Er grunzt, spuckt im Rausch seines Schaffens gegen die Leinwand und spricht mit einer Mischung aus Gossenjargon und gehobener Poesie: MR. TURNER! Famos dargeboten vom unterschätzten Charakterdarsteller Timothy Spall, der im Jahr 2014, neben Julianne Moore in MAPS TO THE STARS, den Darstellerpreis in Cannes und zahlreiche Preise von unterschiedlichen Kritikervereinigungen erhalten hat. Wäre das Oscarjahr nicht so hochkarätig gewesen hätte man definitiv Spall auf der Nominierungsliste haben müssen, aber auch so sollte man ihn in der engeren Auswahl haben…
Mike Leigh hat er wieder viele seiner Stammschauspieler in kleineren Rollen besetzt. Neben Lesley Manville kommt Ruth Sheen als keifende Exfrau zum Einsatz und auf Augenhöhe mit Timothy Spall agiert Dorothy Atkinson, als seine alte Haushälterin, die ihn still verehrt und auch seine sexuellen Übergriffe lautlos erträgt. Leider wurde ihr in der letzten Awardsaison bis auf eine Nominierung bei den „British Independent Film Awards“ keine Ehre zuteil. Marion Bailey pflegt und ummuttert Mr. Turner als 2. Ehefrau bis zu seinem Tode. Leider versäumt es Mike Leigh weder einen dramaturgischen Bogen, noch größere Charakterentwicklungen voranzutreiben, so dass der Film mit seinen 141 Minuten Laufzeit zum Teil doch recht ermüdend wirkt. Dies ist ihm in Werken wie dem großartigen VERA DRAKE viel besser gelungen, dennoch ist die Qualität dieser Produktion nicht zu leugnen. Die Kameraarbeit von Dick Pope gehört neben Lubezkis BIRDMAN und der polnischen Kameramänner von IDA zur besten Arbeit des Jahres. Oft kann man zwischen Gemälde und Landschaftsaufnahme kaum unterscheiden. Hinzu kommt die wirklich vorzügliche Ausstattung und das vortreffliche Kostümdesign, für die es allesamt Oscarnominierungen gab. Nur warum ausgerechnet das zum Teil nervige Geigenspiel Hochkaräter wie Trent Reznor & Atticus Ross´ Score zu GONE GIRL ausgestochen hat, will mir nicht in den Sinn kommen.
Für eine ausführlichere Besprechung möchte ich Stefans Kritik zum Film empfehlen, die bereits 2,5 Monate zurück liegt. Wer den Maler William Turner schätzt und keine dramaturgische Kniffe braucht, dem kann man MR. TURNER empfehlen, die Anderen werden mit dem Werk nicht viel anfangen können und eher mit ihrer Müdigkeit kämpfen. Ich für meinen Teil fand ihn gut, welches aber vor allem den Darstellern und der technischen Seite geschuldet ist, ein wenig mehr hatte ich mir aber dann doch versprochen.
CANNES:
Bester Darsteller (Timothy Spall)