Bereits Anfang des Jahres wurde „Late Night“ auf dem Sundance Festival uraufgeführt und kann am ehesten als Tragikomödie „aus Frauenhand“ beschrieben werden. Sowohl für die Regieführung, das Skript, die Produktion, den Schnitt als auch die Musik waren nämlich ausnahmslos Damen verantwortlich und auch die Story ist vollends auf seine beiden Protagonistinnen zugeschnitten. Seit zwei Wochen darf die Spartenmischung um eine karrierefokussierte, aber schwer genießbare Talkshow-Moderatorin, die mit Hilfe einer Quereinsteigerin um die Absetzung ihrer Lebensleistung kämpft, auch hierzulande besichtigt werden. Die Gelegenheit dazu sollte man sich nicht entgehen lassen, denn „Late Night“ glänzt nicht nur dank seiner Besetzung, sondern funktioniert auch vortrefflich als kurzweilige Sozialsatire am Puls der Zeit.
Vielfach lassen sich inhaltliche Parallelen zu „Der Teufel Trägt Prada“ feststellen, dennoch handelt es sich hierbei nicht um eine Imitation, sondern um einen Film aus eigenem Recht, der noch dazu deutlich bissiger und lebensrelevanter daherkommt. Schwungvoll inszeniert, entfaltet sich die Komik nahezu durchgängig anhand der scharfzüngigen, ironischen Dialoge und unternimmt einen gelungenen Versuch, die TV-Branche in ihrer Gesamtheit zu persiflieren und Bezüge zur schnelllebigen Popkultur herzustellen. Der häufig verunglückende Spagat zwischen Komödie und Drama gelingt dabei ausgesprochen gut, was vor allem dem Charisma und Timing der Darstellerriege zu verdanken ist. Gleichermaßen ist es gelungen, die ureigene Angst des Menschen, ersetzt zu werden oder den eigenen Zenit überschritten zu haben, greifbar werden zu lassen. Deswegen erscheint es auch als verzeihlich, dass sich die Zahl der Überraschungsmomente in Grenzen hält und die Schlussphase einen Hauch zu sentimental und fingerzeigend anmutet. Szenenstehlend ist vor allem die Chemie zwischen den beiden grundverschiedenen Hauptdarstellerinnen, die sich in grandioser Weise ergänzen. Während Mindy Kaling mit ihrer warmherzigen Darbietung schnell zur Sympathieträgerin avanciert, liefert die kürzlich in den Ritterstand erhobene Emma Thompson die beste Leistung seit Langem. Dass die Rolle der erfolgsverwöhnten Moderatorin, die ihr Team von Autoren mittels Nummerierung anspricht, ihr selbsternanntes Herzensprojekt gewesen ist, spürt der Zuschauer schnell. Aufgrund ihrer schlagfertigen, vor Spielfreude nur so sprühenden Performance dürfte Thompson im kommenden Januar ein gehöriges Wort bei der Vergabe des Comedy-Globes mitzusprechen haben. Aus dem Rest des Ensembles stechen vor allem ein ungewöhnlich sensibel agierender John Lithgow sowie Reid Scott heraus.
Mit ihrer dritten Leinwandproduktion liefert die Kanadierin Nisha Ganatra somit einen überzeugenden, warmherzigen Wohlfühlfilm idealer Länge, der das Genre zwar nicht neu erfindet, aber dennoch durchgängig gute Unterhaltung bietet. Wie auch die porträtierte Late-Night-Star Katherine Newbury, schließe auch ich mit den treffenden Worten: „Ich hoffe, ich habe das Privileg Ihrer Zeit verdient.“