The Grandmaster (OT: Yut doi jung si)

The Grandmaster

Wong Kar Wai versteht es wie kaum ein Anderer, nur durch Bilder seine Geschichte zu erzählen. Dialoge sind eher zweitrangig, wendet sich Kar Wai doch lieber den Gesichtern seiner Darsteller in Großaufnahme zu und passt die Sets farblich und gestalterisch stets den Stimmungen der Figuren bzw. des Filmes an. In seinen besten Momenten erreicht er eine Symbiose aus bloßer Darstellung der Kämpfe, spannungsgeladener Dramatik und aufbegehrenden Emotionen.
Im Fokus seines Films steht Ip Man, dem schon vor ein paar Jahren eine Trilogie gewidmet wurde (mit Donnie Yen in der Hauptrolle), nun ist es an Tony Leung, dem Großmeister Leben einzuhauchen, was ihm mit Bravour gelingt. Der gemeinsame Kampf mit Gong Er, herausragend gespielt von Zhang Ziyi (3-fache BAFTA-Nominierte: Tiger & Dragon, House of Flying Daggers und Memoirs of a Geisha) ist es, der dem Cineast vorführt, welch Potenzial Meisterregisseur Wong Kar Wai (Seine besten Werke: In the Mood for Love & 2046) mit „The Grandmaster“ zu entfalten weiß. Die anmutigen, blitzschnellen Bewegungen, durchbrochen von kurzen Momenten des inne halten, sanfte Sprünge, die in dem schönste Beinahe-Kuss der neueren Filmgeschichte gipfeln. Hier ist „The Grandmaster“ pure Poesie, verdeutlicht durch das Andeuten eines Kusses, der mehr über die jeweiligen Figuren aussagt, als alle Dialoge zuvor.

Einen Wermutstropfen gibt es trotz Detailverliebheit und der herausragenden Bildkomposition, in der beinahe jede Einstellung eine Schönheit für sich ist, dann doch: Auf narrativer Ebene kann der Film leider nicht ganz überzeugen und kommt ausgerechnet im letzten Drittel heftig ins Schleudern.
Neben der ausführlichen Beleuchtung von Gong Er wird ein weiterer Großmeister eingeführt. Nach großangelegter und äußerst brutaler Einführung bleibt jegliche Weiterführung des Storystrangs aus. Der Zuschauer wartet sehnsüchtig nach mehr und muss zum Ende verwirrt feststellen, dass die Figur „Rasiermesser“ vollkommen umsonst groß eingeführt wurde. Zudem schadet das der vermeintlichen Hauptfigur Ip Man, die zu einer weiteren Nebenfigur degradiert wird – wenn auch mit Voice Over. Zum Ende hin wird versucht das gesamte Leben Ip Mans in einen Film zu packen. Oftmals werden mehrere Jahre übersprungen, wodurch eine echte Bindung zu ihm ausbleibt.
Das ist unheimlich schade, denn die Hingabe des Regisseurs ist zu jeder Sekunde spürbar.

Nichtsdestotrotz ist „The Grandmaster“ ein in den ersten zwei Drittel starkes Stück Genrekino, dass vor allem Kampfsportlern gefallen dürfte und dank der Opulenz der Bilder, der wunderschönen ungewohnt ruhigen Choreographien und brillianter musikalischer Untermalung (selbst von Ennio Morricone ist ein Stück dabei!) im Gesamten doch zu überzeugen weiß!

Wertung75

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