Nyad

NYAD | Netflix – offizielle Webseite
Netflix

Als junge Frau feierte Diana Nyad (Annette Bening) eine Reihe von Erfolgen, als Langstrecken-Schwimmerin stellte sie diverse Rekorde auf. Ein Triumph blieb ihr aber verwehrt: von Kuba bis nach Florida zu schwimmen. Mehr als 30 Jahre sind seither vergangen, aus Diana ist eine ältere Frau geworden. Doch der Gedanke an den gescheiterten Versuch verfolgt sie noch immer. Und so beschließt sie, sich doch noch einmal ins Wasser zu wagen und ihren alten Plan in die Tat umzusetzen. Unterstützung findet sie dabei durch ihre beste Freundin Bonnie Stoll (Jodie Foster) sowie John Bartlett (Rhys Ifans), der die beste Route bestimmen soll. Aber auch mit viel Hilfe und neuer technologischer Mittel stößt sie schnell an ihre Grenzen, ist sie doch inzwischen völlig außer Form…

Ende des Jahres bringen sich die großen Studios in Stellung, um die aussichtsreichsten Kandidaten für die kommende Award Season vorzustellen. Das hat inzwischen auch bei Netflix Tradition. Während die Blockbuster während des gesamten Jahres unters Volk gebracht werden, gibt es beim Endspurt die Prestigetitel. Das ist 2023 nicht anders. Mit David Finchers Der Killer und Bradley Coopers Maestro sind zwei größere Anwärter darunter. Bei Nyad dürfte man sich im Hinblick auf den Hauptpreis vermutlich weniger Hoffnungen machen. Dafür wird bei Annette Bening spekuliert, dass sie für ihre schauspielerische Leistung nominiert wird. Nach bislang vier gescheiterten Nominierungen hat die Academy da noch etwas gutzumachen. Die zweifache Gewinnerin Jodie Foster könnte auch mal wieder für einen Preis im Rennen sein.

NYAD“: Warum eine negativ gezeichnete Frau in diesem Film zur Heldin wird
Netflix

Es sind dann auch die beiden Darstellerinnen, die die besten Argumente liefern, warum man sich den Film anschauen kann. Die dankbarere Rolle hat dabei natürlich Bening. Während Bonnie etwas darauf reduziert wird, die beste Freundin und treue Unterstützerin zu sein, ist die Diana Nyad ein bewusst schwieriger Mensch. Nyad etabliert das früh, wenn es darum geht, eine Geburtstagfeier für sie zu organisieren. Immer wieder demonstriert sie ihren Starrsinn, an ihrem Dickkopf prallen Argumente einfach ab. Dass sie damit andere Menschen vergrault, ist kein Wunder. Als unbeteiligter Zuschauer bzw. Zuschauerin darf man damit aber Spaß haben. So wie die Charakterdarstellerin ihren Spaß gehabt haben dürfte, eine bissige Frau zu spielen, bei der man nie genau sagen kann, ob man sie nun mag oder nicht. Gerade die diversen Konfliktsituationen tragen zum Unterhaltungsfaktor des Films bei.

Gleichzeitig hat Nyad eine gesteigerten Wohlfühlfaktor. Wenn jemand, dem niemand mehr etwas zutraut, es allen anderen zeigt, dann ist das immer irgendwie schön. Eine Frau jenseits der 60, die eine solche Strecke schwimmt, ohne die Hai-Käfige, wie sie die anderen verwendet haben? Das tut gut. Ganz ungeniert wird hier auch darauf verwiesen, wie inspirierend dieser Triumph für das Publikum sein soll. Das Motto: Wenn es Diana schafft, eine solche übermenschliche Leistung abzurufen, dann können auch andere ihre Träume verwirklichen. Wie realistisch das ist, darüber lässt sich streiten. Aber hier geht es ja mehr ums Glauben. Darum, die Menschen vor den Bildschirmen Mut zuzusprechen und sie aufzumuntern, noch einmal etwas zu versuchen.

Die echte Diana Nyad aufgedunsen und durch zig Quallenstiche gebranntmarkt im Moment ihres größten Triumphes / Foto von: Dawn L Blomgren

Insgesamt handelt es sich hier um einen gut unterhaltenden Film für zwischendurch. Beim genaueren hinsehen kann man allerdings auch ein paar Dinge kritisieren, wenn man denn möchte. Tatsächlich ist der Film nämlich schon sehr formelhaft und versucht nicht einmal, sich irgendwie inhaltlich oder inszenatorisch hervorzuheben. Es gibt die üblichen Stationen, die Dramaturgie ist streng nach Anleitung. Das ist etwas schade, weil die Hommage an den Mut dieser Frau selbst sehr mutlos ausgefallen ist. Sehenswert ist das Drama aber allemal. Das verheiratete Regie-Paar Elizabeth Chai Vasarhelyi und Jimmy Chin, welches für seine Kletter-Doku Free Solo bereits einen Oscar zu Hause stehen hat, zeigt beim Sprung ins Wasser, dass es auch bei Spielfilmen Talent hat. Wer also in der Stimmung ist für ein aufmunterndes Drama, nach dem vieles wieder möglich erscheint, ist bei Nyad an einer guten Adresse. Wer allerdings etwas über Nyad recherchiert wird schnell auf diverse Kontroversen stoßen, die sie in der Open-Water-Community ausgelöst hat. Diese wurde gänzlich ausgeklammert und sich auf die unbestrittene herausragende sportliche und mentale Leistung konzentriert.

Fazit: Nyad erzählt die Geschichte einer Frau, die mit Anfang 60 eine Strecke von 177 Kilometern am Stück von Kuba nach Florida schwamm. Die Hommage an den Mut der Protagonistin punktet mit den perfekt besetzten Darstellerinnen, die verglichen mit den verwendeten Archivaufnahmen unfassbar nah an der echten Diana Nyad bzw. Bonnie Stoll  denen eine Oscarnominierung für eine Leistungen zu wünschen wäre, sowie einer ordentlichen Portion Wohlfühl-Drama. Dies mag zwar alles sehr formelhaft anmuten, ist aber zu keiner Sekunde langweilig.

US 2023 – 121 Minuten
Regie: Jimmy Chin & Elizabeth Chai Vasarhelyi
Genre: Drama / Sport
Darsteller: Annette Bening, Jodie Foster, Anne Marie Kempf, Carolyn McCormick, Marcos Diaz, Belle Darling, Pearl Darling, Johnny Solo, Anna Harriette Pittman, Eric T. Miller, Rodriguez Hanler, Harraka Eliana, uva.
Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Oscar Contender, Reviews. Fügen Sie den permalink zu Ihren Favoriten hinzu.