Heute möchte ich mit der „Ginger Snaps“-Trilogie eine meiner Lieblings-Filmreihen abhandeln. Sie ist übrigens auch der Grund weshalb ich diese Serie überhaupt begonnen habe.
Oberflächlich gesehen handelt es sich um klassischen Werwolf-Teenie-Horror, aber im Kern sind diese Filme hervorragende Parabeln auf diverse Jugendängste und -probleme. So stehen die ersten beiden Filme je für ein bestimmtes dieser Themen. Der dritte Teil ist dann ein Prequel der ersten beiden Filme und steht inhaltlich völlig losgelöst von diesen.
Da die Story des zweiten Teils aber auf Ereignissen vom Ende des ersten Teils fußt werde ich für diesen eine Mini-Spoiler-Warnung geben. Die weitere Handlung ist zwar wieder komplett unabhängig, wer aber nicht wissen möchte warum sich die Hauptdarstellerin in dieser Situation befindet sollte zuvor erst Teil 1 gesehen haben.
Ginger Snaps – Das Biest in Dir (OT: Ginger Snaps)
„Ginger Snaps“ spielt in dem an sich beschaulichen fiktiven Kleinstädtchen Bailey Downs irgendwo in Kanada, das aber seit kurzem von einer unbekannten Kreatur heimgesucht wird die die Hunde des Ortes regelrecht zerfleischt.
Dort leben die 15 bzw. 16 Jahre alten Schwestern Brigitte (Emily Perkins) und Ginger (Katharine Isabelle), zwei morbide Außenseiterinnen, die als Hobby am liebsten ihren eigenen Tod inszenieren (leidlos von ihren Eltern geduldet) und sich geschworen hatten sich spätestens mit 16 tatsächlich das Leben zu nehmen um fortan im Tode für immer zusammen zu sein. Trotz ihres relativ fortgeschrittenen Alters hatte noch keine der Beiden ihre erste Regelblutung, was besonders ihre überfürsorgliche Mutter (grandios: Mimi Rogers) beunruhigt, Ginger und Brigitte jedoch prima finden weil es sie in ihrer Außenseiterrolle noch bestärkt.
Eines Tages werden die Beiden während des Sportunterrichts von der tussigen Mitschülerin Trina angemacht, woraufhin Brigitte von ihr geschubst wird und in einem der ausgenommenen Hundekadaver landet. Aus Rache wollen sie daher mit dem Kunstblut ihrer eigenen Todesdarstellungen die Zerfleischung von Trinas Hund inszenieren. Sie finden allerdings Trinas Hund schon ausgeweidet vor und als sie gerade wieder gehen wollen setzt bei Ginger unerwartet ihre Menstruation ein. Angelockt von dem Blut wird Ginger darauf von der Kreatur angegriffen und schwer verletzt. Sie können jedoch fliehen wobei die Bestie beim überqueren der Straße vom Transporter des Gärtnergehilfen (und Cannabis-Dealers) Sam überfahren wird.
Noch schwer unter Schock laufen die Mädchen nach Hause wo sie feststellen, dass Gingers Wunden bereits anfangen zu heilen.
Doch im Lauf der nächsten Tage und Wochen verändert sie sich stark, sowohl körperlich als auch charakterlich. Brigitte findet heraus, dass es sich bei der Kreatur um einen Werwolf gehandelt haben muss und Ginger sich nun ebenfalls in einen verwandelt. Zusammen mit Sam sucht sie daher nach einem geeigneten Gegenmittel. …
Die Handlung ist wie bereits erwähnt eine klassische Werwolf-Story und der Film spart im weiteren Verlauf auch nicht mit Splatterszenen. Er wird aber durch eine leicht selbstironische Inszenierung ergänzt und funktioniert auf der Meta-Ebene auch als gelungenes Coming-of-age-Drama.
Gingers Verwandlung in einen Werwolf wird hier als raffinierte Metapher auf den „Horror“ der (weiblichen) Pubertät in Szene gesetzt. Nach ihrer ersten Periode (bzw. dem Biss des Werwolfs) beginnen ihr Haare zu wachsen, sie wird launisch, interessiert sich auf ein mal für Jungs und hat Lust auf Sex (bzw. menschliches Fleisch).
