Die Schülerinnen und Schüler der Abbott Elementary kommen zu weiten Teilen aus unterprivilegierten Familien, die Toiletten in der Schule funktionieren nicht richtig, für Bücher und andere Anschaffungen ist kein Geld da und den älteren Lehrerinnen steht die Desillusionierung ins Gesicht geschrieben. Doch all das kann den naiv-übereifrigen Enthusiasmus nicht trüben, mit dem die Junglehrerin Janine Teagues (Quinta Brunson) sich tagtäglich in ihren Arbeitsalltag stürzt…
Wie so viele Serien muss sich „Abbott Elementary“ in der ersten Staffel erst einspielen und hört quasi dann auf, als es gerade so richtig schön wurde. In den ersten Episoden ist deutlich zu merken, dass beim Hauptcast vor allem mit Klischees gespielt wird, um für die einzelnen Figuren ein scharfes Profil zu haben. Wie beispielsweise die von Brunson dargestellte Janine Teagues, die noch sehr frisch in ihrem Job ist und vor Optimismus strotzt und damit manchmal die anderen regelrecht in den Wahnsinn treibt, weil sie schon lange vom System ernüchtert sind. Oder wir haben Melissa Schemmenti (Lisa Ann Walter), die aus dem Süden von Philadelphia stammt und sich dementsprechend im kriminellen Geschäft bestens auskennt und auch für alles einen speziellen Kontakt zu Hand hat. Das sind jetzt beispielhaft zwei Figuren, die aber schon sehr gut zeigen, dass die ersten Episoden zum Reinkommen mehr auf einfach gestrickte Figuren setzen, lieber Klischees bedienen und sich versuchen, über die inhaltliche Ebene zu profilieren. Dennoch sind die Figuren dermaßen zum Schießen, dass sich unsere WG, der angehenden Grundschullehrer köstlich amüsiert hat und die ersten 13 Folgen regelrecht verschlungen haben und gar nicht abwarten können, dass Staffel 2 synchronisiert wird.
Es ist völlig klar, dass besonders die ökonomischen Aspekte den Schulalltag behindern, aber ab Folge 4 geraten diese immer weiter in den Hintergrund und die Figuren werden ausgearbeitet. Thematisch werden dann schulische Themen in vielfältiger Form, wie beispielsweise die technische Unterstützung der Unterrichtsformen, Begabtenprogramme, AGs, Tag der offenen Tür uva. behandelt, während gleichzeitig noch mehr private Themen der Lehrerschaft in den Fokus gerückt werden. Das ist in meinen Augen dann genau die Mischung, die die zweite Staffelhälfte sehr unterhaltsam macht. Zudem scheut sich die Serie auch nicht, immer wieder verschiedene Charakterkonstellationen auszuprobieren, welches immer frischen Wind ins Geschehen gebracht hat. Dennoch waren auch die zunehmenden Insider natürlich ein wichtiger Faktor, denn wenn Gregory (Tyler James Williams) von der Kamera immer wieder erwischt wird, wie er Janine schmachtend ansieht, die völlig unfähige Schulleiterin Ava Coleman (Janelle James) mit ihren unkonventionellen Methoden de Lehrerschaft in den Wahnsinn treibt oder der Hausmeister Mr. Johnson (William Stanford Davis) überall konsequent nach Müll sucht, das ist einfach irre komisch. Insgesamt kann man auch löblich für diese inhaltliche und charakterliche Entwicklung festhalten, dass es immer besser gelingt, konkret Kritik am System zu üben, aber gleichzeitig – einer Comedyserie konform – stetig benötigte Hoffnungsschimmer auszustrahlen. Denn auch wenn es ein Schulsystem ist, die Serie zeigt doch auch, dass es auch an den Menschen in der Schule liegt, eine ansteckende und motivierende Atmosphäre zur persönlichen Weiterentwicklung zu kreieren.
Den Humor der Serie würde ich als breit gefächert einstufen, denn es gab Momente, in denen wir einfach in lautes Lachen ausbrechen mussten, weil viel mit Situationskomik gearbeitet wurde oder weil es tolle Referenzen auf die Popkultur gegeben hat. Damit Abbott Elementary wirklich weit weg vom plumpen Humor, was gleichermaßen bei Publikum und den Kritikern ankommt, den keine Comedy-Serie wurde letztes Jahr mit mehr Golden Globes und Emmys ausgezeichnet. Vermutlich ist auch genau das der Grund, dass nach den verschwindenden Erfolgen von Modern Family und Black-ish als letzten Networkserien mit Preisen bei Verleihungen, mal wieder eine Network-Serie triumphieren könnte. Zwar tue ich mich speziell im Genre Comedy schwer, zwischen verschiedenen Formaten abzuwägen, da gerade Humor ein extrem subjektiver Faktor ist, aber Abbott Elementary besticht durch eine universelle Thematik, die bissig, aber auch optimistisch verarbeitet wird und die über einen sehr gut aufspielenden Cast verfügt. Die zweite Staffel hat laut imdb sogar noch bessere Folgenwertungen erhalten als die Erste, so dass man freudig in die Zukunft blicken kann. So drücke ich der Serie schon jetzt gerne die Daumen, denn sie hat uns bereits einige schöne Serienmomente beschert.
Fazit: Eine wirklich witzige, kurzweilige Serie, die nicht nur angehenden Grundschullehrern gefallen dürfte. Gut geschriebene Charaktere bestechen mit Wortwitz, Situationskomik und hat auch ernste Momente, die eine nötige Tiefe mit einbringen. Darstellerisch braucht sich Abbott Elementary auch nicht verstecken, nicht ohne Grund sind 2 der 3 Golden Globes an die Darsteller gegangen.
Folgenbewertungen
- Willkommen an der Abbott (8,5/10)
- Gegen den Strom (8,0/10)
- Die Wunschliste (8,0/10)
- Neue Technologie (7,5/10)
- Schülertransfer (8,0/10)
- Das Hochbegabten-Programm (8,0/10)
- Die Kunstlehrerin (7,5/10)
- Arbeitsfamilie (8,5/10)
- Steppkurs (8,0/10)
- Tag der offenen Tür (8,0/10)
- Die Sache mit den Schreibtischen (8,0/10)
- Ava vs. Superintendent Collins (8,0/10)
- Zoo-Ballon (8,0/10)
Gesamt: 8,0/10