Sense8

©Netflix

Als Netflix letztes Jahr bekannt gab, dass „Sense8“ wegen der extrem hohen Produktionskosten und der vergleichsweise geringen Reichweite beim Publikum keine weitere Staffel mehr bekommen soll, sind die Fans der LGBT-Serie regelrecht auf die Barrikaden gegangen. Die transsexuellen Regiegeschwister Lana und Lilly Wachowski, die mit „Matrix“ 1999 in den Hollywood-Olymp aufgestiegen sind, haben trotz des Serien-Aus eine komplette 3. Staffel geschrieben und hätten diese fast von einer im Erotikhandel tätigen Firma produzieren lassen. Man habe sich aber mit Netflix aufgrund der großen Resonanz der Fans auf einen Abschlussfilm geeinigt, der die Serie würdig zuende führen soll. Ob dies gelungen ist und wie die 2 Staffeln zuvor einzuordnen sind, lest ihr natürlich als Erstes wieder bei uns…

Inhaltlich geht es um 8 sich fremder Menschen, die alle weltweit in unterschiedlichen Städten leben, aber mental und emotional nach einem tragischen Ereignis miteinander verbunden sind. Fortan müssen sie lernen mit ihren außergwöhnlichen Fähigkeiten umzugehen. Während ein geheimnisvoller und zugleich mächtiger Mann namens Jonas (Naveen Andrews aus „Lost“) versucht die 8 Verbundenen zusammenzubringen und ihre Kraft zu vereinigen, gibt es mit Mr. Whispers (Terrence Mann) einen Gegenspieler, der mit seiner Organisation alles daran setzt, die Gruppe auszulöschen.

Die Filmografie der Wachowski-Geschwister ist geprägt von unterschiedlichster Qualität: Von Meisterwerken wie Matrix, V wie Vendetta (Drehbuch) und Cloud Atlas bis hin zu Jupiter Ascending, Speed Racer und den umstrittenen Matrix-Fortsetzungen. Mit „Sense8“ finden sie zu alter Form zurück und geben der Medienwelt eine positive Darstellung von transexuellen Menschen und der LGBT-Community eine Repräsentation. Das dazu auch explizit gezeigter Sex gehört, hat die Sehgewohnheiten in der heteronormativen Serienlandschaft bereits  aufgewühlt. Wie wichtig es für die Wachowski-Geschwister ist, dies auch so intensiv zu zeigen sei dahingestellt, jedoch fasziniert die Mischung aus Animalismus und Sinnlichkeit und erzielt eine Wirkung, die man sich nur schwer entziehen kann. Überhaupt nimmt die Suche nach Identität, (sexueller) Zugehörigkeit und Spiritualität einen großen Platz ein im Kosmos von „Sense8“. Dies überträgt sich auch immer wieder auf die sehr ästhetischen Kampf- und Gewaltszenen, die mit zu den Besten gehören, die ich je zu sehen bekam.

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Neben dem starken Cast, zu dem auch Max Reimelt gehört, sind vor allem die Darstellungen von Jamie Clayton als Transsexuelle Nomi Marks und Doona Bae als Sun, die herausstechen, welches die Leistungen der anderen aber nicht schmälern soll. Neben dem Emmynominierten Titelsong von Tom Tykwer und Johnny Klimek, kann sich auch die sonstige musikalische Untermalung hören lassen. Optisch bleiben die Lokations im Gedächtnis, die weltweit an Original-schauplätzen vom zweifachen Oscarpreisträger John Toll  abgelichtet wurden und ihm seine zweite Emmynominierung einbrachte.

Wer sich entschließt sich „Sense8“ zu widmen, dem wird der komplexe, aber noch recht verwirrende Start der Serie auffallen. Man sollte definitiv dranbleiben, denn die Folgen werden immer stärker als Schwächer, siehe hierzu auch mein Ranking. Die Wachowskis neigen dazu manchmal etwas auszuufern. Was in den deren Filme manchmal etwas zu wiet führt, ist im Serienformat durchausgewinnbringend. Spätestens ab Mitte der ersten Staffel sollte man die Grundzüge der Geschichte verstanden- und die Charaktere lieb gewonnen haben. Die letzten drei Folgen der ersten Staffel haben es dann auch in sich und enden mit einem Knall.

Wer glaubt, dass nach dem fulminanten Staffelfinale das Pulver verschossen wurde, der wird sich gehörig irren. Die Zweite toppt den Vorgänger noch um Längen. Die Charaktere harmonieren noch stärker, die Geschichten gewinnen immer mehr an Tiefe und Reife, da ist es zu verschmerzen, dass nach 5 extrem starken Episoden das nachgedrehte Serienfinale etwas zusammengestaucht wirkt. Zwar ist das Niveau des 2,5-Stünders (!) immer noch auf sehr hohem Niveau, allerdings merkt man schon, dass hier eine ganze Staffel auf eine Folge gekürzt wurde. Dem starken Gesamteindruck der Serie, die sicherlich nicht für jedermann ist, tut dies aber keinen Abbruch. Einfach mal eine Chance geben und nicht zu schnell die Flinte ins Korn werfen, es lohnt sich.

 

Staffel 1

Folgen-/Wertungsübersicht:

  1. Limbische Resonanz (7,0/10)
  2. Ich bin auch ein Wir (7,5/10)
  3. Wer Ahnung hat, setzt auf die dünne Schlampe (8,0/10)
  4. What´s going on? (8,5/10)
  5. Kunst ist wie Religion? (8,0/10)
  6. Dämonen (8,5)
  7. WWNDT (8,5/10)
  8. Das einzige, was zählt, ist Mut in unseren Herzen (8,5/10)
  9. Der Tod lässt keinen Abschied zu (8,0/10)
  10. Was macht den Menschen aus? (8,5/10)
  11. Gas geben und die Zukunft ändert sich (8,5/10)
  12. Ich kann sie nicht zurücklassen (9,0/10)
USA 2016
Regie: Lana & Lilly Wachowski, Tom Tykwer
Genre: Drama / Sci-Fi
Darsteller: Doona Bae, Jamie Clayton, Tina Desai, Max Riemelt, Daryl Hannah, Terrence Mann, Naveen Andrews, uva.

 

Staffel 2

Folgen-/Wertungsübersicht:

  1. F*cking Frohes Neues (8,5/10)
  2. Wer bin ich? (8,0/10)
  3. Obligatorischer Mutualismus (9,0/10)
  4. Polyphonie (8,5/10)
  5. Angst war noch nie ´ne Hilfe (8,0/10)
  6. Isoliert an der Oberfläche, aber darunter verbunden (8,5/10)
  7. In meinem Herzen ist kein Platz für Hass (9,0/10)
  8. Genau eine Kugel (9,0/10)
  9. Was Familie eigentlich bedeutet (9,0/10)
  10. Wenn die Welt eine Bühne ist, ist Identität nichts weiter als ein Kostüm (9,0/10)
  11. Du willst einen Krieg? (9,5/10)
  12. Amor Vincit Omnia (8,5/10)
     USA 2016 Regie: Lana & Lilly Wachowski, Tom Tykwer Genre: Drama / Sci-Fi Darsteller: Doona Bae, Jamie Clayton, Tina Desai, Max Riemelt, Daryl Hannah, Terrence Mann, Naveen Andrews, uva.

 

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