Da ich in den letzten Monaten zwar oft im Kino war (wie immer), aber es nicht schaffe, dazugehörige Kritiken zu verfassen, habe ich mir jetzt wenigstens mal die Zeit genommen ein paar Kurzkritiken zusammenfassen. Viel Spaß beim Lesen!
DER 100-JÄHRIGE DER AUS DEM FENSTER STIEG UND VERSCHWAND
Kurz vor seinem 100. Geburtstag flüchtet Allan Karlsson aus dem Heim um noch einmal von vorne anzufangen. Dabei findet er nicht nur neue Freunde, sondern setzt auch eine schwarzhumorige Kettenreaktion in Gang. Parrallel zu dieser Erzählung lässt Allen sein Leben in Rückblenden Revue passieren, wo er zahlreiche zufällige Einflüsse auf die Weltgeschichte verursachte.
Das Buch habe ich nicht gelesen und kann daher nur die Verfilmung bewerten. Der Hype um die Erfolgskomödie aus Schweden ist mir teils allerdings etwas unverständlich. Zwar bietet der Film einige gute Lacher, bleibt als Gesamtprodukt jedoch nicht im Gedächtnis haften. Die Rahmenhandlung ist eigentlich völlig ausreichend und die meist plumpen Rückblenden der Geschichte rauben dem Film eher den „Drive“. So wird aus dem Werk letzten Endes eher ein „Forrest Gump für Arme“. Desweiteren ist auch der Hauptdarsteller Robert Gustafsson eine totale Katastrophe und schafft es nicht in einer Minute seiner Figur Leben einzuhauchen. Als Zuschauer ist man regelrecht genervt von seinem schlechten Spiel. Das unfassbar grottige Make-Up leistet dann den Rest.
Fazit: Eine schwache Komödie zum Vergessen. Das können die Schweden besser.
Schweden 2013 – 115 Min.
Regie: Felix Herngren
mit Robert Gustafsson, Iwar Wiklander, Alan Ford
Genre: Komödie / Abenteuer
BAD NEIGHBORS
Mac (Seth Rogen) und Kelly (Rose Byrne) haben ihre wilden Zeiten hinter sich. Auch wenn sie es sich selbst nicht eingestehen wollen, sind sie nun mit Kind und Kegel zur braven Vorstadtfamilie mutiert. Als eines Tages eine Studentenverbindung ins Nachbarhaus einzieht, ist der Stress vorprogrammiert. Während Mac und Kelly ihre Ruhe wollen, stehen für Teddy (Zac Efron) und seine Jungs feucht-fröhliche Partys auf dem Plan. Der Kleinkrieg unter Nachbarn ist angezettelt…
Eigentlich bin ich großer Seth Rogen-Fan. Aber seiner neuen Komödie konnte ich leider relativ wenig abgewinnen. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich an den einzigen guten Gags, die der Film zu bieten hat, schon im Trailer satt gesehen habe. Da wurde nämlich tatsächlich nichts ausgelassen. Somit bot der Film keine weiteren witzigen Überraschungen mehr. Was zunächst gut startet, verliert sehr schnell an Fahrt und wird gegen Ende hin einfach nur noch albern. Letzteres ist außerdem so vorhersehbar, dass man den Film 5 Minuten nach dem Kinobesuch vergessen hat.
Fazit: Alle guten Gags im Trailer – der Rest ist einschläfernd.
USA – 2014 – 97 Min.
Regie: Nicholas Stoller
mit Zac Efron, Seth Rogen, Rose Byrne, Dave Franco, Lisa Kudrow
Genre: Komödie
BOYHOOD
Regisseur Richar Linklater hat mit BOYHOOD etwas ganz Besonderes geschaffen. 12 Jahre lang versammelte der Filmemacher jährlich seine Crew um sich, um ein bisschen mehr Material seines Langzeitprojektes zu filmen. Erzählt wird das Heranwachsen von Mason (Ellar Coltrane), ein durchschnittlicher amerikanischer Junge. Der Zuschauer begleitet den Jungen von der Einschulung bis zum College und durchlebt mit ihm zusammen verschiedene Stationen seines Lebens, mit denen sich wirklich jeder irgendwo identifizieren kann. Die ersten Freuden, die ersten Ängste, die erste Liebe, die ersten Veränderungen. Das ist manchmal komisch, manchmal traurig, aber immer realistisch.
