Nicht nur, dass es sich bei LIFE OF PI um einen hervorragenden Film handelt, der sich einmal auf ganz andere Weise mit Glaubensfragen auseinandersetzt, er hat das gesamte Package was die Academy liebt: Ein Film mit dem man mitfiebern kann, der sich mit den vielleicht wichtigsten Fragen des Lebens auseinandersetzt und die von Ang Lee, einem der respektiertesten Regisseure unserer Zeit, metaphorisch sehr intelligent in Szene gesetzt werden und beim Publikum und den Kritikern gleichermaßen beliebt ist. Hinzu kommt die Art der Umsetzung. Das Zusammenspiel zwischen der atemberaubenden Kameraarbeit von Claudio Miranda, der zuvor für seine Arbeit zu „Der seltsame Fall des Benjamin Button“ nominiert war, die 2-fach oscarnominierte Musik von Mychael Danna und den seit Jahren besten visuellen Effekten, die auf Celluloid gebannt wurden, machen diesen Film in diesen 3 Kategorien schon mal zu deutlichen Oscarfrontrunnern. Es bleibt die Frage, ob es bei diesen 3 Awards am 24.02. bleiben wird oder ob Ang Lees Vision dieses als unverfilmbar geltenes Buch einen überraschenden UPSET gelingen könnte?
Die wichtigsten Kategorien um als „Bester Film des Jahres“ in Betracht gezogen zu werden sind neben der obligatorischen Best Picture-Nominierung, die in den Sparten Regie, Drehbuch und Schnitt. In allen 3 sind nur Lincoln, Silver Linings Playbook und Life of Pi nominiert. Argo und Zero Dark Thirty galten als große Favoriten, doch die Regisseure Ben Affleck und Kathryn Bigelow wurden überraschend am Nominierungsmorgen nicht genannt, so dass deren Film es schwer haben werden den Hauptpreis zu ergattern. David O´Russell ist zudem nicht für den Directors Guild of America nominiert worden und wird es trotz Oscarnominierung schwer haben. Von den englischen Stimmen, die rund ein Drittel der Academy ausmachen und die man anhand des englischen Oscars, dem BAFTA, gut ausmachen kann, fehlen O´Russell und überraschend Spielberg in der Regiesparte. Außerdem blieben deren Filme jüngst bei den Golden Globes mit nur jeweils einem Gewinn weit hinter den Erwartungen zurück. Life of Pi wurde hier zwar nur für die Musik ausgezeichnet, aber da hatte der Film auch noch nicht so gute Karten wie inzwischen bzw. vergibt die Foreign Press ja auch keine technischen Preise mehr.
Zurück zu Ang Lee, der als EINZIGER überall nominiert wurde und dessen Film überraschend satte 11 Oscarnominierungen erhalten hat und neben Lincoln als Favorit gilt, dessen Oscarbuzz merklich immer mehr abfällt. Dieser ist nun dringend auf einen der kommenden großen Awards (Screen Actors bzw. Producers & Directors Guild) angewiesen um neuen Buzz zu generieren. Steven Spielberg hat zudem bereits 2 Mal den Regiepreis der Academy erhalten, ein 3. Preis gilt als besonders schwer zu ergattern, vor allem wenn man bedenkt das Ang Lees Vision von Life of Pi viel entscheidender war, als die von Spielberg für den Erfolg seines Filmes. Zudem hat Lincoln trotz 12 Nominierungen nur Hauptdarsteller Daniel Day-Lewis als nahezu-sicheren Oscaranwärter im Sattel, Life of Pi hat bereits 3 wie schon dargestellt. Zudem ist es ein deutliches Zeichen, dass die Academy Life of Pi wirklich ins Herz geschlossen hat, denn dieser ist sogar bis in die kleinste Nebenkategorie wie Song und Ton nominiert, welches bereits schon ein sicheres Anzeichen bei The Hurt Locker und Slumdog Millionaire war und auf einen klaren Sieg hindeutete. Einziger Wahrmutstropfen ist die fehlende Darstellernominierung für Hauptdarsteller Suraj Sharma, aber dies hat auch Slumdog Millionaire nicht von einem Sieg abbringen können! Das die Academy Ang Lee noch eine Wiedergutmachung für das Brokeback Mountain Debakel in der Oscarsaison 2005/2006 „schuldet“, wo er zwar den Regiepreis, aber nicht für den „besten Film des Jahres“ ausgezeichnet wurde, obwohl er als Haushoher Favorit galt, nachdem er mit 4 Golden Globes, 4 BAFTAS und nahezu jedem Hauptpreis bei Filmfestspielen und Kritikervereinigungen ausgezeichnet wurde, könnte dem taiwanischem Regisseur in die Arme spielen!
Nicht ausklammern darf man natürlich die Doppelnominierungen in den Sperten Regie und Film von Michael Haneke (Amour) und Benh Zeitlin (Beasts of the Southern Wild), doch beide sind nicht für den Directors Guild of America nominiert und ohne diese Nominierung wird es schwer werden genügend Stimmen auf sich zu vereinigen. Anderes als Beasts of the Southern Wild gilt Amour nicht als Chancenlos in seinen Kategorien, aber Haneke dürfte mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film und evtl. einem weiteren für das Drehbuch mehr als zufriedengestellt sein, der überraschenden Wende in diesem aufregendem Awardjahr steht eigentlich kaum mehr etwas im Wege und da ich ein großer Befürworter von Ang Lees neustem Meisterwerk und generell seiner Filme bin, würde es mich sehr freuen, wenn die Academy den Letzten fast schon logischen Schritt geht und Life of Pi mit seinen Hauptpreisen auszeichnet.
Was denkt ihr über meine ausformulierten Überlegungen bzw. welche Alternativen könnt ihr Euch für die Oscarverleihung in gut einem Monat noch vorstellen? Bin auf Eure Kommentare gespannt!