Drehbuchautorin Karen Walton ist hier wahrlich ein genialer Kunstgriff gelungen für den sie neben diversen Fachpreisen auch den „Special Jury Citation Award“ für den besten kanadischen Film beim renommierten „Toronto International Film Festival“ erhalten hat.
Inszenatorisch ist „Ginger Snaps“ für einen B-Film auch hervorragend gelungen, Kamera, Schnitt, Maske und Effekte können sich durchaus mit Groß-Produktionen messen lassen. Zudem ist das Ende herrlich radikal.
Auch die Darsteller sind ebenfalls durch die Bank klasse. Neben der bereits erwähnten Mimi Rogers sind natürlich Katharine Isabelle in der Titelrolle und ganz besonders Emily Perkins zu erwähnen. Kleiner Fun Fact zum Schluss: Beide waren schon als Kinder im Filmgeschäft unterwegs (Isabelle z.B. als Tochter von Christopher Lambert in „Knight Moves“ und Perkins als junge Beverly Marsh in der Verfilmung von Stephen Kings „Es“) und haben auch noch mehrfach zusammen gedreht, sogar in großen Hollywood-Produktionen wie „Insomnia“ mit Al Pacino und Robin Williams.
Kanada – 2000 – 1 Std. 43 Min.
Regie: John Fawcett
mit: Emily Perkins, Katharine Isabelle, Kris Lemche, Danielle Hampton, Jesse Moss, John Bourgeous & Mimi Rogers
Genre: Horror, Komödie, Drama
* Vorsicht kleiner Spoiler *
Ginger Snaps II: Entfesselt (OT: Ginger Snaps 2: Unleashed)
Nachdem Brigitte ihre große Schwester nicht vor der Verwandlung retten konnte und nun selbst den Lykanthropie-„Virus“ in sich trägt muss sie sich weiterhin Eisenhut-Injektionen spritzen. Denn diese können die Verwandlung nicht wie ursprünglich gedacht aufhalten, sondern nur verzögern. Und die Abstände in denen ihre Wunden heilen werden immer kleiner. Zudem wird sie von Visionen geplagt in denen sie von einem weiteren (männlichen) Werwolf gejagt wird. Daher setzt sie sich eines Tages eine weitere Spritze in kurzer Folge und erleidet daraufhin einen toxischen Schock. Sie wird jedoch von einem Büchereimitarbeiter (der ihre liegengelassenen Bücher vorbeibringt) gefunden, der sie ins nächste Krankenhaus bringen will. Auf dem Weg dorthin werden sie aber von dem Werwolf angegriffen welcher den Mann umbringt. Brigitte kann fliehen, wird ohnmächtig und wacht in einer Suchtklinik wieder auf. Dort werden ihre Eisenhut-Vorräte konfisziert und sie „auf Entzug“ gesetzt. Der Pfleger Tyler bietet Brigitte an ihr das Präparat zu geben, verlangt aber im Gegenzug sexuelle Gefälligkeiten von ihr, was sie ablehnt. Zu allem Überfluss geht Brigitte auch noch die hyperaktive, Comics-versessene „Ghost“, die Enkelin einer Patientin, auf die Nerven. Ghost erkennt als Einzige was mit Brigitte passieren wird und „versucht“ ihr zu helfen. Unterdessen kommt der andere Werwolf immer näher um sich mit Brigitte zu paaren. …
Beim zweiten Teil geht natürlich der Originalitätsfaktor etwas flöten, dennoch steht er Teil 1 in fast nichts nach. Auch dieser Film bietet erneut viel Spannung, Blut und Action und wartet zudem mit einem sehr originellen Ende auf. Der subtile Humor des Vorgängers ist dabei zwar weitestgehend gewichen, dennoch gibt es auch hier noch einige sehr schwarzhumorige Momente.