Der Film bietet zwar keine traditionelle Storyline, aber grade das macht ihn so besonders. Manches was angeschnitten wird oder zunächst interessant erscheint findet später keine Bedeutung mehr. Alles ist eben wie im richtigen Leben. Die charakterliche und optische Veränderung von Masons Mitmenschen ist dabei ebenso spannend mitanzusehen: Die Mutter (Patricia Arquette) lässt sich beispielsweise immer wieder mit den falschen Männern ein, während der Vater (Ethan Hawke) erst viel zu spät begreift, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen. Die Wandlung und das Heranwachsen von Hauptdarsteller Ellar Coltrane bildet dabei das Herzstück dieses Films. Patricia Arquette kann sich zudem für ihre großartige Leistung durchaus berechtigte Hoffnungen auf eine Oscar-Nominierung als Nebendarstellerin machen. Dem Film, der Regie (Silberner Bär in Berlin) und dem Drehbuch wünsche ich durchaus das Selbe. Ein ganz großartiges Werk, das sich jeder unbedingt im Kino ansehen sollte.
Fazit: Ein wundervoller Film, den man einfach auf sich wirken lassen muss und der noch lange nachwirkt.
USA – 2014 – 166 Min.
Regie: Richard Linklater
mit Ellar Coltrane, Patricia Arquette, Ethan Hawke, Lorelei Linklater
Genre: Drama
EDGE OF TOMORROW
„Und täglich grüßt das Murmeltier“ meets „Der Soldat James Ryan“ meets „Transformers“. So oder so ähnlich ließe sich der neue Science-Fiction-Kracher von Tom Cruise wohl am besten beschreiben.
In nicht allzu ferner Zukunft befindet sich die Welt im Krieg mit Aliens, sogenannte Mimics, welche die Welt in Schutt und Asche legen. Lt. Col. Bill Cage (Tom Cruise) vom Nachrichtendienst wird ohne Vorwarnung degradiert und sieht sich plötzlich ohne Kampferfahrung auf dem Schlachtfeld wieder. Nach einem schnellen Tod erwacht Cage allerdings wieder am Tag zuvor. Durch den Körperkontakt mit einem Alien ist er in eine Zeitschleife geraten, wodurch er das grausige Gefecht ständig aufs Neue durchleben muss. Zusammen mit der Soldatin Rita (Emily Blunt), die einst das gleiche durchmachte wie er, versucht Cage nun sein Vorwissen gegen die Aliens einzusetzen…
Zugegeben: Die Handlung klingt relativ plump. Der Film macht trotzdem jede Menge Spaß. Das liegt nicht nur an der gut portionierten Action und den tollen Effekten, sondern vor allem auch an der immer wiederkehrenden Ironie. Tom Cruise gibt hier nicht den typisch heldenhaften Charakter, den er sonst gerne mimt, sondern nimmt sich und sein Image hier auch auf die Schippe. Wenn Cage vieles neu durchleben oder zunächst erst üben muss, sorgt das in der Tat für einige Lacher. Das ist erfrischend und eine gelungene Abwechslung zum Sci-Fi-Action-Plot. Tom Cruise ist außerdem, mal abgesehen von seinem fragwürdigen Privatleben, einfach ein großer Kinostar. Das kann man ihm einfach nicht absprechen. Rundum ein wirklich gelungener Blockbuster – nur das Ende hätte etwas besser ausfallen können.
Fazit: Temporeicher Actionfilm mit spannender Handlung und jeder Menge Humor.
USA – 2014 -113 Min.
Regie: Doug Liman
mit Tom Cruise, Emily Blunt, Bill Paxton, Brendan Gleeson
Genre: Science-Fiction / Action
ENEMEY
Im letzten Jahr begeisterte der kanadische Regisseur Denis Villeneuve mit seinem düsteren Entführungskrimi PRISONERS die Zuschauer und Kritiker gleichermaßen. Kurz zuvor drehte er mit seinem Hauptdarsteller Jake Gyllenhaal diesen Psychothriller, der erst jetzt in unserem Kinos erschienen ist.
Der Geschichtsprofessor Adam (Jake Gyllenhaal) führt ein sehr tristes und eintöniges Leben, das ihn selbst und seine Beziehung mit der schönen Mary (Mélanie Laurent) in Lethargie verfallen lässt. Eines Tages entdeckt er jedoch in einem Film den Schauspieler Anthony (ebenfalls Gyllenhaal), der ihm bis aufs Haar ähnelt. Fasziniert und verstört zugleich, macht sich Adam auf die Suche nach seinem Doppelgänger – nicht nur die unterschiedlichen Leben der beiden Männer scheinen daraufhin miteinander zu verschwimmen, sondern auch der Sinn für Realität und Fantasie.
