Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger (OT: Life of Pi)

lifeofpi

Mitten im Weihnachtstrubel gelang es mir, mich von meiner Familie loszureißen, um mir den neuesten Film von Ang Lee anzusehen. Dabei handelt es sich um die sehr bekannte Romanvorlage  „Life of Pi“ (zu Deutsch „Schiffbruch mit Tiger“) von Yann Martel.

Erzählt wird dabei die Geschichte des jungen ‚Piscine Molitor Patel‘, auch genannt Pi. Er ist der Sohn eines Zoodirektors im indischen Pondicherry und wird im hinduistischen Glauben erzogen. Später konvertiert er außerdem noch zum Christentum und Islam, was innerhalb seiner Familie, besonders von seinem Vater, ein wenig argwöhnisch aufgefasst wird. Als eines Tages eben dieser beschließt, seine Tiere an verschiedene Zoos zu verkaufen und nach Kanada auszuwandern, begibt sich seine Familie auf einen Frachter in Richtung neuer Zukunft. Mitten am offenen Meer gerät das Schiff in ein schweres Unwetter, kentert und sinkt. Lediglich Pi, ein Zebra, ein Orang-Utan, eine Hyäne und schließlich ein bengalischer Tiger Namens ‚Richard Parker‘, schaffen es in ein Rettungsboot. Von da an beginnt das eigentliche Abenteuer aber erst so richtig.

Der 2 fache Oscar-Preisträger Ang Lee ist ein meisterhafter Regisseur, der vor allem für Filme wie „Brokeback Mountain“ oder „Tiger & Dragon“ bekannt ist. Jetzt nahm er sich einer neuen Aufgabe an. Eine Aufgabe die für viele als „unverfilmbar“ galt. Das dies in meinen Augen nicht der Wahrheit entspricht, hat viele Faktoren, die einzeln betrachtet werden müssen.

Allen voran, wie eben erwähnt, ist es Ang Lee zu verdanken, dass er sich nicht nur an dieses Projekt herangewagt, sondern dem Ganzen auch eine wundervolle Prägung verpasst hat.  Es gibt Stellen, bei denen manch anderer  Gefahr laufen würde, sie langatmig zu gestalten. Nicht jedoch Lee. Er schafft es, dass man ihm die komplette Aufmerksamkeit schenkt und dankt es einem mit einem fantastischen Abenteuer. Es gibt viele Romane, die als „unverfilmbar“ galten aber nur sehr wenige, die letztendlich als Film überzeugen konnten. Als positives Beispiel muss man natürlich Peter Jacksons „Der Herr der Ringe“ nennen. Grotesk dass ausgerechnet Jackson auch für ein absolutes Negativbeispiel verantwortlich ist: „In meinem Himmel“ („The Lovely Bones“).

Schauspielerisch gesehen, sticht natürlich Newcomer Suraj Sharma hervor, der die Rolle des Pi wahrhaftig lebt. Jede einzelne Emotion, egal ob fröhlich oder traurig, wird sehr schön und vor allem glaubhaft vermittelt. Kurz erwähnt sei auch Gerard Depardieu, der als Schiffskoch einen kleinen aber sehr feinen Cameo-Auftritt hat.

Der Film punktet natürlich auch mit seiner optischen Abstimmung. Die visuellen Animationen sind nahezu perfekt, die Ausstattung wunderschön, der Schnitt und Kameraführung ein Genuss und absolut preisverdächtig! Ebenfalls preisverdächtig ist auch die Musik von Mychael Danna, der selbst den Hardcore-Filmmusik-Freaks wohl eher weniger ein Begriff sein wird. Mir persönlich ist er erst letztes Jahr mit „Moneyball“ aufgefallen, obwohl er auch schon für andere bekannte Filmen wie „Capote“, „Chloe“ oder „Little Miss Sunshine“ die Musik geschrieben hat. Mit seinen phasenweise leicht indisch angehauchten, sehr lieblich klingenden und verträumten Score, katapultiert sich Danna für mich zu einem sehr ernstzunehmenden Anwärter für den Oscar.

Fazit: Die 3 Golden Globe Nominierungen (Film, Regisseur, Filmmusik) und die am 10. Jänner (mit Sicherheit) kommenden Oscar-Nominierungen sind allesamt gerechtfertigt. Ich kann den Film persönlich nur empfehlen. Er ist in jedem Fall einer der komplettesten und  besten Filme des Jahres.

Andere Meinungen zum Film:
Frank von Die Academy
Stefan von Die Academy


USA/Taiwan – 2012 – 2 Std. 5 Min.
Regie: Ang Lee
mit Suraj Sharma, Irrfan Khan und Adil Hussain
Genre: Drama, Abenteuer

Über Johannes Marksteiner

Hauptberuflich: Radio-Redakteur und Sprecher Nebenberuflich: Passionierter Cineast
Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Filme, Reviews und getaggt als , , . Fügen Sie den permalink zu Ihren Favoriten hinzu.