„Maleficent – Die Dunkle Fee“ setzte vor fünf Jahren eine regelrechte Flut an Realverfilmungen der Meisterwerke aus dem Hause Disney in Gang. Allein in diesem Kalenderjahr erschienen drei solcher Produktionen. Weil die seinerzeitige Adaption es auf Anhieb schaffte, sich in die Top-100 der finanziell erfolgreichsten Filme aller Zeiten zu platzieren, war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis die Geschichte um eine der berüchtigtsten Schurkinnen des Zeichentrick-Universums eine Weitererzählung erfuhr. Während das Schauspielensemble bis auf wenige Ausnahmen bestehen blieb, gab es einen Wechsel auf dem Regiestuhl. Der norwegische Landsmann Joachim Rønning, der bereits mit „Kon-Tiki“ einen hochgelobten Film schuf, erweitert die Grimm’sche Einleitungsformel kurzerhand und bietet trotz einiger Schwächen letztlich nicht nur für Fans des Genres vor allem eines: Grundsolide Kinounterhaltung.
Deutlich weniger kindgerecht inszeniert, beschäftigt sich „Maleficent – Mächte Der Finsternis“ vor allem mit der interessanten Frage, was nach dem fabelhaften Happy-End der erwachten Königstochter folgen könnte. Die Drehbuchautoren bedienen sich mithilfe altbekannter Charaktere und humoriger Einschübe am Erfolgsrezept des Vorgängers, deuten aber in inhaltlicher Hinsicht vieles um und flechten weitere Märchenmotive ein. Aus diesem Grund dürfte es allen Nichtkennern des ersten Teils nicht allzu leicht fallen, durchgängig am Ball zu bleiben. Dessen ungeachtet überzeugen vor allem sozialkritische Impulse, denn das Schicksal der gehörnten Fee, die ein weiteres Mal zur gefallenen Heldin wird, führt auch jüngeren Zuschauern vor Augen, dass der Homo Sapiens nicht zu den dankbarsten und rücksichtsvollsten Geschöpfen zählt. Bedauerlicherweise mutet das grundsätzlich spannende Szenario bisweilen einen Hauch überladen an und konzentriert sich schlichtweg auf zu viele Handlungsebenen. Aufgrund wiederholter Redundanzen wird eine Geschichte erzählt, die gelegentlich spürbar nach ihrer eigenen Daseinsberechtigung sucht und schlussendlich ein überzuckertes Ende als abrupten Kompromiss anbietet. In jenen Momenten, in denen es dem Skript an Raffinesse fehlt, tritt die audio-visuelle Sphäre schützend hervor, welche dank aufwendiger Requisiten, gekonnter Effekte und eines atmosphärischen Scores ein ähnlich hohes Niveau wie der Vorgänger erreicht. Gleiches trifft auf Angelina Jolie zu, die mit ihrer Figur erneut glaubhaft verschmilzt. Bedauerlicherweise wird der Protagonistin diesmal viel weniger Screentime zugestanden, dennoch glänzt sie erneut in jeder einzelnen Szene. In Gestalt von Michelle Pfeiffer erhält Jolie eine Kontrahentin auf darstellerischer Augenhöhe und auch Sam Riley und Elle Fanning warten ein weiteres Mal mit einem hohen Maß an Spielfreude auf. Schwächstes Mitglied des Ensembles bildet Harris Dickinson, dem es nicht gelingt, den antiquierten Rollentypus des Prinzen Tiefe und Aktivität zu verleihen.
Im Gegensatz zu „Dumbo“ und „Aladdin“, die sich eng an die jeweiligen Vorbilder hielten, wagte man mit der Neuauflage von „Maleficent“ eine beflissene Eigenkreation, stößt dabei jedoch vermehrt an die Grenzen eines überambitionierten Sequels. Obwohl die ganzheitliche Qualität des Films von 2014 unerreicht bleibt, weiß der Zweistünder insbesondere als Kampf der Mutterfiguren weitestgehend zu überzeugen und lässt zumindest in optischer Hinsicht kaum Wünsche offen. „Maleficent – Mächte Der Finsternis“ läuft seit heute in den deutschen Kinos.