Touch (OT: Snerting)

© Universal Pictures

Durchschnittlich ein halbes Dutzend an Kinofilmen produziert das spärlich besiedelte, an der Pforte zur Arktis gelegene Island pro Kalenderjahr. Ein Vertreter aus dieser überschaubaren Riege, der unter der Verantwortung des isländisch-spanischen Herrn Balthasar Kormákur in Kooperation mit einem Team aus Großbritannien entstand, führt vor Augen, dass Qualität gegenüber Quantität siegt, denn „Touch“ erweist sich als ein feinsinniges Arthaus-Juwel, dem eine internationale Wahrnehmung nur von Herzen zu wünschen ist und das insbesondere im Blockbuster-lastigen Hochsommer aufgrund von Sensibilität & Fokus heraussticht.

Im Mittelpunkt des von mehreren Zeitsprüngen gespeisten Dramas steht der weitestgehend isoliert lebende Witwer Kristófer, der sich inmitten der beginnenden Covid-Pandemie auf Spurensuche nach einem prägenden Ereignis aus seiner Studienzeit begibt. Die Lebensrückschau zeichnet sich durch ein hohes Maß an Besonnenheit, Transparenz sowie Interesse an den Figuren aus, ohne sich dabei dem Mainstream zu unterwerfen und fängt speziell die Dynamik der 68er-Bewegung und das größte Trauma Japans gleichermaßen eindrucksvoll ein. Wegen des Wechsels zwischen drei Sprachen dürfte sich so mancher synchronisationsverwöhnte Zuschauer an der Vielzahl von Untertiteln stören, doch gerade dies stützt die kennzeichnende Authentizität der gebotenen Kollision zweier Kulturkreise. Der bittersüße, schnörkellose Bilderbogen profitiert vor allem von warmherzigem Humor und der Güte eines harmonischen Schauspielensembles. Stark sind besonders die Darbietungen von Egill Ólafsson sowie Palmi Kormákur, denen es gelingt, den Protagonisten in unterschiedlichen Lebensaltern ineinanderfließend und mit Charme zu verkörpern. Auch die Darsteller/innen aus dem Land der aufgehenden Sonne offerieren überaus sehenswerte, involvierende Auftritte.

© Universal Pictures

Als der Abspann nach knapp zwei Stunden eingeblendet wird, erwischt man sich dabei, sich mehr als nur ein Tränchen aus dem Gesicht zu wischen. „Touch“ wird nicht nur seinem schlichten Titel vollends gerecht, sondern lässt darüber hinaus sowohl den Wert als auch die Tragik mancher unfreiwillig eingeschlagener Lebensstationen retrospektiv nachfühlbar werden – sofern der Betrachter dies gestattet. Eine Sichtung des skandinavischen Werks, das hierzulande am 08. August offiziell veröffentlicht wird, sei all jenen, die das Lichtspielhaus gern nachdenklich verlassen, wärmstens empfohlen.

IS / UK – 121 Minuten
Regie: Baltasar Kormákur
Genre: Drama / Romanze
Darsteller: Egill Ólafsson, Yôko Narahashi, Palmi Kormákur, Kôki, Masahiro Motoki, Ruth Sheen, Masatoshi Nakamura, Meg Kubota, Tatsuya Tagawa, Charles Nishikawa
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