Bette Davis und Joan Crawford zählten zu den größten weiblichen Stars im Hollywood der dreißiger und vierziger Jahre. In den 50er Jahren war ihre beste Zeit jedoch vorbei, die Damen waren gealtert und kein großes Filmstudio war mehr bereit, ihnen große Rollen in Liebesfilmen zu geben, durch die sie vorrangig berühmt geworden waren. Regisseur Robert Aldrich bot schließlich 1962 den beiden Rollen an, die wie für ihre bekannte Rivalität ideal war, mit durchschlagendem Erfolg. Obwohl es danach noch ein Bemühen gab diesen Erfolg zu wiederholen, sollte das einzige Mal sein, dass Davis und Crawford gemeinsam in einem Film auftraten…
Bette Davis spielt „Baby“ Jane Hudson, ein ehemals sehr erfolgreicher Kinderstar, der im zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts viele Zuschauer glücklich machen konnte. Sie erlitt jedoch das Schicksal nahezu aller Kinderstars – je älter sie wird, desto kleiner wird ihre Popularität. Man vergisst Baby Jane. Ihre Schwester Blanche (Crawford) hingegen, die immer im Schatten ihrer berühmten Schwester gestanden hat, wird ein erfolgreicher Hollywoodstar, der als attraktive junge Lady viel Geld mit Liebesschnulzen verdient.
Wie zu erwarten, kennt die Eifersucht ihrer Schwester keine Grenzen. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere werden die Beine Blanches zerschmettert. Sie ist nun unfähig zu laufen und immer auf die Hilfe ihrer Schwester angewiesen. Mit dem ersparten Geld verleben sie ein nach außen hin ruhiges Dasein in ihrem kleinen Anwesen, doch niemand scheint zu ahnen, was sich hinter den Türen abspielt. Die grausamen Spiele der „Baby“ Jane gegenüber ihrer hilflosen Schwester beginnen mit einem toten Kanarienvogel auf dem Essteller von Blanche, scheinen aber kein Ende zu nehmen, denn Jane scheint mehr und mehr den Verstand zu verlieren. Blanche ist ihr hilflos ausgeliefert.
Es gibt kaum einen Film, indem derart viele Elemente zu finden sind, wie in Was geschah wirklich mit Baby Jane? ohne das dieses Werk in irgendeiner Weise überfrachtet wirkt. So ist es zum einen eine bitterböse Satire auf den Jugendlichkeitswahn Hollywoods, ein packender Psychothriller, ein dezenter Horrorfilm, angereichert mit angemessenen humoristischen Elementen. Grundsätzlich lebt dieser Streifen jedoch von seinen beiden Hauptdarstellerinnen, wobei Joan Crawford – so gut sie auch ist – von ihrer Rivalin Bette Davis gnadenlos an die Wand gespielt wird. Die alkoholsüchtige, wahnsinnige Baby Jane wirkt zu jeder Zeit derart realistisch und angsteinflößend, dass man die Empfindungen ihrer hilflosen Schwester Blanche jederzeit teilt.
In diesen Momenten wandelt sich der Psychothriller in gelungenen Metamorphosen zu regelrechten Horrorszenarien, in denen geschickt mit den Assoziationen des Zuschauers gespielt wird. Beispielhaft ist hier die Erwähnung Janes zu Blanche, es befänden sich Ratten im Keller, während sie ihrer gelähmten Verwandten einen zugedeckten Teller auf den Tisch stellt. Man kann nur ahnen, was sich auf diesem Teller befindet und der Grusel resultiert hiermit nicht oberflächlich aus dem Anblick einer toten Ratte, sondern aus der Spannung herauszufinden, ob sich tatsächlich ein derartiges Tier an diesem Platz befindet. Die humoristischen Elemente sind mit dem brotlosen Künstler Edwin Flagg (Victor Buono) verknüpft, der von Jane angeheuert wird, ihre Karriere zu rehabilitieren. Buono – für einen Oscar nominiert – gibt sein Bestes als Komponist, der zunächst von Jane abgeschreckt ist, dann aber immer mehr in ihren eigenartigen Bann gezogen wird. Flagg ist zunächst wie der Zuschauer selbst zu Beginn des Films, der bei seinem ersten Besuch im Haus nur die Oberfläche sieht, die skurrilen Dekorationen und die unwirkliche Aura, der jedoch nicht ahnt, welch furchtbaren Dinge sich in diesem Anwesen abspielen, wenn Blanche von ihrer Schwester getreten und gedemütigt wird.
Robert Aldrich gab sich zudem einige Mühe, den dramatischen Aspekt nicht zu vernachlässigen, was in zwei herzzerreißende Szenen mündet, in denen Crawfords einzige Chance ist, Hilfe zu rufen ein Telefon ist, welches sich jedoch am Ende einer Treppe befindet. Nach und nach muss Blanche erkennen, dass sie aufgrund ihrer zertrümmerten Beine diesen Weg nicht schaffen kann. Man kann in diesen Momenten aus ihrem Gesicht ablesen, wie jede Hoffnung in ihr stirbt – die Hoffnung auf Erlösung, Loslösung von ihrer Schwester und Hoffnung auf eine Heilung ihrer Schwester durch einen Arzt.
What Ever Happened to Baby Jane ist eine großartige, unendlich böse Satire, ein finsterer Psychothriller, ein unterschwellig zutiefst schockierender Horrorfilm und eine Kritik an den Jugendwahn – ein großartiger Film, den man sich am Besten in Kombination mit Ryan Murphys Mini-Serie Feud: Die Feindschaft zwischen Bette und Joan zu Gemüte führt.
Oscargewinn:
- Bestes Kostümdesign / Black & White (Norma Koch)
Weitere Oscarnominierungen:
- Beste Hauptdarstellerin (Bette Davis)
- Bester Nebendarsteller (Victor Buono)
- Bete Kamera / Black & White (Ernest Haller)
- Bester Ton / Beste Tonabmischung