ENEMY ist ein verstörendes und visuell packendes Psychogramm der Superlative. Jake Gyllenhall spielt seine beiden Charaktere unterschiedlich genial, die tristen gelbtönigen Bilder versprühen eine hoffnungslose Leere wie in der Wüste und die zahlreichen symbolischen Andeutungen bescheren dem Zuschauer ein aufregendes Labyrinth der Täuschung. Wer seine Filme gerne vorgekaut bekommt, ist bei ENEMY falsch – wer David Lynch mag, wird den Film hingegen lieben. Ein kleiner Tipp: Achtet auf die Spinnen!
Fazit: Faszinierender Psychothriller mit einer dunklen Atmosphäre, starker Symbolik und einem grandiosen Hauptdarsteller.
USA – 2013 – 90 Min.
Regie: Denis Villeneuve
mit Jake Gyllenhaal, Mélanie Laurent, Sarah Gordon, Isabella Rossellini
Genre: Thriller
A MILLION WAYS TO DIE IN THE WEST
Seth MacFarlane landete 2012 mit TED einen Überraschunghit. Der Film hatt zwar zahlreiche derbe gute Gags in petto, die die Grenzen des guten Geschmacks überschreiten – am Ende scheiterte er für mich allerdings an der unnötigen Lovestory, die nicht nur zu viel Raum einnahm, sondern auch nach dem typisch-klischeehaften Schema-F des Hollywood-Mainstreamkinos verlief.
Ein ähnliches Schicksal ereilt leider auch McFarlanes neues Werk A MILLION WAYS TO DIE IN THE WEST. Gleiches Prinzip, selbe Fehler. Der Comedian erzählt hier eine relativ dünne Westerngeschichte, während seine Charaktere die Mannerismen und das Vokabular der heutigen Zeit an den Tag legen. Das ist zwar manchmal komisch und auch die schwarzhumorigen Todesfälle wirken amüsant – aber letzten Endes reicht es einfach nicht. Ähnlich wie schon bei BAD NEIGHBORS, waren auch hier ALLE Gags bereits im Trailer zu sehen – ehrlich gesagt sogar zwei weniger, denn im Trailer gab es Szenen, die im Film nicht zu sehen waren. Und bis auf ein paar amüsante Cameos (die ich jetzt nicht vorweg nehmen will), hat der Film nicht viel zu bieten. Wie schon bei TED, nimmt auch hier die 08/15-Lovestory wieder einen viel zu großen Raum ein und verdirbt durch ihren Schema-F-Ablauf den ganzen Rest. Wenn MacFarlane sich sowohl bei TED als auch bei AMWTDITW nur auf seine Gags konzentriert hätte, anstatt auf unnötige und einfalsslose Liebesgeschichten, wäre das weitaus fairer gegenüber dem Zuschauer gewesen.
Fazit: Gute Idee, die allerdings zu gewollt daher kommt und schlampig umgesetzt wurde.
USA – 2014 – 116 Min.
Regie: Seth MacFarlane
mit Seth MacFarlane, Charlize Theron, Liam Neeson, Amanda Seyfried
Genre: Komödie
STEREO
Erik (Jürgen Vogel) will auf dem Land nur seine Ruhe. Mit seiner Freundin Julia, deren Tochter und mit seiner Tätigkeit in einer Motorradwerkstatt will er sich ein neues Leben aufbauen. Die scheinbar heile Welt bekommt jedoch einen Riss, als eines Tages Henry (Moritz Bleibtreu) in Eriks Leben eindringt und ihn auf Schritt und Tritt verfolgt. Zeitgleich tauchen auch noch andere zwielichtige Gestalten auf, die vorgeben Erik zu kennen und ihn bedrohen…
Der Psychothriller von Maximilian Erlenwein ist seit langem mal wieder eine kleine Perle unter den deutschen Filmen. Dem Regisseur ist zwar kein Meisterwerk gelungen, aber er serviert dem Zuschauer einen handwerklich sehr gut gemachten und spannend erzählten Thriller in düsteren Bildern. Filme dieses Genres kommen leider nur noch sehr selten aus Deutschland. Der Film zeigt aber, das wir können, wenn wir nur wollen. Auch die beiden Hauptdarsteller können sich sehen lassen. Einzig die Brutalität des Films wird manchen sauer aufstoßen. Wer allerdings DRIVE mochte, wird auch hier bestens klar kommen. Der Twist am Ende ist zudem gar nicht so vorhersehbar, wie man zunächst denkt.
