Kritik aus dem Lichtspielhaus – #10



Genius – Die tausend Seiten einer Freundschaft von Michael Grandage

Ein schöner Blick nicht nur auf den Autoren Thomas Wolfe, sondern auch auf dessen Lektor Max Perkins der die Aufgabe hatte die Schreibwut von Wolfe zu bändigen und in Buchform zu bringen. Es fühlt sich alles sehr wohlig-klassisch an und vor allem Jude Law spielt mit viel Energie auf, während Colin Firth als ruhig-nüchtener Gegenpol eine seiner gewohnt stärksten Eigenschaften ausspielen darf. Im Vergleich dazu fallen die beiden Ehefrauen dargestellt von Nicole Kidman und Laura Linney etwas ab, wobei sich Linney noch etwas besser schlägt als die scharf am Overacting vorbeischrammende Kidman.


Ben-Hur von Timur Bekmambetov

Hat man am Anfang noch das Gefühl, dass das alles doch gar nicht so schlecht ist, kippt der Film spätestens mit der ersten großen Actionszene: Der mit schlechtem CGI vollgekleisterte Untergang des Sklavenschiff in einem Seesturm liefert schon mal einen bitteren Vorgeschmack auf das ebenfalls komplett missglückte ikonische Wagenrennen in Rom das nur so von erschreckend offensichtlichen und dabei noch schlechten Effekten strotzt. Aber auch auf erzählerischen Ebene ist der Film nicht gerade das gelbe vom Ei: Zu willkürlich springt Bekmambetov von einer Szene zur nächsten, ohne uns auch nur im geringsten die beiden Figuren Judah Ben-Hur und Messala näher zu bringen. Schauspielerisch versuchen Jack Huston und Toby Kebbell zwar ihr bestes, aber vor allem Kebbell ergibt sich fast kampflos in seiner prototypischen Rolle des Gegenspielers und verschenkt nach Fantastic Four eine weitere Möglichkeit dem Antagonisten seine durchaus vorhandenen tragischen Note zu geben. Positiv zu erwähnen aber bleiben eine stellenweise gute Kamerarbeit und Rodrigo Santoro als Jesus Christus.


Toni Erdmann von Maren Ade

Wird zwar seinen ganzen Vorschusslorbeeren – ähnlich wie schon Victoria im Vorjahr – nicht ganz gerecht, aber wo bei Victoria die technische Umsetzung vom Gewöhnlichen Rest ablenkte und das Erlebnis steigerte, ist es bei Toni Erdmann das Gespann aus Peter Simonischek und Sandra Hüller. Beide überzeugen vollkommen als Vater/Tochter-Gespann wobei vor allem Hüller nach und nach immer mehr Facetten ihrer Figur zum Vorschein bringt und überzeugend vermittelt. Was man Maren Ade aber ankreiden kann und auch kann, ist die viel zu lange Spielzeit, bei der man sich zwar nicht direkt langweilt, aber mit diversen Füllermomenten gespickt auch keinen Mehrgewinn bringt. Hier hätte dem Film eine knackigere Dramaturgie besser zu Gesicht gestanden. Im Grunde ist Toni Erdmann wie 3 Stunden Enten am See füttern: Man langweilt sich nicht, aber so richtig großartig ist es halt auch nicht.


Race – Zeit für Legenden von Stephen Hopkins

Solide Verfilmung der Anfänge von Jesse Owens auf der Ohio State University bis zu den Olympischen Spielen von 1936 in Deutschland. In der Ausstattung und der Kameraarbeit zwar nicht immer perfekt – da merkt man schon einfach einen Unterschied zwischen Produktionen aus den USA und halt wie in diesem Fall Kanada – aber dafür können im Gegenzug vor allem Stephan James als Jesse Owens und Jason Sudeikis als sein Trainer Larry Snyder sehr viel besser überzeugen. Den weiteren bekannten Darstellern wie die routinierten Jeremy Irons und David Kross bleiben dagegen wenig Raum zur Entfaltung, während Carice Van Houten als Leni Riefenstahl vollständig verschenkt ist, genau wie William Hurt.


The Purge: Election Year von James DeMonaco

Nach dem schlechten Start 2013 mit The Purge – Die Säuberung, löste ein Jahr später The Purge 2: Anarchy endlich sein Versprechen ein und lieferte einen soliden Actionfilm im Geiste von John Carpenter ab bei dem vor allem Frank Grillo überzeugen konnte. Der dritte und abschließende Teil der Trilogie (aber wohl nicht der Reihe an sich, denn der geplante vierte Film wird ein Prequel) ist sogar noch eine weitere Steigerung, denn neben der leicht trashigen Action überzeugt er mit bissigem Humor und Spitzen gegen die aktuelle Politik in den USA und hat neben Frank Grillo mit Elizabeth Mitchell, Mykelti Williamson, Joseph Julian Soria und Betty Gabriel ein gutes Team an Figuren zusammengestellt, dessen Schicksal einem nicht vollkommen egal ist. Da ist es fast ein wenig schade, dass man daraus nicht einfach eine Serie im Stile von The Walking Dead gemacht hat.

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