Aber auch dieses Mal lässt sich die Handlung auch auf eine höhere Ebene legen. Ging es in Teil 1 noch um die Probleme der Pubertät, so heißt die Thematik hier ganz klar Drogenmissbrauch und Suchtverhalten.
Das Perfide ist dabei jedoch, dass Brigittes Entzug eben nicht zu ihrem Vorteil gereicht, sondern ihr Übel noch verschlimmert. „Ginger Snaps 2“ spricht sich deswegen aber nicht für die Einnahme von Drogen aus, im Gegenteil, er thematisiert vielmehr die Ohnmacht die Drogenabhängige vor und während ihres Entzuges ausgeliefert sind.
„Ginger Snaps 2“ ist ein Sequel der gelungeneren Sorte. Emily Perkins zeigt hier wieder ihre schauspielerische Klasse und Tatiana Maslany als gestörten Teenager muss man ebenfalls lobend erwähnen. Der treibende elektronische Score von Kurt Swinghammer gibt diesem Teil zudem einen ganz eigenen Charakter und hebt ihn von dem eher klassischeren Horror-Score des ersten Teils gekonnt ab.
*Spoiler Ende*
Kanada – 2004 – 1 Std. 31 Min.
Regie: Brett Sullivan
mit: Emily Perkins, Tatiana Maslany, Eric Johnson, Janet Kidder, Brendan Fletcher & Katharine Isabelle
Genre: Horror, Drama
Ginger Snaps III – Der Anfang (OT: Ginger Snaps Back: The Beginning)
Der dritte Teil ist der ernsthafteste Teil der Reihe und hat mit der eigentlichen Handlung der ersten beiden Teile nichts mehr gemein. Er erzählt jedoch die „Vorgeschichte“ zu diesen.
Die Handlung setzt im Jahre 1815 ein, irgendwo in der kanadischen Wildnis. Im Vorspann wird eine alte indianische Legende erzählt. In dieser wird von einem Fluch berichtet, der über die Menschen in Form von mordenden Bestien, Wendigos, hereinbricht. Eines Tages sollen aber zwei Schwestern auftauchen, die diesen Fluch brechen können, eine Rot- und eine Schwarzhaarige. Die Schwestern Ginger und Brigitte (vermutlich Vorfahrinnen der Heldinnen der vorherigen Filme) irren durch einen verschneiten Wald, als sie auf eine alte Schamanin treffen die Ihnen erklärt, dass sie diese beiden Schwestern seien und sie den Fluch brechen können indem sie einen bestimmten Jungen töten oder eine Schwester durch die Hand der Anderen stirbt. Nachdem Brigitte kurz darauf in eine Tierfalle tritt wird sie von einem Indianer befreit und zu einem abgelegenen Fort gebracht. Dort werden die Beiden von den ausschließlich männlichen Besatzern misstrauisch und mit Argwohn empfangen, besonders der fanatische Reverend Gilbert und der Soldat James haben es auf sie abgesehen. Einzig der „Jäger“ der Brigitte befreit hatte und der Kommandant des Lagers stehen auf ihrer Seite. In der Nacht wird Ginger von Alpträumen geplagt woraufhin sie durch das Haus wandert und von einer im Haus versteckten Kreatur angefallen und gebissen wird. Kurz darauf beginnt Ginger sich zu verändern. …
Der dritte Teil bietet nichts wirklich Neues, die Handlung besteht aus Versatzstücken altbekannter Horrorelemente, ebenso die stereotypen Charaktere. Das alles wird aber zu einem wirklich schön anzusehenden Konglomerat verarbeitet, das durchgehend zu unterhalten weiß. Und der Kniff, dass man das unausweichliche Ende die ganze Zeit absehen kann (es handelt sich schließlich um ein Prequel zum ersten Teil) ist auch ziemlich gelungen.
Kanada – 2004 – 1 Std. 34 Min.
Regie: Grant Harvey
mit: Emily Perkins, Katharine Isabelle, Nathaniel Arcand, JR Bourne, Hugh Dillon & Brendan Fletcher
Genre: Horror, Drama