Sin City 2: A Dame to Kill For (OT: Sin City: A Dame to Kill For)

Sin City 2


Von den diesjährigen Blockbustern hatte ich mich nach dem zweiten „Planet der Affen“-Prequel ganz besonders auf die Fortsetzung von „Sin City“ gefreut. Denn die Verfilmung der gleichnamigen Graphic Novel von Frank Miller aus dem Jahre 2005 zählt bis heute zu den innovativsten und gelungensten Comicverfilmungen und ist für mich mit „From Dusk till Dawn“ und „Desperado“ zugleich Robert Rodriguez‘ beste Arbeit.
Doch leider wird Teil 2, ebenfalls auf einem Comic von Frank Miller basierend, seinem Vorgänger in nahezu keinem Punkt gerecht.

Inhaltlich ist „A Dame to Kill For“, ähnlich wie der erste Film, in fünf verschiedene, nicht chronologisch geordnete Episoden unterteilt: „Just Another Saturday Night“, in der der grobschlächtige Schläger Marv (Mickey Rourke) beobachtet wie eine Gruppe Studenten einen unschuldigen Obdachlosen anzünden wollen und rechtzeitig interveniert. „The Long Bad Night (Teil I)“ in der der vom Glück geküsste Spieler Johnny (Joseph Gordon Levitt) gegen den sinistren Senator Roark (Powers Boothe) beim Poker antritt, diesen ausnimmt und danach mit seiner neuen Muse, Tänzerin Marcie (Julia Garner) fliehen muss. Der titelgebenden „A Dame to Kill For“, in der der Privatdetektiv Dwight McCarthy (Josh Brolin) einen Hilferuf seiner ehemaligen Geliebten Ava (Eva Green) erhält, der er immer noch mit Haut und Haaren verfallen ist, und die vorgibt von ihrem Mann Damian Lord (Marton Csokas) und dessen Chauffeur Manute (Dennis Haysbert) schwer misshandelt zu werden, woraufhin er zusammen mit Marv auf Rettungsmission geht, jedoch alsbald feststellen muss, dass Ava ein undurchsichtiges Spiel spielt. „The Long Bad Night (Teil II)“ in der der von Roarks Schergen übel zugerichtete Johnny es wagt erneut gegen Roark anzutreten und dabei einen ganz besonderen Plan verfolgt, sowie „Nancy’s Last Dance“ in der die Stripperin Nancy Callahan (Jessica Alba) stark unter dem Freitod ihres Lebensretters Officer John Hartigan (Bruce Willis) leidet, den sie in Tagträumen immer noch vor sich sieht, und den sie rächen möchte, in dem sie den für Johns Tod indirekt verantwortlichen Senator Roark umbringen will, jedoch deswegen von Gewissensbissen geplagt wird. …

Die Handlungsstränge sind zwar clever miteinander verschachtelt, so spielen die ersten drei Episoden zeitlich vor dem ersten Film und der letzte nach den Ereignissen aus Teil 1, doch bleiben die meisten Storylines leider absolut belanglos. Hatten die meisten Episoden beim 2005er „Sin City“ noch echten inhaltlichen Tiefgang und bildeten am Ende ein in sich stimmiges Gesamtbild, so wirken die Episoden in „A Dame to Kill For“ dagegen lieblos aneinandergereiht und dienen meist auch nur als Mittel zum Zweck um stylische Baller- und Prügelorgien, zwei zugegeben herrliche Pokerpartien sowie viel knisternde Erotik auf die Leinwand bringen zu können. Doch auch der Coolness-Faktor, der mit zahlreichen Film Noir-Anleihen, weitestgehend superben Visual Effects und durchweg großartig choreographierten Action-Sequenzen aufs Höchste zelebriert wird, nutzt sich sehr schnell ab. Dieser Teil bietet keinerlei eigenständigen Mehrwert, sondern wirkt phasenweise wie ein billiger Abklatsch des Original-Films. Das ist eindeutig zu wenig um ein komplettes Sequel/Prequel zu rechtfertigen.

Darstellerisch gab es zudem einige (teils notwendige) Umbesetzungen, die das Sehvergnügen zusätzlich trüben. So kann Dennis Haysbert die im wahrsten Sinne des Wortes großen Fußstapfen des leider viel zu früh verstorbenen Michael Clarke Duncan nur bedingt ausfüllen. Duncans Manute war um einiges furchteinflößender, bei Haysbert fragt man sich hingegen wie seine Figur dessen Gegner ernsthaft so dermaßen platt machen kann. Zudem ließ Rodriguez die einmalige Chance verstreichen ihm eine gemeinsame Szene mit Jude Ciccolella zu gewähren. So kommen „President David Palmer“ und sein „Chief of Staff Mike Novick“ leider nicht mehr zusammen, dies wäre eine schöne Reminiszenz an die Serie „24“ gewesen.

