Als SICARIO vor 3 Jahren über unsere Kinoleinwände flimmerte waren Cineasten auf der ganzen Welt entzückt. Die knallharte Drogenschmuggelballade an der mexikanisch-amerikanischen Grenze überzeugte durch kompromisslose Actionsequenzen, starken Darstellerleistungen und einen hypnotischen Sog aus herausragenden Bildkompositionen von Kameralegende Roger Deakins (Oscar für Blade Runner 2049) und einem faszinierend-zermürbenden Score vom leider viel zu früh verstorbenen Komponisten Jóhann Jóhannsson. Ob SICARIO 2 den Fluch der Fortsetzungen unterliegt oder ob dieser sowohl als eigenständiger Film funktioniert, als auch als Mittelteil einer geplanten Trilogie von Autor Taylor Sheridan, der mit SICARIO nach HELL OR HIGH WATER und WIND RIVER seine „American-Frontier-Trilogie“ fertig stellte, soll hier erörtert werden…Nachdem die Drogengeschäfte der Kartelle thematischer Schwerpunkt in SICARIO waren, liegt in der Fortsetzung der Menschenhandel im Fokus und auch von den Drogenkartellen gesteuert werden und sich als äußerst lukrativ erweisen. Nach einem islamistischen Selbstmordattentat in einem US-amerikanischen Supermarkt geraten die Kartelle in Verdacht, bewusst auch Terroristen zu schmuggeln. Um diesen Menschenschmuggel zu stoppen beauftragt der US-Verteidigungsminister CIA-Offizier Matt Graver (Josh Brolin). In zwei Parallelhandlungen sieht man zum Einen wie Graver mithilfe des Auftragsmörders Aljandro Gillick (Oscarpreisträger Benicio del Toro) in einer verdeckten Operation einen Bandenkrieg zwischen den ansäßigen Kartellen auslöst, indem er die 16-jährige Tochter des Drogenbosses Carlos Reyes in Mexiko entführen lässt und es wie eine Aktion eines konkurrierenden Kartells aussehen lässt; zum Anderen wird gezeigt wie ein in den USA lebender jugendlicher Latino für den Menschenschmuggel angeworben wird.
Als großer Skeptiker und Kritiker des Fortsetzungswahns Hollywoods hatte ich ehrlich gesagt ziemlichen Bammel vor der Fortsetzung, die rein objektiv betrachtet nicht zwingend notwendig gewesen wäre bzw. sich nach Filmende des ersten Teils nicht empfohlen hat. Erschwerend hinzu kam, dass Meisterregisseur Denis Villeneuve wegen diverser neuer Projekte nicht auf dem Regiestuhl Platz nehmen konnte, der Komponist Jóhann Johannsson, der für Teil 1 mit seiner zweiten Oscarnominierung bedacht worden ist und mit nur 48 Jahren seinem Krebsleiden erlegen ist und auch Roger Deakins nicht mit von der Partie sein würde.
Alles deutete auf einen starken stilistischen Bruch hin, doch weit gefehlt, alle Komponenten die SICARIO zu einem der besten Filme der letzten Jahre gemacht hat, waren wieder präsent. Zudem war es folgerichtig Emily Blunts Charakter nicht zwanghaft in den neuen thematischen Fokus reinzuschreiben und ihr eine vielleicht blödsinnige Storyline zu geben, da ihre vorwiegend moralische Funktion weitesgehend auserzählt gewesen ist. SICARIO 2 wirkt durch ihre Abstinenz noch hoffnungsloser und düsterer als sein Vorgänger, dabei werden bekannte Kameraeinstellungen und Farbgebungen, sowie musikalische Themen aufgegriffen und stimmig erweitert. Gomorrha. Regisseur Stefano Sollima hat ganze Arbeit geleistet und einen harten, düster-realitischen und packenden Film geschaffen, der aufgrund der thematischen Abgrenzung auch als eigenständiger Film funktioniert, seine Clevernis aber gerade aufgrund der Kenntnis von Teil 1 offenbart und mit einer bitterbösen Schlusssequenz richtig Lust auf den Abschluss der Trilogie macht, auch wenn hierfür die kompromisslose Tonart kurzweilig unterbrochen wurde.
Fazit: Eine DER großen Überraschungen des noch jungen Filmjahres, welche die Stärken des Vorgängers beinhaltet und mit neuen Motiven und einer noch düsteren Tonart clever verwebt. Meisterlich. Wenn doch alle Fortsetzungen nur so wären!