Der Mythos von amouröser Aufopferung bis über die Tore der Unterwelt hinaus, ist so alt wie die Menschheit selbst und wurde bereits in der Antike in Gestalt von Orpheus und Eurydike verarbeitet. Ebendieses zeitlose Motiv bildet den Kern der größtenteils in der tschechischen Hauptstadt entstandenen Independentproduktion „The Crow“, welche ein loses Remake des gleichnamigen Films von 1994 darstellt. In Gestalt seiner dritten Regietätigung arrangierte Rupert Sanders, der zuvor „Snow White And The Huntsman“ inszenierte, jedoch trotz vorhandenen Potentials ein außerordentliches Beispiel für einen Flop auf nahezu sämtlichen Ebenen, der fünf Genres bedienen möchte, ohne dass es auch nur im Hinblick auf ein einziges davon halbwegs gelingt.
Schon die Anfangssequenz mit Rückblenden zu den selbst- und fremdverschuldeten Traumata der Akteure wirkt überhastet, sogar wirr, und fungiert als Vorbote dessen, was der Betrachtende fast zwei Stunden erdulden wird. Ebendiese Hektik offenbart einerseits psychologisches Desinteresse und schlägt sich andererseits auf die komplette Wirkungsästhetik nieder, denn trotz der melancholischen Liebesgeschichte und einer Vielzahl an aneinandergereihten Splatter-Szenen im zunehmenden Rachewahn, bei dem Publikum literweise Kunstblut um die Ohren fliegen, ist das Gefühl von Teilnahmslosigkeit erschreckend präsent, während die mitunter haarsträubend sinnleeren, pseudo-esoterischen und phasenweise sogar unfreiwillig komischen Dialoge wiederholt den Anschein erwecken, als wären die Macher ähnlich zugedröhnt gewesen wie die Porträtierten. Vor allem der Schlussakt im Opernhaus verströmt regelrechte Verzweiflung, indem rohe, reuelose Widerlichkeit des reinen Selbstzweckes wegen präsentiert wird. Einzig die musikalische Sphäre und eine Handvoll an visuellen Kniffen erweisen sich als nicht gänzlich schlecht, können aber insbesondere das kollektive Versagen nicht übertünchen. Der mittlere Sohn der fünf schauspielenden Skarsgård-Brüder gibt zwar sein Möglichstes, um den Mankos in seiner transformativen Rolle etwas entgegenzusetzen, doch leider stimmt vor allem zwischen ihm und seiner Partnerin die darstellerische Chemie abgesehen von erotischen Szenen nicht, was primär an der unglaubwürdigen, sedierten Leistung seiner Drehpartnerin liegt. Zudem kristallisiert sich schnell heraus, warum sowohl Channing Tatum, Ryan Gosling als auch Nicholas Hoult die männliche Hauptrolle ablehnten und sich die Produktionsdauer auf fast ein Jahrzehnt erstreckte.
Selbst Personen mit ausgeprägter Affinität für den Gore-Typus dürften den Saal womöglich voller Ernüchterung und Kopfschütteln verlassen, denn „The Crow“ mangelt es wie ein flugunfähiger Vogel sowohl an Timing, Vitalität als auch Aerodynamik und nicht zuletzt an einer ernsthaften Daseinsberechtigung. Wer es dennoch wagen sollte, sich das unnötige Machwerk zu Gemüte zu führen, kann dies hierzulande ab dem 12. September 2024 tun – auf eigene Gefahr!