er oftmals so zurückgenommen und ungemein vielschichtig agierte und mindestens genau so glaubhaft herüberkam. Seine SAG-Nominierung ist zweifelsohne gerechtfertigt und es bleibt zu hoffen, dass er es vielleicht auch auf die Oscar-Liste schafft. Oprah Winfrey war, um es auf den Punkt zu bringen, eine theatralische Offenbarung, die ihres Gleichen sucht. Sie lebte ihre Rolle, anstatt sie bloß zu spielen und beweist einen extraordinären Facettenreichtum in ausnahmslos jeder Szene. Wie sie bei den „Golden Globes“ unnominiert bleiben konnte, ist mir jedenfalls ein absolutes Rätsel. Komplettiert wird das Ensemble durch vortreffliche Gastauftritte von Vanessa Redgrave, Alan Rickman, Jane Fonda, James Marsden, Robin Williams und Liev Schreiber. Diese haben es allesamt geschafft in ihren historischen Rollen zu überzeugen, auch wenn viele von ihnen weniger als fünf Minuten zu sehen waren, was ebenfalls ein ganz besonderer Vorzug des Zweistünders ist. Es tat mir besonders leid, dass man von Rickmans beeindruckender Reagan-Darstellung nicht mehr erleben durfte, denn dann hätte man auch ihn nominieren müssen. Einen besseren Cast gab es jedenfalls selten in den letzten Jahren.

Zwar muss ich anmerken, dass „Der Butler“ letzten Endes wegen der angesprochenen, wenn auch minimalen Defizite nicht das zeitweise von mir erwartete, ganzheitliche Meisterwerk geworden ist, dafür allerdings ein überaus sehenswertes Gesellschaftsporträt mit handfesten Vorzügen gegenüber manch anderen Oscarfavoriten dieser Saison. In Bezug auf die Bewertung kann ich mich jedenfalls nur meinen Vorrednern anschließen.

USA 2013 - 132 Minuten Regie: Lee Daniels Genre: Drama, Historienfilm Darsteller: Forest Whitaker, Oprah Winfrey, David Oyelowo, John Cusack, Alan Rickman, Vanessa Redgrave, Robin Williams, Liev Schreiber, Jane Fonda, Lenny Kravitz, Cuba Gooding Jr.
USA 2013 – 132 Minuten
Regie: Lee Daniels
Genre: Drama, Historienfilm
Darsteller: Forest Whitaker, Oprah Winfrey, David Oyelowo, John Cusack, Alan Rickman, Vanessa Redgrave, Robin Williams, Liev Schreiber, Jane Fonda, Lenny Kravitz, Cuba Gooding Jr.
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