Fazit: Sehr gut gefilmter Psychothriller aus Deutschland und eine gelungene Abwechslung zum ganzen Schweigerhöfer-Müll, den wir sonst so produzieren.
Deutschland – 2014 – 94 Min.
Regie: Maximilian Erlenwein
mit Jürgen Vogel, Moritz Bleibtreu, Petra Schmidt-Schaller
Genre: Thriller
TRANSCENDENCE
Mit Hilfe eines Computersystems, das wie menschliche Gehirne funktioniert, will der Wissenschaftler Dr. Will Caster (Johnny Depp) gemeinsam mit seiner Frau Evelyn (Rebecca Hall) die Transzendenz künstlicher Intelligenz entwickeln. Es gibt allerdings auch Gegner dieser fortschreitenden Technik und so wird Will Opfer eines Anschlags. Sein Körper wird mit einer radioaktiven Kugel verseucht, worauf Will nur noch wenige Tage zu leben hat. Evelyn entscheidet sich zu einer drastischen Maßnahme: Zusammen mit dem befreundeten Forscher Max (Paul Bettany) überträgt sie Wills Gehrin auf das Computersystem um sein Wissen und seine Erinnerungen zu speichern. Der künstliche Will entwickelt jedoch schnell ein beunruhigendes Eigenleben…
Was als intelligente Gesellschaftskritik über unseren Umgang mit der technischen Entwicklung beginnt, verpufft schnell zum stupiden Science-Fiction-Quatsch ohne Substanz. Die großen Zeitsprünge in der Handlung sind für den Zuschauer blöderweise nie nachvollziehbar. Spätestens dann, wenn der künstliche Will anfängt alle Krankheiten zu heilen, schlägt der Film eine uninspirierte und blöde Richtung ein. Die Motivation der Technik-Gegner bleibt leider viel zu blass und Morgan Freeman scheint sich inzwischen auf die Nebenrolle des weisen Stichwortgebers spezialisiert zu haben. Das Ende tut dann nur noch weh und als Zuschauer fragt man sich, was das alles eigentlich sollte. Das Regiedebüt von Wally Pfister, dem ehemaligen Stammkameramann von Christopher Nolan, hatte ich mir durchaus anders vorgestellt. INCEPTION geht anders!
Fazit: Langweiliger und plumper Versuch unseren Umgang mit der technischen Entwicklung zu hinterfragen.
USA – 2014 – 120 Min.
Regie: Wally Pfister
mit Johnny Depp, Rebecca Hall, Paul Bettany, Morgan Freeman, Cillian Murphy
Genre: Science-Fiction / Drama
X-MEN: ZUKUNFT IST VERGANGENHEIT
Neben dem ganzen Marvel-Schrott, der aktuell die Comicfilm-Szene dominiert, gehört die X-MEN-Reihe von Fox (abgesehen von den beiden Wolverine-Ausrutschern) für mich tatsächlich noch zu den besten des Genres. Die ursprüngliche Trilogie war eine tolle und symbolstarke Geschichte über Akzeptanz und Auflehnung. Auch das Prequel FIRST CLASS mit einem neuen Cast konnte sich sehen lassen. Der neue Film lässt jedoch alle Fan-Herzen höher schlagen: Bryan Singer, der Regisseur der ersten beiden Filme, vereint die Besetzung der alten Trilogie mit den Jungstars aus FIRST CLASS.
Im Zentrum der Geschichte steht wieder einmal Wolverine (Hugh Jackman), der auf zwei Zeitebenen ums Überleben der Menschheit kämpft. Er muss die Vergangenheit ändern, um die Zukunft zu retten. Das ist spannend, witzig und intelligent erzählt. Vor allem aber die Abwechslung ist erfrischend: Auf Action folgt Dramatik, auf Dramatik folgt Humor und in jeder Szene freut man sich über bekannte, aber auch neue Gesichter. Das absolute Highlight des Films ist der Auftritt von Quicksilver (Evan Peters), der sich hier wohl für die beste Szene der ganzen Filmreihe verantwortlich zeichnet.
Eine ausführliche Kritik zum Film von Heiko gibt’s hier >>
Fazit: Ein grandioser Cast in einem tollen und intelligent erzähltem Comicfilm, der zeigt, dass dieses Genre sich auch durch Inhalte anstatt durch stumpfe Action definieren kann.
USA – 2014 – 132 Min.
Regie: Bryan Singer
mit Hugh Jackman, James McAvoy, Michael Fassbender, Jennifer Lawrence
Genre: Comicfilm / Science-Fiction/ Action