Ähnliches gilt für Jamie Chung, die die zum Zeitpunkt des Drehs hochschwangere Devon Aoki ersetzt. Chung gibt zwar in ihren wenigen Szenen als Miho ihr Bestmögliches, jedoch wirkt sie ebenfalls viel zu harmlos um als eiskalte Killerin überzeugen zu können. Aoki war hier im ersten Film um einiges Respekt einflößender. Jeremy Piven, der Michael Madsen in der Rolle des korrupten Cops Bob ersetzt, ist ebenfalls fehlbesetzt.
Doch über diese zweifelhaften Neubesetzungen könnte man sogar noch getrost hinwegsehen, sind die meisten Auftritte eh bloß bessere Cameos. Allerdings wurde auch mit Dwight McCarthy einer der Hauptprotagonisten auf schlechte Weise umbesetzt. Wurde diese Figur im 2005er-Film noch von Clive Owen sehr cool, lässig und nonchalant verkörpert, so agiert der ansonsten von mir sehr geschätzte Josh Brolin hier nahe an der Grenze zur Lächerlichkeit. Man nimmt ihm z.B. keine Sekunde ab, dass er die jüngere (!) Version von Owen darstellen soll. Brolin ist zwar in der Tat rund vier jahre jünger als Owen, sieht hingegen aber mindestens 10 Jahre älter aus als dieser. Und auch sonst haben beide kaum äußerliche Ähnlichkeiten. Dieser Umstand wird zwar gegen Ende des Films vollkommen schlüssig aufgeklärt, doch wirkt Brolin hier mit fieser Friese und angepapptem „Nicole Kidman-Virginia Woolf-Gedächtnis-Zinken“ eher unfreiwillig komisch. Sein Spiel ist zudem ungewohnt hölzern und eindimensional. Es würde mich daher nicht wundern, falls er im nächsten Jahr auf der Liste der Razzie-Nominees auftauchen sollte.

Gottseidank gibt es aber neben diesen ärgerlichen Darbietungen auch einige schauspielerische Lichtblicke, anders wäre „A Dame to Kill For“ wohl noch weit weniger zu ertragen. So gefallen u.a. Mickey Rourke, der den Marv erneut souverän porträtiert, Joseph Gordon-Levitt als cooler Poker-Youngster, Ray Liotta und Juno Temple in einer gemeinsamen Szene als Unternehmer und Hure die beim Stelldichein von McCarthy observiert werden und Jessica Alba, die einen faszinierend-deprimierenden Striptease mit Schnapsflasche und Kanone im Anschlag vollführen darf. Positiv überrascht war ich auch von dem Cameo von Lady GaGa, die in ihren wenigen Sekunden Screentime als Bedienung eines Diners ein wenig an Cher zu ihrer Blütezeit erinnerte.

Die mit Abstand besten Leistungen liefern jedoch erneut Powers Boothe als herrlich-fieses Dreckschwein Roark und ganz besonders Eva Greene als Ava Lord ab. Greene zeigt hier nicht nur sehr viel Haut, sondern auch dass sie definitiv zu den ganz großen Schauspielerinnen ihrer Generation gehört. Wie sie in Sekundenschnelle von der „Jungfrau in Nöten“ zur eiskalt-berechnenden Femme fatale switcht ist mit einem Wort einfach nur grandios!
Mit dieser Leistung in einem seriösen Thriller(-Drama) hätte sie sich mit Sicherheit sogar ernstzunehmende Chancen bei den großen Award-Zeremonien ausrechnen dürfen!

Abschließend lässt sich sagen, dass Robert Rodriguez und Frank Miller sich mit Teil 2 ihres Meisterwerks doch relativ stark verhoben haben. Ausstattung, Kamera, Effekte, Ton und besonders Eva Greene sind meisterhaft, doch das Drehbuch ist nur ein platter Abklatsch von Teil 1 und diverse schauspielerische Leistungen sind leider schon beinahe unterirdisch.


USA – 2014 – 1 Std. 42 Min.
Regie: Frank Miller & Robert Rodriguez
mit Mickey Rourke, Josh Brolin, Eva Green, Joseph Gordon-Levitt, Jessica Alba, Powers Boothe, Marton Csokas, Rosario Dawson, Dennis Haysbert, Christopher Meloni, Jeremy Piven, Jude Ciccolella, Stacy Keach, Lady Gaga, Jamie Chung, Christopher Lloyd, Ray Liotta, Juno Temple & Bruce Willis
Genre: Comic/Neo-noir-Thriller

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